Aus älteren Werbener Ratsrechnungen.

Von E. Wollesen, Zeitz.

Nachfolgende Schilderungen an Hand von Auszügen aus Ratsrechnungen der Jahre 1568---1590 und 1598 dienen zur Ergänzung meiner 1898 erschienenen „Chronik der Altmärkischen Stadt Werben" und kennzeichnen die Bedeutung solcher Rechnungen für die Erforschung der Geschichte jener Zeiten.

An städtischen Gebäuden erscheinen: Rathaus, Kirche, Ziegelofen, Kornhaus, Badstube und das im Kalepin, Am Rathause wurde 1576 das Dach erneuert und die Spitze gebessert, 1570 außer einem „Sonnenzeiger" eine neue Uhr angebracht sowie in ihm ein neues Gemach hergestellt. An der Kirche des Heiligen Geistes, deren Spitze 1584 wieder bekleidet werden mußte, befand sich eine „Winde", ein Beweis dafür, daß mindestens ihr Boden damals als städtisches Kornlager benutzt wurde. Für der Erneuerung des Ziegelofens erhielt 1573 „Meister Hans von allen Künsten" 3 Gulden. Des Rats Kornhaus ist neben dem damaligen Rathaus an der Stelle des jetzigen zu suchen. Auch die Badstube, in der heutigen Fabianstraße belegen, hatte die Stadt zu erhalten. Das Haus im Kalepin, jenem jenseits der Elbe und Havel gelegenen Werbener Wiesen- und Weideland, wurde 1570 neu gebaut; in ihm wohnte der Aufsichts-Vogt. Auch die Erhaltung der Stadtmauer und des Stadtwalles war erforderlich. 1581 ist die Rede von den Zäunen am Walle bei St. Gertruden, dem vor dem Elbtor belegenen Hospital; 1586 lautet ein Ausgabeposten: „1 G. (ulden) wie die Pforte am Thore durch die Mauer gemacht"; leider ist das Tor nicht genannt. Endlich erscheint auch die Elbtorbrücke 1584 mit einer erheblichen Ausgabe. Andererseits mehrte auch der Stadtgraben die Ratseinnahmen, seine Apfel- und Birnbaum-Früchte hatte der Ratsdiener zu „brechen".

Der Rat bestand aus 8 Personen: 1584 lautet eine Bemerkung, daß sie „acht in der Herren Vorteil von 44 G. 6 Groschen und 4 Pfennig" teilen durften. Mit den alljährlichen Neuwahlen --- „Wandlungen der aufgehenden und abgehenden Herren" genannt --- müssen erhebliche Gastereien verbunden gewesen sein. 1580 kosteten die beiden Wandlungen 36, 1584 sogar 48 Gulden. Da gibt der Rat Geld aus für Bier und Wein, für Stendaler Krude (Gekraude), für „1 Kalb, so Heinrich Jungert in der Wandlung dem Rate gelassen", daß es dann dabei hoch hergegangen verrät eine Ausgabe von 1588: „1 Sch.(illing) 2 Pf. 1 Heller für einen Leuchter, so neulich von den abgehenden Herren im wunderlichen Scharmützel entzwei gekommen".

Auch die Schöppenwahl fand alle Jahre statt u. z. am 2. Juni, wobei der gemeinsame Schmaus nicht fehlte, doch scheint er einfacher gewesen zu sein; die höchste dafür in jenen Jahren ausgegebene Summe betrug 2 G. 14 Sch., die 1571 Johann Drude zum „Scheppenwande" erhielt.

Für das Folgende seien einige mittelniederdeutsche Ausdrücke der Rechnungen vorab erläutert: Singeleren bedeutet Spielen; 1571: „1 G. 7 Sch. dem Tromemann fürs Hofgewand und Singeleren"; war vermutlich der städtische Spielmann bei besonderen Anlässen. „Klazzie" gleich Collation, Gasterei; 1573: „17 Sch. für Hering, Essig, Ziehbollen zu der Klazzie, wie man um das Fuder gegangen"; wahrscheinlich zum Festschmaus beim Einfahren des 1. Erntefuders. „Fetink" ist eine Bahre, Sänfte, lectica, ein spanbedde; hier wohl ein kleiner verdeckter Wagen; 1568: „2 G. 14 Sch. 8 Pf. für einen Fetink; Merten Goldbeck zu Spandau gekauft". „Tenner fate" sind zinnerne Teller oder Schüsselchen; 1576: „1 G. 21 Sch. 1 Pf. für 2 tenner fate zum Brauthanen Jochim Bertrams". „Credenz" bedeutet Beglaubigungsschreiben, Vollmacht mit Amtssiegel; 1574: „1 G. 14 Sch. 8 Pf. für die Kursfürstl. Credenz an die Städte Lübeck, Hamburg und Lüneburg wegen Hans Schuttenkrullen". „Zindel" ist Seidenstoff (Taffent); 1576: „7 G. 11 Sch. ritgart geben wegen des Zindels, so er von Leipzig gebracht, zur Fahne". „Pallatz" ist nicht ganz klar zu verstehen; pallacium kann auch „Zelt" bedeuten; 1576: „4 Sch. 4 Pf. für Nägel zum Pallatz auf dem Rosengarten". Unter „Vorspraken" werden Sachwalter, Verteidiger, Advokaten zu verstehen sein.

I. Zeitgeschichtliches.

Die Sorge vor dem Türkeneinfall beherrschte damals alle Gemüter. Zur kräftigen Abwehr eines solchen mußten erhebliche Steuern bezahlt werden; der Werbener Anteil, im Jahre 1580 über 147 G., mußte in der Regel nach Stendal, ausnahmsweise nach Salzwedel oder Berlin gesandt werden. Auch die Regensburger Reichstage unrühmlichen Andenkens finden Erwähnung: Peter, der Stallknecht, mußte mit des Rates „Rollwagen" dorthin fahren; 6 G. Zehrgeld wurden ihm auf die weite Reise mitgegeben, nachdem er mit dem Reichstagsrock und Futtergewand unter seinem langen Reiserock ausgestattet war. Zu dem Landtage in Berlin und zu den Steuerberatungen der altmärkisch-prignitzschen Städte erforderten die Stadtabgeordneten erhebliche Zehrkosten. Besonderen Anteil nahmen die Werbener an Huldigungen. Am 7. Mai 1571 nahm Kurfürst Johann Georg persönlich die Huldigung in Tangermünde entgegen, am 6. März 1598 ward Joachim Friedrich von allen altmärkischen Städten zu Stendal gehuldigt, wobei der Kanzler Johann von Löben und Lehnssekretär Nikolaus von Kötteritz den Eid abnahmen. 1571 sandte Werben 100 G. wegen der Erbhuldigung dem Rat zu Tangermünde, 1598 aber 2 Wispel Hafer und 4 Hammel nach Stendal. Bei letzterer Huldigung betrugen die Zehrkosten der Abordnung beim Stendaler Bürgermeister Claus Goldbeck, einem geborenen Werbener, über 35 G. Mehr als 119 G. kostete das vergoldete Kleinod, ein Löwe, „so Kürf. Gnaden in der Erbhuldigung verehrt wurde". Die Werbener Elbfähre hatte damals große Bedeutung für den Verkehr zwischen Mecklenburg, der Prignitz und der Altmark, Braunschweig, so daß sie der Stadt gute Einnahme brachte. Auch Fürstlichkeiten benutzten sie, so 1572 die Herzogin von Braunschweig, 1582 die mecklenburgischen Herzöge Ulrich, Hans und Sigismund. Bei solchen Ereignissen war der Rat sehr entgegenkommend: 1572 bezahlte er das Bier für die Fährleute; „als die Herzogin übergegangen", entschädigte er Kaspar Kostken und Klaus Franke, daß sie ihre Pferde vor dem Rüstwagen der Herzogin gehabt, und beglich bei Hans Kersten, was „der Herzogin Rüstwagen mit 6 Pferden allda verzehrt", die 3 Herzöge empfing der Rat 1582 glänzend in einer „fürstlich geschehenen Ausrichtung", die 463 G. kostete.

II. Kultur- und Sittengeschichtliches.

Die Rechtsprechung wurde sehr streng gehandhabt; ahndete man zwar zumeist mit Geld, so schreckte man auch vor Blut- und Todesstrafe nicht zurück. Eifrig wahrte das Gericht sein Ansehen: Als Achim Kratze sich 1568 am Gericht vergriffen, büßte er mit 60 G.; Thomas Gutke wurde 1584 für das gleiche Vergehen außer der Geldstrafe ins Gefängnis gesetzt. Valentin Lubhan mußte für seinen „irrigen Handel mit dem Rat" 12 G. 16 Sch. = 7 Mark Strafe zahlen. Strenges Gericht wurde auf den Stadtländern geübt: Achim Lotkow hatte seine Pferde unerlaubt auf dem Werder geweidet; der Rat stellte sie vorläufig in einen Gasthof ein und ließ den Besitzer nach der gewaltsamen Wegnahme mit 4 G. büßen; mit 5 G. wurde einer bestraft, der im Hainholz Holz gehauen, mit 8 G. ein anderer, der im Ratswerder eine Eiche abgeschlagen hatte. Wegen der Gewalt, die der Nitzower Achim Wolter in Sixt Seemanns Wische gebraucht und die das Gesinde des Magdeburger Fischkäufers im Hainholz geübt, wurden den Nitzowern ihre Schweine gepfändet, die sie in die Werbener Hut getrieben, und 10 G. Strafe auferlegt. Trotz aller Strenge wurden das 5., 6. und 7. Gebot immer wieder übertreten. Mit 2 G. büßte Heine Engel aus Tangermünde den Diebstahl eines Mantels und Wamses, mit 4 G. Matthes Kratz die Entführung von Pferden aus dem St. Gertrudenhospital; 1587 erhielt der Scharfrichter von Seehausen für die Hinrichtung eines Diebes 7 G. 1570, 76 und 77 hatte der Rat es mit offenbaren Uebertretungen des 6. Gebotes, 1589 und 90 mit versuchten zu tun; für jene verhängte er Strafen von 4 bis 9 G., für diese von 6 bis 24 G. Von den letzteren aus 1590 heißt es einmal: „12 G. Merten Engel an 1 Wispel Hafer, damit er sich mit den Gerichten ausgesöhnt, daß er mit der Concubine im Düstern gewandert, soll das künftige Jahr noch wegen dieser düstern Reise 12 G. an Gelde oder so viel Hafer dafür schaffen". In der Stadt selbst wurde natürlich noch schärfer auf Ordnung geachtet. Jakob Schulze zahlte 30 G. Strafe, daß er sich an dem Bürgermeister Kersten Kaulitz mit ehrenrührigen Worten vergriffen und ihm zu Trotze vor der Tür ein Rohr losgeschossen. Im folgenden Jahre, 1585, finden sich wegen derselben Irrung die Stendaler Bürgermeister Jakob und Joachim Schönhausen beim Werbener Bürgermeister Andreas Goldbeck; ihre Beratungen erfährt man nicht, wohl aber daß sie für 4 G. verzehrt haben. Lorenz Ludicke büßte mit 2 G., daß er sich gegen Matthäus Sanne mit Scheltwort vergriffen. Große »Irrungen« müssen 1584 unter den angesehenen Bürgern vorgekommen sein; es heißt: „Wegen der Irrung mit dem Stadtschreiber mußten B. Kersten Kaulitz, der Stadtschreiber, Joachim Calbe, Heinrich Belitz je 4 G. Strafe bezahlen; der Stadtschreiber nochmals 4 G., seine Hausfrau ebenfalls 4 G. wegen wörtlicher Injurien an Heinrich Belitz und seiner Schwester begangen". Nur zu oft schritt man auch zu bösen Taten. Dafür mußten die Uebeltäter schwerer büßen, der eine, der im Ratskeller und auf der Straße Gewalt geübt, der andere, der einem Knechte auf den Mund geschlagen, der dritte, der dem Knecht der B. Joachim Kunowischen auf dem Johannis-Pferdemarkt ohne Ursache Wunden gehauen, der vierte, der den Wendenmarker Müller geschlagen, und der fünfte, der eine Magd geschlagen. Sogar bis in die Kirche und den Gottesdienst reichte der strafende Arm der Justitia: „Claus Oden mußte über 3 G Strafgeld entrichten, dafür daß er langen Nasen in der Kirche geschlagen". Der Bäcker Kersten Kemrich erhielt wegen zu kleiner Kringel Strafe.

Erhebliche Ausgaben verursachte oft die Urteils-Vollstreckung. Für die Speisung der im Turme sitzenden Gefangenen erhielt 1576 der Marktmeister über 18 G. und über 9 G. für Bier, das sie getrunken. Dreimal, 1572, 75 und 80, wird über Todesurteile berichtet; besonders schauerliches läßt die Vollstreckung des letzten an einem Mörder ahnen. Als er von 2 Kundschaftern erwischt war, wurde die „Peinliche Klage" eröffnet, d. h. durch Tortur das Geständnis erzwungen. Dem dann an den „Schultebohm" Gebundenen hackte man beide Hände ab. Der Scharfrichter bekam für das „Zetergeschrei" 1 G. 18 Sch., der Mann, der die abgehackten Hände „weggegraben", 1 Sch.; dann wurde der Schuldbaum wieder fortgefahren. Die gerichtliche Sühne des Aufruhrs der „mutwilligen" Bürger 1580 (näheres in der Chronik S. 126) verursachte über 100 G. Ausgabe.

Abgesehen von diesem einen Falle standen Rat und Bürger sehr gut zu einander, wie besonders aus den Geschenken jenes an angesehene Bürger zu ihrer Hochzeit zu ersehen ist. In der Regel wurden verehrt 1 oder 2 zinnerne Schüsselchen, 1 oder 2 silberne Löffel oder bar Geld, z. B. 1598 dem H. Lic. Joh. Kratz an 2 Goldgulden zum Brauthanen. Manchmal fügte man eine süße Gabe hinzu, wie bei Leonhard Kempe 1580 ein Pfund Zucker, bei Zacharias Koblank ein Pfund Konfekt. Besonders gut meinte man es mit letzterem und Matthes Kratz, die gewiß auf einem nahen Dorfe wohnten; die Rechnung 1584 lautet: „10 Sch. Reisegeld und den Spielleuten in beider Hochzeit, wie des Rates Verehrung übergeben". Sinnig stiftete der Rat dem Peter Wulff und dem Kaplan je ein Ratswappen „in ihr Fenster". Auch bei sonstigen Anlässen zeigte sich der Rat freigebig, das erfuhren Gregor Calibe, der dem Rate etliche Carmina offeriert, der Kurfürstliche Musicus, der ihm einen Gesang dediziert, der studiosus Theodorikus Rotideke, dessen Vorfahren der Stadt viel Dienste erzeiget, Hans von Bartensleben, der der Stadt eine größere Summe erst vorgeschossen, dann zur Armenunterstützung geschenkt, der Kanzler Johann Weinleben, der 1577 den Rat zu seiner Hochzeit gebeten, Nicolaus Appelius, der Prognostica dediziert, M. Johann Konow, Superintendent zu Salzwedel, der dem Rat etliche Exemplare verehrt, und endlich der Treuenbrietzener Stadtschreiber Valentin Neander, der ihm gleichfalls eine Dedikation gemacht hatte. Es war wohl Ausdruck des Dankes, wenn der Rat dem Hans von Bartensleben auf der Wolfsburg jährlich einen Lachs, der Frau von Calbern 1577 zwei Schock Neunaugen, dem Hauptmann der Altmark und dem Kanzler Weinleben 1587 je einen Lachs verehrte.

Beträchtliche Aufwendungen für die Armen, abgesehen von den Stiftungen (s. Chronik S. 107 ff.) einzelner Ratsherren und der des Hans von Bartensleben, aus der jährlich 66 G. 16 Sch. verteilt wurden, machte der Rat. In der Regel erhielten die Armen Zeug, so 1573 „ein wit best Laken", 1583, 86, 88 je zwei Laken Wandes, 1572 „drei weiße Laken, so ein ehrbarer Rat den Armen ausgeteilet", 1573 wurde ein Wispel Roggen gegeben, 1587 wurden 12 G., 1588 13 G. für 5 Spenden gewährt. Einmal trieb der Rat auch Gustav-Adolf-Arbeit: 1583 stiftete er „4 G. um Gottes und des heiligen Ministerii willen 3 vertriebenen Pastoribus ex Austria de Caesare Rudolpho Secundo um des göttlichen Wortes willen". Dem Abgesandten aus Magdeburg gab er zum Neustädtischen Kirchenbau und den Boten aus Brandenburg „zum brandenburgischen Turme" eine Spende.

Hier möge über Münzen, Maße und Preise einiges bemerkt werden. Die Rechnungen sind in Gulden, Schillingen und Pfennigen geführt. Dabei setzt man den Gulden zu 24 Schillingen und diesen zu 12 Pfennigen an. 1598 waren 3 G. an 2 Goldgulden; 1570 gab man auf Acker und Wische 466 G. 14 Sch. 8 Pf. an 350 Taler, 1575 für 500 Taler 16 G. Zins. Danach der Taler 32 Schillinge. Als Hohlmaße für Getreide sind nur Wispel und Scheffel angegeben, für Wein Ohm und Staueken oder Stübchen, für Bier Tonne und Stübchen. Als Längenmaße sind Elle und Laken genannt. Als Preise für Lebensmittel ergeben sich: a) Getreide: 1575 kosteten 1 Wispel 3 Scheffel Weizen 25 G. 8 Sch. 3 Pf., 1580 6 Wispel Roggen 120 G., 1 Wispel Saatgerste 18 G., 1582 erhielt man für 5 Wispel 5 Scheffel Weizen in Hamburg 108 G. 4 Sch. b) Zeugpreise: 2 Laken Wandes für die Armen 12 G., 3 weiße Laken 15 G., 1 weißes bestes Laken 6 G. 16 Sch. 6 Pf., 10 Ellen Zwilch zum Kutschwagen 2 G. 1 Sch. 10 Pf., 14 ½ Ellen Gewand zum Kutschrock dem Wagenknecht 6 G. 14 Sch., 24 Ellen Leinewand 2 G. c) Tierpreise: 1 Rind galt 8 G., 62 Pfund Hammelfleisch 2 G. 6 Sch. 10 Pf., 1 Kalb 2 G. 9 Sch. 8 Pf. Die Pferdepreise schwankten zwischen 10 G. 19 Pf. und 40 G. und 52 G. d) Zinn und Silber: Für 1 Geschenkschüssel 1 G., für 1 zinnerne Kanne 1 G. 11 Pf., für 1 silbernen Löffel 1 G. 14 Sch. und 2 G. 5 Sch. 6 Pf., für 2 desgleichen 3 G. 7 Sch. 4 Pf. Leider verkaufte man 1576 allerlei alt Silber an Joachim Franke und David Knobbe für 55 G. e) Preise für andere Dinge: 1 Lachs kostete 3 G., 2 Schock Neunaugen 2 G., 1 Pfd. Zucker 10 Sch., 1 Ohm Wein 10 Taler, 4 Pfd. Honig 1 Sch., Krude aus Stendal 1 G. 9 Sch. 6 Pf., eine Schöppenmahlzeit 18 Sch.

III. Kirchliches.

Der Rat hat als Patron der Kirche Rechte wie Pflichten weitgehend ausgeübt. Als die junge evangelische Gemeinde sich 1577 zur Anschaffung einer neuen Orgel entschlossen hatte (s. Chronik S. 103) schloß der Rat am Dienstag nach Mariens Geburt auf dem Pfarrhof einen Vertrag mit dem Braunschweiger Meister Hans Thomas. Der Kellerläufer mußte dazu auf Ratskosten 13 Staueken und 2 Quartier Bier hinschaffen. Noch im gleichen Jahre sandte der Rat 66 G. 14 Sch. 8 Pf. dem Orgelmacher. 1561 colligierte der Rat selbst bei den Bürgern für eine neue Glocke und sandte dem Gießer 39 G. 7 Sch. 4 Pf. zur Glockenspeise samt dem kleinen Glöcklein. Freundschaftlich stand er mit den Pfarrern: 1577 und 1582 beglich er den Pfarrherrn die Zehrkosten für die Reisen nach Stendal zum Synodo. Für die Abkündigung des Schosses und anderer Ratserlasse von der Kanzel konnte der Pfarrer sich Freibier aus dem Ratskeller holen lassen. Bei der Kirchenvisitation 1581 sorgte der Rat zuvorkommend für den Durst der Visitatoren; folgende Ausgabeposten verraten dies: „1 G. 12 Sch. den Kellerleuten, wie die Visitatores hier gewesen", „9 G. 14 Sch. 8 Pf. für 20 Stübchen Wein, so die Visitatores ausgetrunken, 8 Sch. noch dazu", „10 G. 1 Sch. 3 Pf. an Bier im Stadtkeller ausgetrunken, wie die Herren Visitatores hier gewesen, noch 2 G. 15 Sch. 10 Pf.". Bei der Pfarrerwahl betätigte der Rat großes Interesse; vor der Wahl des M. Antonius Dörler 1588 reiste er zweimal nach dessen Amtssitz Seehausen, um ihn kennen zu lernen. Dörler wurde gewählt und dann feierlich vom Generalsuperintendent Sabellus Kemnitzius introduziert. Zu dem Einführungsessen bei Johann Kemnitz ließ man für 6 G. 16 Sch. 4 Pf. Wein holen, für 3 G. 20 Sch. 4 Pf. verzehrten die Herren noch im Hause des Joh. Kemnitz. Ein Jahr darauf verzehrte man bei der Annahme des Johann Bardt zum Kaplan im Hause des Bürgermeisters Hans Kersten für 5 G., bei der Ordination sogar für 13 G. 4 Sch. 4 Pf. Bardt war sehr beliebt; zu seiner bald danach stattgefundenen Hochzeit verehrte man ihm eine zinnerne Schüssel, einen feinen silbernen Löffel, für 14 Sch. Konfekt und ein großes Faß Bier. Die Rechnungen erwähnen auch die Ausgaben aus den milden Stiftungen, von denen S. 108 in der Chronik geredet ist, da der Rat sie verwaltete. Nur einmal trübte sich das gute Verhältnis zwischen Rat und Geistlichkeit, wie der Brief des Generalsuperintendenten im 28. Jahresbericht des Altmärkischen Geschichtsvereines S. 36 zeigt. Nach der Rechnung für 1589 zu schließen, waren die Wolken aber wieder bald verjagt, denn der Rat bewilligte dem Angeklagten in jenem Briefe, Johannes Woldenhagen, 6 G., welche B. Kersten Kaulitz, der Ankläger, armen studiosis im Testament vermacht hatte. Dieser Bürgermeister scheint in den Händeln dieser Zeit viel verwickelt gewesen zu sein; vor allem lud er durch den Hexenprozeß von 1591 (Chronik S. 118) eine Schmach auf sich, die durch die im Testament bewiesene löbliche Gesinnung nicht getilgt wurde. Wenn auch bei kirchlichen Festen Essen und Trinken eine erhebliche Rolle spielten, so ist nicht zu verwundern, da sie für die junge evangelische Gemeinde des Städtchens wirklich bedeutungsvolle Ereignisse waren.

IV. Städtisches.

Vielseitiger fast als heute waren die Aufgaben der Stadtverwaltung, dadurch besonders, daß die städtischen Ländereien selbst bewirtschaftet wurden. Die Rechnungen reden deutlich von den Sorgen. Die Bestellung der Einlage, des Tiergartens und Badenwerders scheint fleißig begonnen zu sein; 1576 heißt es: „3 G. 6 Sch. dem Kellerlöwen für Bier, so die Herren auf dem Rosengarten zum Spele und zum Pflügen vertrunken, wie der Rat die Einlage pflügen ließ"; 1577 wird sogar von 12 Pfd. Fleisch, einem Kalbskopf und Kaldaunen zum Pflügen geredet; endlich 1598 erscheint ein Posten für Bier, Fleisch, Butter, Hering beim Besäen des Tiergartens. 1573 wird dem B. Andreas Goldbeck das „Augstgeld" mit 11 G. ersetzt, jedenfalls freute man sich ebenso bei der Ernte. Vielleicht ist auch der 1576 erwähnte Pallatz als Zelt im Rosengarten zu solchem Zwecke errichtet gewesen.

Das Getreide wurde so weit möglich auf der Elbe zum Verkauf nach Hamburg verschifft, B. Kersten Kaulitz nahm 1575 und 1582 das städtische mit seinem eigenen mit; Peter Kroger und Claus Jugert, zwei Ratsherren, verkauften 1582 das Ratsgetreide dort; zum Schutze des Kaufgeldes zog ihnen die bewaffnete Stadtmannschaft bei der Rückkehr entgegen.

Für die Landarbeit und die vielen Reisen waren Pferde und Wagen nötig; reichten die eigenen Tiere nicht hin, lieh der Rat sich solche von den Ratsverwandten. Zur Heilung erkrankter Pferde wurden der Müller von Netzow, der Scharfrichter von Tangermünde, der Reitschmied von Berlin oder der Pferdearzt geholt. 1582 heißt es ausdrücklich vom Berliner Schmied, daß er nicht heilen konnte, weil er zu unerfahren. Wir hören von einem kranken „Foß", um den sich Müller, Scharfrichter und Pferdearzt bemühten; sogar aus der Stendaler Apotheke holte man für ihn Medikamente; von einem schwarzen „Klepper", dem man einen Wundtrank eingoß; von einem kranken Rotschimmel, der in Berlin 4 ½ Woche vom Reitschmied gefüttert und geheilt und danach von Natterheide wieder behutsam nach Werben geholt wurde. 1580 hatte der Wagenknecht Christoffer, der „lose Bube", sich die Pferde vertreiben lassen und mußte die Durchbrenner von Ziesar wieder holen. Auch vom Pferdehandel des Rats ist wiederholt die Rede, so 1572, 1575. Pferdezucht auf den saftigen Elbwiesen stand in gutem Rufe. Verkaufspreise von 36 und 52 G. waren für damalige Zeit hoch.

Ackerwagen werden nicht erwähnt, wohl ein Roll-, ein Kutschwagen und ein Halbverdeckter, ein Rüst- und ein Sperrwagen. Für den Kutschwagen kostete 1580 ein neues Gewand 3 G., 1582 dazu noch 10 Ellen „Zwilch". Für die Reisewagen war ein guter Zustand nötig, da sie auch von anderen Standespersonen benutzt wurden, wie von dem Geh. Rat Dr. Heinrich Goldbeck, dem Stendaler Bürgermeister Claus Goldbeck, dem Anwalt Dr. Köppen, Joachim Steinbrecher, dem Hauptmann der Altmark Ludeloff von Bismarck, dem Kastner von Tangermünde und Heinrich von Schwarzenholz, als sie 1585 als Kurfürstliche Kommissarien wegen der Fischerei in Werben waren.

Auch viele andere Sorgen zum Besitz und Erhalt der Stadtrechte lasteten auf dem Rate, wie die Rechnungen erblicken lassen. Zunächst weisen sie auf einen Prozeß um den Kalepin, die in der Prignitz belegenen Wiese. Den Kommissaren Dr. Heinrich Goldbeck, M. Arnold Baumgarten als Prokurator aus Salzwedel und Claus Goldbeck aus Stendal als besonderem Beistand wurde Wein aus Brandenburg und ruppinsches Bier vom „Thumb" Havelberg geholt. Der Prozeß scheint dann auch günstig ausgegangen zu sein. --- Ueber eine andere langwierige, unklare Streitsache mit Schuttenkrull erfahren wir: 1570 gibt der Rat dem Hans Sch. auf seinen Acker und Wische 466 G. 14 Sch. 8 Pf., an 350 Thaler; 1572 reisen B. Felix Belitz und Hans Kersten mit Beginn des Prozesses nach Berlin; 1573 werden deshalb Simon Mulen und Dr. Köppen vor den Kurfürsten zitiert; 1574 ist Dr. Köppen in der Sache in Werben bei B. Andreas Goldbeck, und es wird eine Kurfürstliche Credenz an die Städte Lübeck, Hamburg und Lüneburg ausgefertigt; 1575 muß der Rat an Schuttenkrull 500 Thaler zahlen, die er zu Hamburg aufgenommen, scheint also den Prozeß verloren zu haben. Rätselhafter wird dies noch durch zwei Posten 1575: „12 G. Joachim Caluen geben auf den Herinck, den Schuttenkrull ihm genommen" und 1576: „80 G. dem B. Heinrich Jugert gegeben wegen Joachim Caluen sel. Heringk, so Hans Schuttenkrull zu Magdeburg ihm genommen". Was hier unter dem kostbaren „Herinck" zu verstehen ist, bleibt unklar. --- Glücklicher verliefen zwei andere Streitsachen. Bei einem Werder verdankte man den Sieg dem Kurf. Rat Steinbrecher, bei einer Fischereisache auf der Havel dem berühmten Frankfurter Dr. Cunow; jenem verehrte man einen Lachs für den aufgebrachten Consens, diesem für einen Satz wider die Havelberger Fischkäufer 32 G.

Die bedeutsamste Sorge war aber wie immer und noch heut die Geldfrage. In der Chronik S. 115 bis 117 ist schon auf die Verzinsung der für landesherrliche Schulden oder Leihgaben aufgenommenen Kapitalien näheres gesagt. Besonders schwer scheint das Jahr 1570 gewesen zu sein: „40 G. nach Stendal gesandt zu den 700 Thaler Anlage zum Kurf. Unterhaltungsgelde", „42 G. auf die Retardata zu den 12000 Thaler Anlage", „266 G. 14 Sch. 8 Pf. Kurf. gn. Unterhalt nach Berlin gesandt = 200 Thaler". Die Abgaben stiegen, damit auch die Stadtschulden. Alle möglichen Steuererhöhungen halfen nichts, man mußte Anleihen aufnehmen, so vom Geh. Rat Dr. Heinrich Goldbeck, Matthias von Saldern, vom Vehliner Pfarrherrn Franz Zabel, Hans von Bartensleben zu Wolfsburg, Heinrich von Schwarzenholz zu Wendemark, B. Andreas Goldbeck, Franz Jugert in Hamburg, vom Wendemarker Pfarrer Gabriel Pforben, B. Heinric Jugerts sel. Kindern, Nikolaus Schulz, Pfarrer in Rameslo, Detlef von Eichstett, vom Neukircher Pfarrer Heinrich Witte. Merten Goldbeck lieh 100 G. auf acht Tage zur Aushilfe; das Geld war 1570 also sehr knapp. Der Zinsfuß betrug 5 oder 6 %. Hans von Bartensleben und Nikolaus Schulz überließen ihre Forderungen zu milden Stiftungen. Sonst war die Rückzahlung schwer. 1570 und 71 zahlte die Stadt an Frau von Quitow 266 G. 44 Sch. 8 Pf. und 424 G. zurück, 1570 auch an den Hauptmann der Altmark 137 G. 7 Sch. 4 Pf. an 100 Thaler. Nur einmal tritt die Stadt als Gläubigerin auf: 1581 und 82 weisen 3 Posten auf eine größere Schuld des Stendaler B. Claus Goldbeck an seine Vaterstadt: „10 G. auf Claus G. sel. seinen Anteil Schuld bezahlt", „200 G. von B. Andreas G. empfangen von wegen Claus G. sel. für seine Schosse" und „100 G. von Andreas G. auf Claus G. sel. Schuld". Wir erfahren übrigens, daß der abgehende Rat dem aufgehenden am Donnerstag nach Trium Regum Rechnung legte, daß man 1571 in Berlin von 8 Jahren abrechnen mußte.

Wie der Rat für die städtische Kriegsmacht sorgte, ist in der Chronik beschrieben. Erhebliche Ausgaben erforderte die Instandhaltung des Speer- und Rüstwagens. Der Speer- oder Heerwagen, mit schwarzem Tuch überzogen und mit 2 Sitzbänken versehen, nahm den Kriegsleuten die Speere ab. 1575 wird er „Fetingswagen" genannt. 1570 mußte sein Laken gemacht werden, 1576 waren 24 Elle Leinwand und 14 Elle Wandt für ihn nötig, 1580 lederne Stühle und Kissen, 1581 wurde er zur Ausbesserung sogar nach Havelberg gesandt. Der Rüstwagen zur Aufnahme des Proviantes erforderte 1577 über 5 G. für 16 Elle Wandt und 1 G. für das Beziehen. Von Waffen lernen wir kennen halbe Haken, lange Rohre und Spieße; auch Harnische, die der „Wischer zu wischen" hatte, werden genannt. Die 1576 erwähnte Fahne wird die Bürgerfahne gewesen sein, für welche Ritgart von Leipzig einen Zindel mitgebracht hatte. Die Kriegsleute, welche 1574 den Kaufleuten nach Hamburg als Schutz entgegenzogen (s. o.), erhielten 8 Pfd. Blei und 90 Brote mit. Von Zeit zu Zeit fanden Musterungen statt; 1573, 1583 und 1585 werden solche erwähnt; für die erste in Werben spendierte der 2 Tonnen Bier, bei der letzten --- s. Chronik S. 125 --- vertrat ihn B. Andreas Goldbeck, der dabei über 16 G. „mit des Rats Dienern und Pferden verzehrte".

Doch über die Sorgen halfen die Freuden hinweg, nach der Amts-Tagung oben schmeckte im Ratskeller Wein, Zerbster oder Ruppiner Bier, beim Schützenfest half der Rat das der Gilde gestiftete Faß Bier leeren, schoß mit nach dem Vogel auf der Stange und erholte sich mit der Musterungskommission im gastlichen Hause des Bürgermeisters.

Noch manches Interessante könnte angeführt werden, z. B., daß der Bruch- und Steinschneider Leonhard Kempe den Stalljungen Paul, der Barbier den Marktmeister geheilt, daß 1586 zwei Leute in der Gefahr des Wassers auf dem Deich beim „Judenkiefer" gewacht, daß B. Hans Kersten zu Hamburg eine Zinnkanne für das Rathaus gekauft, u. a. Der Raum gestattet nicht mehr. Jedenfalls dürfte bewiesen sein, welche reiche Beute für die Erkenntnis von Handel und Wandel der Zeit aus den Rechnungen zu gewinnen ist.