Das frühere Werbener Rathaus.

Eine alte Nachricht über ein Werbener Rathaus lautet: „Es ist von recht feinem Ansehen, auch mit einem Turm und Gewölbe geziert." Diese Nachricht paßt nicht recht zu dem umstehend durch Abbildung 1 abgebildeten Rathaus, welches keinen Turm hat, auch kein Gewölbe vermuten läßt. Eine andere rathäusliche Bemerkung fand ich bei der Abfassung der Werbener Chronik in dem Lagerbuch vom Jahre 1743; sie lautete: „Das Rathaus besteht aus zwei Giebelgebäuden; es ist so schlecht, daß man bei nassem Wetter nicht trocken, auch bei starkem Winde nicht ohne Lebensgefahr darin sitzen kann. Der Ratskeller besteht aus zwei Stuben und einem Keller zu Wein und Bier. Das eine Giebelgebäude des Rathauses dient als Strohmagazin für die Garnison."

Ich möchte annehmen, daß mit der ersten Bemerkung das Rathaus des 15. Jahrhunderts gemeint ist, war es doch damals Sitte, solche öffentlichen Gebäude mit Gewölben und Verzierungen massiv aufzuführen, wie das ja auch die noch aus jener Zeit erhaltenen Rathäuser der altmärkischen Städte beweisen.

Das frühere Werbener Rathaus

In dem Laufe des 16. Jahrhunderts, in dem Werben seine schönste Blütezeit erlebte, mag dieses Haus zu klein und zu eng geworden sein; man errichtete darum ein größeres Haus unmittelbar daneben, nun aber aus dem damals vielerorts beliebten Fachwerk, zu dem die auf städtischen Grundstücken zahlreich vorhandenen Eichen das feste, dauerhafte Holz reichlich hergaben. Wir werden also hier ein Bild des Rathauses vor uns haben, in welchem der ehrwürdige Bürgermeister Andreas Goldbeck 51 Jahre seines arbeitsreichen Lebens ein- und ausgegangen und zu der Stadt Bestem tätig gewesen ist. Es muß doch dieses ganze Bauwerk mit seinem laubenartigen Aufgang, mit seinem überdachten Kellereingang, mit seinem reichen Fachwerk, mit seinem hohen Giebel, mit seiner adlergekrönten Wetterfahne einen recht gemütlichen Eindruck gemacht haben. Uebrigens lag es mit seinem Haupteingang nach dem Markte zu und nahm auch die ganze Breite der jetzigen Hinterstraße noch mit ein. Wenn die obige Bemerkung über seinen baulichen Zustand im Jahre 1743 wenig erbauliche Angaben macht, so darf man sich nicht darüber wundern: Das Rathaus hatte die für Werben sehr schwere Zeit des Dreißigjährigen Krieges mit durchgemacht; und wenn es vielleicht auch damals vor größeren Schäden bewahrt blieb, so konnte es auf eine gute bauliche Erhaltung in der Zeit des Krieges und nach derselben kaum rechnen. Wie sehr die Stadt zugrunde gerichtet war, weiß die Werbener Chronik ergreifend zu berichten. Aber 50 Jahre sollte es noch dauern, ehe an einen Neubau des Rathauses herangetreten werden konnte: Im Jahre 1792 und 1793 wurde auf den Fundamenten des anderen Giebelgebäudes, das damals als Strohmagazin für die Garnison benutzt war, das neue massive einstöckige Rathaus erbaut, dessen Bild wir auf Seite 209 der Werbener Chronik finden. Zugleich wurde die Straße hinter dem Rathause bis zum Marktplatz durchgelegt. Dieses neue Rathaus hat seine Hauptfront nach Osten zu. Auf einem Teil des alten Rathausgrundstückes befindet sich jetzt ein Spritzenhaus mit Zubehör. Das neue bescheidene, aber charaktervolle Rathaus trägt über seinem Haupteingange die Inschrift „Senatus concilio civiumque Saluti" und darunter die Jahreszahl 1793. Im Jahre 1908 wurde auf diesen einstöckigen Bau ein Stockwerk aufgesetzt. Gegen die geplante Art und Weise des Aufbaues erhob der Konservator leider ohne jeden Erfolg lebhafte Vorstellungen.