Die Feldflur der Stadt Werben a. E.

Von E. Wollesen -- Werben a. E.

Wenn wir im folgenden im Geiste eine Wanderung durch die Feldflur der Stadt Werben antreten und den freundlichen Leser um seine Begleitung auf dieser Wanderung bitten, so ist es nicht unsere Absicht, naturkundliche Kenntnisse zu sammeln, oder landwirtschaftliche Beobachtungen anzustellen, oder katasteramtliche Vermessungen vorzunehmen, sondern es ist unsere Absicht, ortsgeschichtliche Erinnerungen wachzurufen, die Namen der einzelnen Wiesen und Acker zu erklĂ€ren und die Geschichte derselben zu erforschen. Die AusfĂŒhrung dieser Absicht scheint ja zunĂ€chst nur örtliches Interesse beanspruchen zu können; sie hat aber in Wahrheit auch Anspruch auf allgemeines Interesse, weist doch auch sie immer wieder von der örtlichen zu der allgemeinen Geschichte hin.

Die Feldflur der Stadt Werben zerfĂ€llt wie die anderer Gemeinden in Wiesen und Acker; WĂ€lder fehlen in der Gegenwart ganz. Die Wiesen liegen nordwĂ€rts von der Stadt zwischen Stadt und Elbe, zwischen Elbe und Havel und jenseits der Havel; die Acker liegen westlich, östlich und sĂŒdlich von der Stadt. Wir werden also zunĂ€chst von der Stadt aus nordwĂ€rts durch die Wiesen wandern, um dann nachher die einzelnen AckerstĂŒcke im Westen, Osten und SĂŒden der Stadt aufzusuchen.

Der grosse Wiesenkomplex zwischen der Stadt und der Elbe fĂŒhrt den gemeinsamen Namen „MĂ€rsche". Die Stadt muss sich um die Markgrafen Johann und Otto von Brandenburg besonders verdient gemacht haben, denn sie gedenken in einer Urkunde des Jahres 1226 der besonders belohnenswerten, treuen Dienste, welche ihnen von dem Rate und von der gesamten BĂŒrgerschaft erwiesen worden sind. In BerĂŒcksichtigung dieser Dienste bestĂ€tigen und erweitern sie die Übertragung von GrundstĂŒcken, indem sie namentlich die MĂ€rsche, welche lĂ€ngs des Deiches zwischen der Elbe und der Stadt gelegen sei, den BĂŒrgern zur Weide fĂŒr ihr Vieh vereignen. Seit 1226 gehört also die MĂ€rsche bereits der Stadt. Noch heute werden die KĂŒhe der Werbener BĂŒrger gemeinsam auf der MĂ€rsche geweidet. Die MĂ€rsche hat dadurch geschichtliche Bedeutung gewonnen, dass König Gustav Adolf von Schweden dort vom 11. Juli bis etwa 14. August 1631 mitten unter seinen Truppen kampierte, den Angriff Tillys auf Stadt und Lager siegreich abwies und hier die wichtigen BĂŒndnisse mit Sachsen und Hessen abschloss, deren segensreiche Folgen sich im Siege bei Breitenfeld zeigten. Noch heute ist der kĂŒnstlich aufgeworfene HĂŒgel kenntlich, auf dem damals „des Königs Gustavi Adolphi Gezelt" gestanden. Von ihm aus bietet sich ein freier Ausblick nach Nitzow, Toppeln, ganz besonders nach Dom und Stadt Havelberg und Werben dar. Er lag so weit von dem Deiche entfernt, dass die etwa einschlagenden Tillyschen Kanonenkugeln ihn nicht leicht erreichten; er lag andererseits so nahe an der vor der alten HavelmĂŒndung ĂŒber die Elbe fĂŒhrenden PontonbrĂŒcke, dass der König im Falle einer Niederlage leicht ĂŒber die BrĂŒcke fliehen konnte. Am 22. Juni 1762 weilte hier die preussische Königin Elisabeth Christine, um die historisch berĂŒhmte StĂ€tte zu besichtigen. In dem um die Mitte des 17. Jahrhunderts erschienenen Werke von Litochius „Rerum Germanicarum etc." ist eine wertvolle Karte des schwedischen Feldlagers bei Werben enthalten.

Der östlichste Teil der MĂ€rsche, der an dem von der Elbe gebildeten fast rechten Winkel liegt, heisst Paschens Werder; er ist mit mannigfachem Weiden- und PappelgebĂŒsch bestanden. Der Name stammt wohl von einem frĂŒheren Besitzer her. -- Östlich von den am Elbdeich stehenden MĂŒhlen liegt ein WiesengrundstĂŒck, welches auf den Karten der Königlichen Generalkommission den Namen „Galgenwerder" trĂ€gt; hier muss also in frĂŒherer Zeit der Galgen gestanden haben, recht sichtbar allen denen, welche die nahe lebhafte Verkehrsstrasse von Werben nach der Prignitz passierten. -- Im Jahre 1840 wurde die Separation der MĂ€rsche durchgefĂŒhrt.

Jenseits der Elbe, zwischen diesem Fluss und seinem Deich, östlich von der Werbener FĂ€hrstelle, liegt der „Gallenwerder"; den Namen hat der Werder daher, dass es von St. Gallen (16. Oktober) ab den Neu-Werbenern gestattet war, das Vieh auf demselben zu weiden.

Jenseits des Elbdeiches, also zwischen der Elbe und der VerlĂ€ngerung der Havel, finden wir eine ziemlich umfangreiche Erhöhung, welche den Namen „Kanalberg" trĂ€gt und der Werbener Kirche gehört. Als im Sommer des Jahres 1832 die HavelmĂŒndung nach ihrer jetzigen Stelle verlegt und der Mitteldeich verlĂ€ngert wurde, brach unter den zahlreichen Erdarbeitern die Cholera aus. Von 27 erkrankten Arbeitern starben 9, fĂŒr welche am 18. August auf dem Kanalberge feierlich eine BegrĂ€bnisstĂ€tte geweiht wurde. Der Name kommt eben von der kanalartigen VerlĂ€ngerung der Havel her.

Wandern wir von dem Kanalberge weiter nach Osten, so gelangen wir an den alten Havelort, d. h. an die Stelle, an welcher bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts etwa die Havel in die Elbe mĂŒndete. Unmittelbar hinter derselben erhebt sich wiederum ein ziemlich umfangreicher HĂŒgel, der die kĂŒnstliche Aufhöhung schon durch seine Vegetation verrĂ€t. Wir befinden uns auf der „Ratsschanze" oder vielmehr auf der StĂ€tte, auf der Gustav Adolf, der Schwedenkönig, kurz vor seinem Abzuge von Werben im August des Jahres 1631 eine mĂ€chtige Schanze errichten liess. Diese Schanze war mit dreifachen Palisadenreihen, Redouten und Batterien versehen und auf einer Insel gelegen; man hatte nĂ€mlich die Landspitze zwischen beiden FlĂŒssen hinter der Schanze durchstochen. Havel und Elbe konnten von den Kanonen dieser Schanze bequem bestrichen werden. Zehn Jahre lang brachte die Schanze unnennbares Verderben ĂŒber die Stadt und ihre Umgebung, weil jede der kriegfĂŒhrenden Parteien nach dem Besitz dieser wichtigen Veste strebte. 1636 verlegte sogar der schwedische Oberbefehlshaber Banner sein Hauptquartier nach der Werbener Schanze. 1641 endlich wurde die Schanze, freilich nicht mit sonderlicher Zufriedenheit der Schweden, geschleift.

Von der Ratsschanze weiter nach Osten hin erstreckt sich das sogenannte „Hainholz", einst ein herrlicher Eichenwald, jetzt ein grosser Wiesenkomplex. Es konnten darin, so heisst es in dem Werbener Lagerbuch vom Jahre 1743, etwa ein Schock Schweine fett gemacht werden. Rat und Stadt hatten an der Holzung gemeinsames Recht. Die Mastung und Grasung war an die BĂŒrgerschaft fĂŒr 25 Taler verpachtet. In dem Eichwerder wohnte ein Hirt, der im Sommer das Vieh darin hĂŒtete. Der Verkauf von Holz brachte im Jahre 1743 an 36 Taler 3 Gr. 6 Pfg. In dem Hainholz hatte das Dorf Nitzow zu offenen Zeiten, wenn keine Mast vorhanden war, das HĂŒtungsrecht. Im Jahre 1807 wurde der Stadt Werben von der westfĂ€lischen Regierung eine grosse Kriegs­kontribution auferlegt; von derselben konnten die Bewohner nur den vierten Teil bar aufbringen; zur Beschaffung der anderen drei Viertel wurden nach eingeholter Genehmigung nach und nach sehr viele Eichen aus dem Hainholz verkauft, wodurch leider der grösste Teil dieses Holzes gerĂ€umt wurde. Dass auch die Sage sich des „Hainholzes" bemĂ€chtigt und seinen Namen von einem FrĂ€ulein Hain hergeleitet hat, sei hier nur nebenbei bemerkt.

Wenn wir uns bei der Werbener FĂ€hrstelle auch ĂŒber die Havel setzen lassen, gelangen wir zuerst auf den sogenannten „Streitwerder", der seinen Namen natĂŒrlich daher trĂ€gt, dass um seinetwillen viel gerichtlicher Streit zwischen Quitzöbel und Werben gewesen ist. Die anderen zwischen der Havel und den von Jagowschen Forsten gelegenen Wiesen werden mit dem gemeinsamen Namen „SĂŒrewiesen" bezeichnet. UrsprĂŒnglich bezeichnete „SĂŒre" das FlĂŒsschen, an dem diese Wiesen gelegen waren. Das allererste Beispiel, dass StĂ€dten bedeutende LĂ€ndereien vereignet wurden, geben diejenigen, welche die brandenburgischen Markgrafen der Stadt Werben im Jahre 1225 ĂŒberliessen. Graf Heinrich von Anhalt, Vormund der minorennen Markgrafen Johann I. und Otto III., verkaufte nĂ€mlich im genannten Jahre unter Zuziehung dieser seiner Neffen zur Tilgung von Schulden, womit die Landesherrschaft der Stadt Werben verhaftet war, den hier als Wiese bezeichneten Ort Prinzlow zugleich mit den SĂŒrewiesen. Dem Stadtrichter stand das Recht zu, in Hinsicht dieser LĂ€ndereien Recht zu sprechen. Die MarkgrĂ€fin Mathilde, die Mutter der gedachten Markgrafen, bestĂ€tigte mit diesen letzteren in demselben Jahre diesen Verkauf. - Unter den SĂŒrewiesen heben wir hier nur eine besonders hervor, die SchĂŒtten-Krull-Wiese; diese kaufte der Rat am Tage MariĂ€ MagdalenĂ€ 1570 von Hans SchĂŒtten-Krull, einem Magdeburger BĂŒrger.

Getrennt von diesen Wiesen lag das „Prinzlow" genannte WiesengrundstĂŒck, welches gleichfalls 1225 der Stadt Werben ĂŒberlassen wurde; wir finden es am weitesten nach Norden zwischen den Dörfern Rodahn und Glöwen. Im Jahre 1335 bestĂ€tigte Markgraf Ludwig der Stadt den Wald „Colpin", die frĂŒher „Prinzlow" genannte Wiese. Von dieser Holzung heisst es im Lagerbuch des Jahres 1743, dass jeder BĂŒrger, wenn alle 20 Jahre diese Lake gehauen ward, 2 bis 4 Fuder bekam. Die Mithut in dieser Elslake hatten die benachbarten Dörfer Rodahn, Glöwen und das Vorwerk Buchholz. Wegen des an diese Lake stossenden Luches hatte die Stadt viel Streit mit dem Dorfe Rodahn und mit dem Feldmarschall von Grumbkow. Bei der Separation des Kolpins 1774 fielen der Stadt 260 Morgen zu. Diese wurden laut Kaufkontrakt vom 4. Mai 1776 an die Gemeinde Rodahn fĂŒr 2000 Taler verkauft. FĂŒr diese Summe wurde der Wegenersche Acker, nahe bei der Stadt, an dem von der Parisstrasse nach dem Drudenhof fĂŒhrenden Wege belegen, angekauft und an die Interessenten verteilt, welche ihren Beitrag zu dem wegen des Kolpins gefĂŒhrten Prozesse geleistet hatten.

Nachdem wir die Wanderung ĂŒber die Wiesen der Stadt und Kirche beendigt haben, kehren wir im Geiste nach der Stadt ĂŒber Havel und Elbe zurĂŒck, um nun die der Stadt und Kirche gehörigen Äcker aufzusuchen. Westlich von der Stadt, an dem nach dem Seehof (jetzt „Neu-Goldbeck") fĂŒhrenden Wege, liegt die RatskĂ€mpe oder der „Kamp"; dieses Land ist einst der KĂ€mmerei von der gemeinen Stadtweide abgetreten; es brachte 1743 an Pacht 50 Taler ein.

Von der RatskĂ€mpe wenden wir uns sĂŒdwĂ€rts, ĂŒberschreiten die SeehĂ€user Kunststrasse und gelangen bei der letzten MĂŒhle auf das PlĂ€tzenland, das sich bis zur grossen WĂ€sserung hin erstreckt und ehemals der Stadt gehört hat. Um eine Schuld los zu werden, cedierte der Werbener Rat 1634 zwölf StĂŒcke vom PlĂ€tzenlande mit anderen LĂ€ndereien an die Kirche St. Johannis zu Werben. Der Name stammt zweifellos von dem ehemaligen Werbener BĂŒrgermeister Joachim Plaetz her. Im Jahre 1563 bestĂ€tigte der KurfĂŒrst Joachim von Brandenburg den Ankauf des PlĂ€tzenlandes fĂŒr 1000 Taler durch den Rat der Stadt Werben. Das Kaufgeld sollte zinsbar angelegt werden, bis ein „rechtlicher Austrag" zwischen den GlĂ€ubigern des verstorbenen BĂŒrgermeisters Joachim Plaetz zustande gekommen wĂ€re. Im Jahre 1565 bestĂ€tigte derselbe KurfĂŒrst den Vertrag, welchen der Rat der Stadt mit jenen GlĂ€ubigern geschlossen hatte. Von Ă€lteren Mitgliedern der Familie Plaetz lernen wir aus Werbener Akten noch Achim (1449), Hans (1459), Bartel (1505) kennen.

Der Drudenhof gehört noch heute in kommunaler Hinsicht zu Werben; er liegt an der Wendemarker Grenze dem Einhof benachbart. Der Name stammt aller Wahrscheinlichkeit nach von der Werbener Familie Drude her, aus welcher wir z. B. einen Clawes, Mitglied der Gilde des „heiligen Kreuzes" (1446), und einen Johann (1530) kennen lernen. Vermutlich ist dieser Hof frĂŒher im Besitz der rittermĂ€ssigen Familie von Werben oder (deutsch) von der Weide gewesen, einer von der Werbener Burgmannschaft abstammenden Familie, die sich nach Aufhebung der Burg Werben in der NĂ€he der Stadt ansiedelte. Von einem Verkauf des Hofes durch die von der Weide an die Stadt Werben im Jahre 1316 berichtet uns Riedel in seinem bekannten Codex Diplomaticus nĂ€heres. Bis 1526 lassen sich noch Glieder dieser Familie, die sich nach der Prignitz, nach Mecklenburg und Franken ausbreitete, in Werben nachweisen. Noch 1529 wird in Werbener Akten von dem Hofe „Weide", im Gerichte zu Werben belegen, geredet. Über die weiteren Schicksale der DrudenlĂ€ndereien hören wir nĂ€heres in der Werbener Chronik, S. 163.

Vom Drudenhofe aus sĂŒdlich, jenseits der Rengerslager Strasse, liegen das Blockland, Klinkows Kiel und das Gebiet der ehemaligen stĂ€dtischen Forst. Die Ackerbezeichnung „Blockland" finden wir vielfach auch anderswo; es dĂŒrfte damit das Land bezeichnet sein, das bei der ursprĂŒnglichen Flureinteilung durch die NiederlĂ€nder (um 1150) ĂŒbrig blieb. --- Der Rat besass damals den sogenannten Klinkows Kiel, welchen zur Zeit des oft genannten Lagerbuches die Bertramschen Erben wiederkĂ€uflich inne hatten. --- Am nĂ€chsten an die Behrendorfer Feldflur heran stösst das ehemalige Waldrevier der Stadt, in welchem noch 1838 ein JĂ€gerhĂ€uschen stand. Jetzt befindet sich dort die stĂ€dtische Abdeckerei und ganz in der NĂ€he der ehemalige Judenkirchhof. Wenn es auch gegenwĂ€rtig keineJuden mehr in Werben gibt, so mĂŒssen frĂŒher ziemlich viele hier gewesen sein; wir erinnern nur kurz daran, dass die heutige SeehĂ€userstrasse frĂŒher JĂŒdenstrasse hiess, dass Markgraf Ludwig 1334 auch die Werbener Juden in seinen Schutz nahm. Im Jahre 1830 zĂ€hlte man 99, im Jahre 1838 103, im Jahre 1840 24 jĂŒdische Bewohner in Werben.

Wir gelangen nun zu den LĂ€ndereien, welche zwischen der Strasse Werben---Behrendorf und der Strasse Werben---Berge liegen. Am weitesten von der Stadt entfernt, nahe dem „Arnsberge" (frĂŒher „Narrenberge"), liegt das Klintenland, das gegenwĂ€rtig der Kirche gehört. Dies AckerstĂŒck dĂŒrfte seinen Namen von dem ehemals hier gelegenen Dorfe Klinte haben. Unter den Dörfern, welche dem Bistum Havelberg hier in der Wische angehörten, werden in der BestĂ€tigungsurkunde des Markgrafen Albrechts II. (1209) auch eine viertel Hufe und fĂŒnf Morgen bei Klinte namhaft gemacht. Im Jahre 1313 schenkte Anna, Herzogin von Breslau, dem Ordenshause zu Werben alle ihre Rechte und Einnahmen, welche sie von drei viertel Hufen Acker in villa Klinte hatte. Ebenso schenkte vier Jahre darauf Markgraf Johann seine Rechte und Einnahmen von drei viertel Landes in demselben Dorfe dem Werbener Ordenshause, um damit gleichfalls eine Messe fĂŒr seinen Vater Hermann bei den Johannitern zu Werben zu stiften. Auch das Kloster Dambeck ĂŒberliess 1349 mit mehreren anderen EinkĂŒnften aus der NĂ€he von Werben dem Ordenshause Hebungen aus Klinte. Als darauf der Herrenmeister von Werberge diese vom Kloster Dambeck gewonnene Einnahme zu einem bestimmten Zweck anwies, ward Klinte davon ausgenommen. 1454 verpfĂ€ndete Markgraf Friedrich der JĂŒngere dem Arndt von LĂŒderitz Hof und Hufen zu Klinte, den Peter „gyse" damals betrieb. Unter den EinkĂŒnften des 1511 von Dietrich Bolte in der Werbener Pfarrkirche gestifteten Elenden-Altars finden wir fĂŒnf Mark von einem Acker im Felde Klinten bei Werben. Auch die Deichrolle vom Jahre 1695 redet von den im „Gerichte" Klinte belegenen Deichen. Es scheint, als ob das Dorf gegen Ende des 15. Jahrhunderts wĂŒst geworden wĂ€re. Es gab auch eine sehr angesehene Familie „Klinte" in Werben. Wir nennen nur kurz die folgenden Glieder dieser Familie: Merten (1439), Hans (1481, 1506, 1507, 1513 Werbener BĂŒrgermeister, 1527 gerichtlicher Zeuge), Anna, Hans Klintes nachgelassene Witwe, ihre Kinder Hans und Christine (1535).

Etwas nĂ€her nach der Stadt zu liegt das Palm-GrubenstĂŒck; es ist ein schmaler Ackerstreifen, der sich in gewaltiger LĂ€nge von der Behrendorfer Strasse ĂŒber die Bergesche Strasse hinweg bis nach der RĂ€belschen Strasse erstreckt. Es hat seinen Namen von dem Werbener Diakonus und nachmaligen Pfarrer und Inspektor Palmus Grube. Letzterer studierte unter dem akademischen Namen Palimedes Grubenius 1599 in Wittenberg und hatte schon vorher (1592) als armer, aber fleissiger SchĂŒler eine UnterstĂŒtzung aus dem Calveschen Testament zum Besuch einer anderen als der Werbener Schule erhalten. Als er sich im Jahre 1602 verheiratete, empfing er vom Rat als „Brauthanen" eine zinnerne Kanne und SchĂŒssel im Werte von zwei Gulden. 1622 brachte er jenes AckerstĂŒck von Kersten Hagemann an sich. Er starb 1624 als Werbener Pfarrer. Seine Hausmarke befindet sich noch an der 1602 errichteten Werbener Kanzel.

Wir kommen nun zu den im RĂ€beler Felde gelegenen LĂ€ndereien. Hier gehört der Stadt zunĂ€chst eine Wurthe vor dem RĂ€beler Tor; diese hat die Stadt gegen einen Weg vor der Komturei eingetauscht (cf. Dokument vom 9. August 1593). Ferner ist im oft genannten Lagerbuch noch ein StĂŒck Acker im RĂ€belschen Felde genannt, welches der Rat nach dem dreissigjĂ€hrigen Kriege wegen schuldiger Schösse von dem BĂŒrger Heinrich Kratz eingezogen hatte. Der nĂ€chste zwischen dem Aland, den KuhgrĂ€ben und dem Elbdeich belegene Acker heisst „die Möhne", und zwar unterscheidet man die grosse und die kleine Möhne; beide gehören jetzt der Kirche, ursprĂŒnglich gehörten sie dem Rate. Die Geschichte der Möhne ist in der Werbener Chronik S. 186 genauer behandelt. Daraus sei hier nur kurz mitgeteilt, dass der Rat der Stadt diesen Acker in der Not des dreissigjĂ€hrigen Krieges seinem GlĂ€ubiger, dem Arendseeer Amtmann Balthasar Striepe, ĂŒberlassen musste, dass aber die Kirche am 20. MĂ€rz 1668 diesen Acker mit den ihr von dem Becherschen Legate zugefallenen 600 Talern erkaufte. Vergeblich versuchte seitdem der Rat, wieder in den Besitz der Möhne zu gelangen. Der Name erinnert an den gleichnamigen rechten Nebenfluss der Ruhr, der vom Plateau von Brilon kommend in westlicher Richtung der Ruhr zufliesst und bei Neheim in dieselbe mĂŒndet. Es ist doch anzunehmen, dass westfĂ€lische, vielleicht aus der Möhne-Gegend stammende Kolonisten diesem Acker, durch den sich vielleicht wie durch die SĂŒre ein FlĂŒsschen hinzog, den heimatlichen Namen gegeben haben.

Ganz in der NĂ€he der Möhne, parallel mit ihr, ebenfalls vom Aland durchschnitten, liegt die Katharinenhufe, die fĂŒnf viertel Morgen Landes umfasst. Sie wird auch als im „Wolfswinkel" gelegen bezeichnet. Der Rat stiftete 1345 noch eine zweite Messe zum Seelenheil aller BĂŒrger, und zwar kaufte er 14 Scheffel Hafer Geldes von dem Ordensbesitz in Wolfswinkel und Neukirchen und bestimmte sie zu einer tĂ€glichen Messe an dem Katharinenaltar in der Ordenskirche mit Androhung von einem Scheffel Hafer als Strafe fĂŒr jede versĂ€umte Messe. Um eine Schuld los zu werden, cedierte der Rat 1634 die Katharinenhufe, die Gere und zwölf StĂŒcke vom PlĂ€tzenlande an die Kirche, die sie noch heute besitzt.

Oben wurden schon die „KuhgrĂ€ben" genannt. Was hat es mit diesen GrĂ€ben fĂŒr eine Bewandtnis? Von der Burg Werben fĂŒhrte ein ziemlich hoher Damm nach der alten FĂ€hrstelle an der Elbe, auf welchem der Weg von der Altmark nach der Prignitz fĂŒhrte. Dieser Damm folgte zunĂ€chst bei Werben der RĂ€belschen Strasse, bog bei der sogenannten alten Elbe in nordöstlicher Richtung nach der alten ElbfĂ€hrstelle ab; er fĂŒhrte durch die die Burg Werben umgebenden SĂŒmpfe hindurch. Dieser Erdwall wurde im Jahre 1566 von der Elbe durchbrochen, dann von den BĂŒrgern planiert und an dieselben mit der „Verbindlichkeit" verteilt, einen kehrbaren Zaun gegen die MĂ€rsche zu unterhalten. „Da die Prediger", heisst es in dem betreffenden AktenstĂŒck weiter, „sich weder mit dem Planieren noch mit dem Zaune haben befassen wollen, so haben sie keinen Anteil an den KuhgrĂ€ben erhalten."

Der Erdwall endigt bei dem sogenannten Tiergarten an dem Elbdeich. Der Tiergarten ist ebenso wie die RatskĂ€mpe der KĂ€mmerei von der gemeinen Stadtweide abgetreten; er brachte im Jahre 1743 Pacht 24 Taler. Der Name „Tiergarten" findet sich schon im 16. Jahrhundert in Gebrauch. Zu damaliger und auch noch spĂ€terer Zeit gefĂ€hrdeten Raubtiere die auf der Feldmark Tag und Nacht weidenden Herden. Zur Vertilgung des Raubzeuges wurden Tier- oder WolfsgĂ€rten angelegt, d. h. es wurden tiefe Löcher von nicht unerheblichem Umfange mit sehr steilen RĂ€ndern gegraben, in die der Scharfrichter Fleisch von verrecktem Vieh bringen musste. Das Raubzeug folgte dem Geruche und sprang nach dem Fleisch in die Löcher, aus denen es nicht wieder entwischen konnte. Noch Friedrich Wilhelm I. machte es dem Scharfrichter Erhardt Schmidt in Wittstock und Wusterhausen im Jahre 1715 ausdrĂŒcklich zur Pflicht, „Unsere bei Wusterhausen habende, auch kĂŒnftig noch anzulegende Tier- und WolfsgĂ€rten, auch Fuchs-Körnungen mit Luder gebĂŒhrend zu versehen". Solche Bewandnis wird es auch mit dem Werbener Tiergarten gehabt haben; wenigstens lĂ€sst der nahe belegene „Wolfswinkel" darauf schliessen.

Wir sind am Ende unserer Wanderung angelangt. Es fĂ€llt auf, dass unter allen genannten Flurbezeichnungen sich nur eine einzige wendische befindet, nĂ€mlich Prinzlow (Kolpin), obwohl doch Werben selbst einen wendischen Namen trĂ€gt und wohl wendischen Ursprungs ist. Die meisten Namen, wie MĂ€rsche, SĂŒre, Kamp, Blockland, Klintenland und Möhne, weisen auf die grossartige Kolonisation durch die NiederlĂ€nder hin, welche um das Jahr 1150 und dann um das Jahr 1200 stattfand. Andere Flurnamen wieder sind von Personennamen hergeleitet, wie z. B. Paschenswerder, PlĂ€tzenland, Drudenhof, Klinkowskiel und Palm-GrubenstĂŒck. Anderen Fluren hat die Geschichte selbst ihren Namen gegeben, wie Katharinenhufe, Streitwerder, Tiergarten, KönigshĂŒgel, Ratsschanze. Eine Zweckbestimmung enthalten die Namen Galgenwerder, Gallenwerder, KuhgrĂ€ben. Es gewĂ€hrt ein eigentĂŒmliches VergnĂŒgen, die Fluren aus der Ortsgeschichte zu erklĂ€ren. An diesem VergnĂŒgen hat es bei dieser Arbeit dem Verfasser nicht gefehlt, obwohl er das starke Bewusstsein gehabt hat, dass eben diese Arbeit nur ein schwacher Versuch genannt werden kann. Möchte dieser Versuch wenigstens anderen berufenen MĂ€nnern Anregung zu Ă€hnlichen Forschungen gegeben haben!