Der Zernitzer Hof in Wendemark.

Von E. Wollesen, Werben-Elbe.

Als der Unterzeichnete begann, die „Beiträge zur Geschichte des Kreises Osterburg" zu veröffentlichen, gab er dem Wunsche Ausdruck, es möchten sich immer mehr Besitzer finden, die bereit wären, nach dem etwa auf ihren Gütern verborgenen geschichtlichen Aktenmaterial zu forschen, das gefundene Material dem Herausgeber leihweise zur Verfügung zu stellen und dadurch der Erforschung heimatlicher Geschichte einen wertvollen Dienst zu leisten. Die Erfüllung dieses Wunsches stieß auf mancherlei Schwierigkeit. Wohl konnte durch jene Beiträge manches verborgene Aktenmaterial an das Licht gebracht werden, aber bei weitem nicht alles. Erst dem persönlichen Zusammentreffen und Nachforschen gelang es, hie und da auf den Gütern schlummerndes geschichtlich wertvolles Aktenmaterial aufzufinden. Einen Teil desselben möchten wir an dieser Stelle zur Vervollständigung jener Beiträge veröffentlichen; er betrifft den sogenannten Zernitzer- oder Zwischenhof in Wendemark, jenen Hof, der als erster an der linken Seite der Wendemark-Werbener Straße zwischen dem Aland und der Elbe belegen ist. Zu unserer nicht geringen Freude fanden wir gelegentlich eines Besuches neun urkundliche Schriftstücke in dem dortigen Gutshause, die auf die Geschichte des Hofes ein sehr willkommenes, helles Licht werfen. Wir geben den Inhalt zunächst in Regestenform und knüpfen daran einige erläuternde Bemerkungen.

1. Jakob von Kröcher, Senior des Geschlechts, zu Dreetz, bekennt, daß er mit Zustimmung seiner Geschlechtsvettern Stillentins, Christophers, Hieronymus, Hanses, Christophers und Moritzes, zu Dreetz und Lohme gesessen, und seiner und ihrer rechten Erben geliehen habe und leiht dem Busso Schartow dem Älteren zu Giesenslage, Matthies, Busso Valentin und Christophers, Matthiesens Söhnen, und Christophers, Bartholomes sel. Sohne, und ihren rechten Lehnserben den Zehnten über anderthalb Hufen Landes, die zu dem Zernitze-Hof, den nun Achim Witte bewohnt, im Gerichte zu Alt-Wendemark belegen sind, und das Gericht über denselben Hof und Hufen. Dieses vorgeschriebenen Lehnes und Gutes will Jakob von Kröcher mit seinen Vettern und den Erben dem Busso Schartow zu Giesenslage, Matthiesen, Busso Valentin und Christophers, Matthiesens sel. Söhnen, zu Werben und Christophers, Bartholomes sel. Sohne, zu Seehausen, alle geheißen die Schartow, und ihren männlichen Leibes-Lehnserben von Erben zu Erben eine rechte Gewähr sein und gleich seinen und ihren anderen Gütern verteidigen vor allen, die vor Recht kommen, Recht geben und nehmen wollen. So oft ihnen solches not sein wird, und so oft sie solches empfangen, sollen sie mögliche Lehnware geben.

Das Siegel Jakobs von Kröcher fehlt an der vom Jahre 1555, Dienstag nach dem Sonntag Vocem iucunditatis, datierten Urkunde. Auf der Rückseite derselben steht von anderer Hand geschrieben:

„Es steht zu Tangermünde auf dem Hause im Landbuch, daß die Schartow den Hof gleich wie die Zernitz gehabt haben auch haben sollen, wie denn der rechte Kaufbrief mitbringet, und haben zur Lehnware diesmal gegeben einen Thaler."

2. Stillentin von Kröcher zu Dreetz als Geschlechtssenior bekennt mit Zustimmung seines Bruders Christoph und seiner Vettern Hieronymus, Moritz', Hanses und Christophs zu Dreetz und Lohme und der rechten Lehnserben, daß er geliehen hat und leiht dem Matthiesen, Busso, Valentin und Christoph, Matthiesens sel. Söhnen, Bartholomes, Karl und Christoph, Bussos sel. Söhnen, Brüdern und Vettern, alle geheißen die Schartow, und ihren rechten Lehnserben den Zehnten über anderthalb Hufen Landes, die zu dem Zernitzer-Hof genannten und nun von Achim Witte bewohnten, im Gerichte zu Alt-Wendemark belegenen Hofe gehören, und das Gericht über denselben Hof und Hufen. Das Folgende lautet wie oben, mit der einen Ausnahme, daß die Schartow nicht einzeln aufgezählt werden. Datiert ist diese Urkunde vom Sonnabend nach Bartholomaei 1565. Das Siegel Stillentins von Kröcher ist nicht mehr daran. Dieselbe Bemerkung, wie oben, befindet sich auch auf der Rückseite dieser Urkunde.

3. Kersten von Kröcher der Ältere, zu Lohme, Dreetz und Räbel erbgesessen, bekennt, daß er mit Einwilligung seiner Vettern als Jakob, Hansen, Gebhardt, Luetke, Daniel, Jochim, Jürgen, Ernst' und Asmus', Gebrüder und Vettern von Kröcher, zum Dreetz, Lohme und Räbel erbgesessen, und den rechten Lehnserben geliehen hat und leiht kraft dieses Briefes dem bescheidenen Matthias, Bussen, Karlen und Christoph zu Giesenslage, Karls sel. Söhnen, Bartholomeus, Matthias und Busse, Gebrüdern, Christophs sel. Söhnen, zu Neukirchen, auch Christoph, Valentins sel. Sohne, zu Werben, alle Gebrüder und Gevettern, den Schartowen, und ihren rechten Erben den Zehnten über 1½ Hufe Landes, die belegen sind zu dem Zernitzer Hof zu Alt-Wendemark, den damals Hans Witte, Achim Witte's sel. Sohn, bewohnt, und das Gericht über denselben Hof und Hufen desselben Lehns und Gutes sollen die Schartow, wie die Zernitzer ihn von den von Kröcher gehabt haben, auch haben.

Auch hier fehlt das Siegel Kerstens von Kröcher, das ursprünglich daran gehangen hat. Datiert ist die Urkunde 1600, Mittwochs nach Fabiani und Sebastiani. Auf der Rückseite findet sich kein besonderer Vermerk.

4. Christoph von Kröcher, Lüdekes von Kröchern sel. Sohn, zu Lohme, Dreetz, Campehl und Räbel erbsessen, bekennt, daß er als Ältester mit Bewilligung seiner Vettern Joachim, Hans, Jürgens sel. Sohn, Melchior Ernstes, Gebhardts sel. Sohn, Christophers, Hansens sel. Sohn, Erdmann Albrecht, Asmus' sel. Sohn, Hinrich Christoph, Joachim Christophers sel. Sohn, alle Vettern und Gebrüder von Kröcher, zu Lohme, Dreetz, Campehl und Räbel erbsessen, geliehen hat und leiht dem ehrbaren und wohlgeachteten Jakob Kratz zu Werben und seinen rechten Lehnserben den Zehnt über anderthalb Hufe Landes bei dem Zernitzer Hof, den zuletzt bewohnt hat Hans Witte, im Gericht zu Alt-Wendemark und das Gericht über denselben Hof und Hufen desselben Lehns und Gutes vorgeschrieben, (wie es von den von Kröcher vorher die Schartow zu Lehn getragen, und wegen des zu diesem Gute gehörigen bösen umgelegten Elbdeiches, den sie besage des Hauptmanns der Altmark vom 11. August 1640 gerichtlich gemachten Verordnung ihres Unvermögens halber nicht haben anfertigen können, abstehn, und inhalts eines Quartalsgerichtsabscheids, so zu Stendal Dienstag nach Reminiscere datiert, an Jakob Kratz kommen lassen müssen) sollen die Kratzen wie die Schwartow ihn gehabt, auch haben.

Der Schluss lautet wieder wie oben, nur daß es von der Lehnware heißt: „ sie sollen geben mögliche Lehnwahr, als jedes mahl dren Gulden Lehnwahre und acht Schillinge dem Diener." Die Urkunde, die Christophs von Kröcher eigenhändiger Unterschrift versehen ist, trägt das Datum „1643, Mittwochs nach Misericordia Domini." Das Siegel ist auch hier abhanden gekommen.

5. Joachim von Kröcher als Ältester bekennt im Namen seiner Gevettern Hans Jürgen, Joachim Friedrich, Henning Christoph, Heinrich Christoph, Wolf Ernst, Melchior Joachim, Germanus Gabriel, Samuel Ludwig, Asmus Ludwig v. Kröcher zu Lohme, Dreetz und Räbel erbsessen, daß er geliehen hat und leiht dem ehrbaren, zu Damelack wohnhaften Michael Bielefeldt und seinen rechten männlichen Lehnserben die Hoheit über 1½ Hufe Landes zu dem im Gericht Alt-Wendemark belegenen Zernitzer Hof, welchen zuletzt Hans Witte bewohnt hat, und das Gericht über denselben Hof und Hufen desselben Lehns und Gutes (so wie es vor diesem die Schartow und nach denselben Jakob Kratz zu Lehn getragen und nunmehr Michael Bielefeldt von Joachim Kratz, als Jakobs sel. Sohne, gekauft).

Der Schluss lautet wie zu 4. Das Siegel fehlt. Die vom Jahre 1670 datierte Urkunde trägt Joachim von Kröchers eigenhändige Unterschrift.

6. Joachim Friedrich von Kröcher als Ältester bekennt, daß er mit Zustimmung seiner Gevettern Wolf Ernst, Melchior Joachim, Samuel Ludwig, Asmus Ludwig, Hans Matthias von Kröcher, zu Lohme, Dreetz und Räbel erbsessen, geliehen hat und leiht dem Michael Bielefeldt, wohnhaftig zu Damelack, und seinen rechten männlichen Lehnserben die Hoheit über anderthalb Hufen Landes vom Aland bis in die Elbe, die belegen sind zu dem Hofe, der etwan pfleget der Zernitzer Hof genannt zu werden, welchen zuletzt bewohnt hat Hans Witte im Gericht zu Alt-Wendemark, und das Gericht über denselben Hof und Hufen desselben Lehns und Gutes vorgeschrieben, (so wie es vor diesem die Schartow und nach denselben Jakob Kratz von uns zu Lehn getragen und nunmehr Michael Bielefeldt von Joachim Krass, als Jakob Kratz' sel. Sohne, gekauft). Unter dieser vom 18. Februar 1684 datierten Urkunde befindet sich außer der eigenhändigen Unterschrift des oben gekannten Geschlechtsseniors auch kein bekanntes Siegel.

Dahinter befindet sich ein von Hans von Kröcher eigenhändig geschriebener Schein, der mit veränderter Rechtschreibung lautet:

„Demnach sich die Gebrüder Bielefeldt bei mir angegeben, daß ihr Vater die Woche nach Ostern gestorben sei, als sein sie gekommen und die Mutung gefruchtet, welches ich ihnen nicht ver... kann, weil sie sich noch nicht verglichen. Wer den Hof beziehen wird, und wer damit belehnt werden soll, der soll sich ein Jahr Frist angeben, da er dann soll belehnt werden. So geschehen zu Lohme 25. Junius 1694.
Hß von Kröchern."

7. Melchior Joachim, Senior des Geschlechts, und Hans Matthias wie auch Samuel Ludwig, Gevettern von Kröcher, urkunden und bekennen hiermit, daß sie nach tödlichem Hintritt des Wulf Ernst von Kröcher, des Geschlechts von Kröcher gewesenen Seniors, nachdem er dieses Todesfalls halber die Lehne in gebührlicher Frist gemutet und derselben richtige Folge getan, Conrad Bielefeldten, zu Wendemark wohnhaftig, und seinen rechten männlichen Lehnserben die Hoheit über 1½ Hufen Landes vom Aland bis in die Elbe, so da belegen sind zu dem Hofe, welcher der Zwischenhof pfleget genannt zu werden, welchen Hof zuletzt bewohnt hat Hans Witte, im Gericht zu Alt-Wendemark, und das Gericht über denselben Hof und Hufen, desselben Lehns und Güter vorgeschrieben (allerdings wie vor diesem die Schartow und nach denselben Jakob Kratz von uns zu Lehn getragen und dessen Vater laut eines richtigen Kaufbriefes von Jochim Kratz erkauft hat, alles inhalts des erteilten Lehnbriefes sub dato Neustadt an der Dosse den 18. Juli 1698) zum rechten Mannlehn verliehen und in Kraft dieses auf vorgedachten Todesfall von neuem investiert haben. Dergestalt und also, daß wir ihm und seinen Erben eine rechte Gewähr sein wollen, und er, so oft es not sein wird, der Lehen richtige Folge leisten und an Lehnwaare allemal frei Gulden und acht Schilling erlegen und zahlen soll.

Auch unter dieser Urkunde sehen wir beides, Siegel und Unterschrift des Geschlechtsseniors. Datiert ist der Brief Wusterhausen, den 14. Dezember 1703.

8. Es folgt nun ein Ehekontrakt vom 11. Mai 1764 zwischen Johann Christian Bielefeldt, Ackermann in Wendemark, und dessen Braut, der Jungfrau Anna Marie Müller, dritten Tochter des verstorbenen Peter Müller und seiner Ehefrau Catharina Elisabeth, geborenen Wahrenberg. Abgeschlossen ist dieser Ehevertrag in Werben durch den Werbener Kommissionsrat Gotthold Lebrecht Marggraff.

9. Das letzte Stück dieser Sammlung bildet der Muthschein für Johann Friedrich, Johann Christian und Johann Dietrich, Gebrüder Bielefeldt, vom 11. Dezember 1782. Der Schein lautet wörtlich:

„Da nach Anzeige und beigebrachter Bescheinigung des Bielefeldtschen Vormundes Johann Diederich Bielefeldt, Altsitzers zu Neukirchen, unser Afterlehnmann, der Ackermann Johann Christian Bielefeldt zu Oberwendemark in der Altmark, verstorben und drei in der Ehe erzeugte Söhne mit Namen Johann Friedrich, Johann Christian und Johann Dietrich hinterlassen hat, Curator auch wegen eines durch Absterben ihres Vaters auf sie devolvierten von unserem Geschlechte zu Lehn gehenden Ackerhofes, der Zwischenhof genannt, und 1½ Hufen Landes zu Oberwendemark in der Altmark belegen, für gedachte seine Curanden gemutet und um Belehnung gebeten hat, so wird demselben dieser Muthschein unter meiner des jetzigen Senioris eigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Petschaft erteilet, die Ableistung der Lehnspflicht aber bleibet, bis einer von den Söhnen die Jahre erreichet, daß er dem Hofe selbst vorstehen kann, ausgesetzet. Lohm, den 11. Dezember 1782.
Carl Ludewig von Kröcher."

Aus diesen Urkunden erfahren wir zunächst über die Lage und den Namen des Hofes, sodann über die Lehnsherren und Afterlehnsmänner nähere Nachrichten. Der Hof ist darnach zwischen Aland und Elbe im Gerichte zu Alt-Wendemark, nach der letzten der angeführten Urkunden in Ober-Wendemark in der Altmark belegen. Zwischen dem Aland und der Elbe liegen in der Richtung von Werben nach der Wendemarker Kirche drei Höfe, nämlich das Rittergut Seehof (jetzt „Neugoldbeck"), ein großer Bauerhof (jetzt „Glendshof") und der ehemalige von Kröcher'sche Lehnhof. Diese drei Höfe bildeten Ober-Wendemark, während zu Nieder-Wendemark gehörten: Kirche, Pfarre und Schule, der aus zwei früheren Rittergütern derer von Wultzsch, einem Ackerhofe und drei Büdnerstellen bestehende Engel'sche Freihof, fünf große Bauerhöfe, eine Windmühle nebst einer halben Hufe Ritteracker und ein kleines Jagow'sches Afterlehn. (Cfr. F. W. A. Bratring, Statistisch-topographische Beschreibung der gesamten Mark Brandenburg, 1804). Ober- und Nieder-Wendemark bildeten zusammen das ehemals zum Bistum Verden gehörige Alt-Wendemark im Gegensatz zu Neu-Wendemark, welches aus dem jenseits des Alands belegenen, einst zum Bistum Halberstadt gehörigen Paris-Wendemark und Vorwerk-Wendemark bestand.

Der Hof, der jetzt den Namen „Freihof 21" trägt, liegt nicht mehr an der alten Stelle, hart am Aland, sondern nördlich davon, mitten auf dem zugehörigen Acker. Dieser neue Hof wurde 1858 von der Witwe des Besitzers Dietrich Falcke aufgebaut.

Der Name des Hofes heißt „Zernitzer Hof", später (1703, 1732) „Zwischenhof". Während der letztere Name zweifellos von der Lage des Hofes zwischen Aland und Elbe abzuleiten ist, weist der erstere Name wohl auf seine früheren Besitzer. Wir kennen wenigstens aus der Geschichte des nahe belegenen Städtchens Werben eine mittelalterliche Familie „Zernitz": Im Jahre 1433 wurden dem Claus Zernitz und dem Tideke Stolting verschiedene Ackerstücke von Ghiso Zernitz zu einer frommen, kirchlichen, wohltätigen Stiftung überlassen. (Cfr. Chronik der altmärkischen Stadt Werben, S. 81). Es kam ja damals und auch später sehr häufig vor, daß sich Werbener in Wendemark ansiedelten; wir erinnern nur an Claus Kratz, Andreas Goldbeck, Lorenz Gleime, Philipp Quenstedt u. a. Und der Name, den der Hof in neuerer Zeit lange geführt hat, „Bielefeldts Hof", stammt ja gleichfalls von seinen Besitzern her.

Über die Lehnsherrschaft von Kröcher nähere Nachrichten hier beizubringen, ist nicht nötig; es genügt, auf das gründliche und umfassende Werk „Geschichte des Geschlechts von Kröcher", I. u. II. Berlin 1865, hinzuweisen. In demselben Werke fanden wir die obigen Urkunden nicht benutzt, müssen aber dabei bemerken, daß in demselben der Anhang „Afterlehne" gefehlt hat. Über alle in unseren Urkunden aufgezählten Mitglieder des Geschlechts finden sich in diesem Werke nähere zuverlässige Nachrichten. Daß die von Kröcher auch sonst in der Werbener Umgegend angesessen waren, nämlich in Räbel und Schwarzholz, sei hier nur kurz erwähnt.

Bei der Belehnung handelt es sich um den Zehnt über 1½ Hufen Landes und um das Gericht über den Hof und die Hufen. Statt „Zehnt" heißt es von 1670 an „die Hoheit". Die Lehnwaare beträgt einen Taler oder drei Gulden und außerdem acht Schilling dem Diener.

Die ersten Afterlehnsmänner sind die „Schartowen". Für die Genealogie dieser Familie dürften unsere Urkunden nicht unwichtig sein. Die damals in unserer Gegend hoch angesehene Familie haben wir schon in den „Beiträgen zur Geschichte des Kreises Osterburg", S. 197, kennen gelernt; sie besaß einen unter der Lehnshoheit derer von Krusemark stehenden Hof in Giesenslage, der 1616 an Caspar von Wultzsch überging. (cfr. Altmärkischer Jahresbericht 23.2 S. 82). In unseren Urkunden finden wir sie 1555 in Giesenslage, Werben und Seehausen angesessen und 1600 in Giesenslage, Werben und Neukirchen. Aus der Geschichte des Geschlechts von Kröcher erfahren wir, daß Jürgen und Asmus von Kröcher 1603 einen wüst gewordenen Hof zu Räbel bei Werben gegen eine jährliche Pacht von 1½ Wispel Weizen, 2 Wispel Hafer und 1½ Wispel Gerste etc. auf sechs Jahre an Carl Schartow, Bauer in Räbel, überließen. Auf Grund unserer Urkunden läßt sich die folgende genealogische Tabelle der Familie Schartow aufstellen:

Seiten aus 33_JBAGV_1906a Seiten aus 33_JBAGV_1906b

  1. Busso, der Ältere, in Giesenslage,
  2. 1565 als † bezeichnet.

Bartholomaeus, Karl, Christoph, 1565.

(1600 †)

Matthias, Busso, Karl, Christoph

zu Giesenslage 1600.

  1. Matthias in Werben, 1555 als † bezeichnet.

Matthias, Busso, Valentin, Christoph, 1555, 1565.

(1600 †)

Christoph zu

Werben, 1600.

  1. Bartholomaeus zu Seehausen, 1555 als † bezeichnet.

    Christoph, 1555, 1600 als † bezeichnet.

Bartholomaeus, Matthias, Busso

zu Neukirchen, 1600.

Während die Schartow die Hoheit über den Hof und die zugehörigen Hufen hatten, bewohnte Achim Witte (1555, 1565) und sein Sohn Hans (1600) den Hof. Wie wir schon aus dem mitgeteilten genealogischen Bruchstück ersehen können, wohnten die Schartow nicht selbst auf dem Wendemarker Hofe; sie überließen ihn zur Bewirtschaftung entweder auf ihre eigene Rechnung oder gegen Pacht an die genannten Achim und Hans Witte. Auch diese Familie läßt sich in Werben mehrfach urkundlich nachweisen: Unter den 1342 genannten Werbener Ratmännern und Schöppen befindet sich ein Heine Witte; im Jahre 1471 verkauft Achim Witte nebst seiner Ehefrau Christine an das Werbener S. Gertrud-Hospital eine jährliche Rente von einer Mark aus seinem Besitz für 14 Mark; Zeugen dieses Verkaufes sind Claus Witte und Cone Rottidicke; Achim Witte's Hausmarke zeigt einen etwas gebogenen Baumstamm mit vier Ansätzen von Zweigen; nach der ersten Eintragung im ältesten Werbener Taufregister läßt Palm Witte am 4. November 1594 seine Tochter Susanne taufen, wobei Simon Witte, die Claus Francke'sche und Claus Wittesche als Zeugen zugegen sind.

Die Schartow konnten in der Not des dreißigjährigen Krieges das Wendemarker Lehn nicht behaupten. Der Hauptmann der Altmark verordnete am 11. August 1640 die Umlegung des zu dem Hofe gehörigen „bösen" Elbdeiches; dazu reichten die Mittel der Schartow nicht hin; sie standen darum das Lehn infolge eines Stendaler Quartalgerichtsabschiedes vom Dienstag nach Reminiscere 1643 an Jakob Kratz ab. Auch die Familie Kratz ist in Werben schon frühzeitig nachzuweisen. (cfr. Werbener Chronik, S. 59 und 111). Uns interessieren hier aber besonders Jakob Kratz' Beziehungen zu denen von Kröcher. Die Geschichte dieses Geschlechts II, S. 105, erzählt uns, daß Jürgen und Asmus von Kröcher im Jahre 1613 denselben Hof in Räbel, von dem oben die Rede war, auf 12 Jahre an Jakob Kratz verpachteten, daß Jürgen von Kröcher 200 Gulden von Jakob Kratz borgte, um damit, was er noch von dem Kaufpreis für den Hof zu zahlen hatte, abzutragen, endlich, daß Jürgen diese 200 Gulden bis zum Jahre 1623 zurückerstattete.

Von Jakob Kratz ging das Wendemarker Lehn auf dessen Sohn Joachim über und von letzterm auf Michael Bielefeldt aus Damelack (1670). Noch 1684 wird Michael Bielefeldt als „wohnhaftig zu Damelack" bezeichnet. Gestorben ist er in der Woche nach Ostern 1694. Von seinen Söhnen wird Conrad 1703 von Melchior Joachim von Kröcher, Senior des Geschlechts, von Hans Matthias und von Samuel Ludwig von Kröcher belehnt, weil er den Hof bezogen hat. Von den Besitznachfolgern lernen wir aus unseren Urkunden noch Johann Christian Bielefeldt kennen, der am 11. Mai 1764 einen Ehevertrag mit seiner Braut schließt, und der bei seinem 1782 erfolgten Tode die drei unmündigen Söhne Johann Friedrich, Johann Christian und Johann Dietrich hinterläßt.

Wie wir aus einem 1796 beginnenden, auf dem Hofe noch gegenwärtig befindlichen Rechnungs- und Wirtschaftsbuch ersehen, wird von jenen drei Söhnen der älteste, Johann Friedrich, Inhaber des Hofes. Von ihm ging der Hof in den Besitz des Dietrich Falke über, der zugleich den Wöllmerschen Hof in Wendemark besaß. Nach dessen Tode bewirtschaftete seine Witwe längere Zeit beide Höfe und baute, wie oben bemerkt, unseren Hof an einer anderen Stelle neu auf. Von ihr ging der Hof über in den Besitz des Theodor Falcke sen., Anton Falke und Theodor Falcke jun.

Es war nur ein bescheidenes Stückchen heimatlicher Geschichte, was hier beigebracht wurde. Wir aber trösten uns damit, daß zum ganzen großen Bau auch die kleinen Steine nicht entbehrt werden können.