VI. Kapelle des Heiligen Geistes.
Wenn wir von der Domäne und dem Kirchplatz immer nordwärts, die Marktstraße entlang, über den Marktplatz an dem Rathaus vorbei, nach der sogenannten „Promenade“ (!) wandern, gelangen wir zur Kapelle des „Heiligen Geistes“. Nachdem das gleichnamige Hospital zuerst ohne Kapelle bestanden hatte, erhielt es eine solche im Jahre 1313. Der Johanniterorden gab zu dieser frommen Stiftung die Erlaubnis, nachdem ihm der Werbener Rat 100 Mark Silber gezahlt und dem Pfarrer die Hebung der Hälfte aller Opfereinkünfte, Legate und sonstigen Zuwendungen zugesagt hatte. Der Rat dagegen verpflichtete den Orden, die tägliche Frühmesse durch einen seiner Brüder in der Kapelle halten zu lassen. Es wird überliefert, dass in der Kapelle der erste evangelische Gottesdienst 1539 von Augustin Brinkmann gehalten sei. Diese Überlieferung ist schon deshalb sehr glaublich, weil die Johanniterkomturei, die das Patronat über die Stadtpfarrkirche besaß, damals noch katholisch blieb. Indessen berichtet die Geschichte, dass schon 1542 „hart Korn darin hausete“. Wie in anderen märkischen Städten, so wurde die Heilige-Geist-Kapelle später zu profanen Zwecken benutzt, und zwar zunächst als „Salzhaus“, dann als „Spritzenhaus“.
Die in der nördlichen Stadtmauer hart am alten Festungsgraben liegende Kapelle ist eine einschiffige, gewölbte, zweijochige, in halbem Sechseck geschlossene Bauanlage, welche eine interessante Südfassade hat. Zwischen den weit zurückliegenden, oben durch Flachbogen miteinander verbundenen Strebepfeilern sind niedrige Nebenkapellen ausgebaut. Das auf dem schmucklosen Westgiebel einst vorhanden gewesene Glockentürmchen fehlt. Das häufige Auftreten der Flachbogen außen wie innen (denn das Innere zeigt dasselbe Strukturprinzip der durch Flachbogen verbundenen Strebepfeiler) sowie die schwerfälligen Profile der oberen Spitzbogenfenster gestatten die Annahme, dass die 1313 gestiftete Kapelle in dem jetzigen Bau noch erhalten ist. (Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Bd. V, hält die Kapelle für spätgotischen Ziegelbau, 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts.)