1. Die beiden Fenster an der Nordwand
Wir betreten das Innere der Kirche durch die sogenannte Brauttür und wenden uns zunächst rechts, unter dem Platze zwischen Domänen- und Orgelchor, um einen Ausblick über das ganze Kircheninnere zu gewinnen. Es gibt wohl keinen Kirchenbesucher, auf den nicht das Innere der Kirche gerade von hier aus gesehen, den allertiefsten Eindruck gemacht hätte. Nachdem wir dieses Bild eine Weile auf uns haben wirken lassen, wandern wir im Mittelgang ostwärts bis zur Mitte der Kirche. Von dort aus sehen wir an der nördlichen und südlichen Wand die beiden Chorstühle mit den Bildern des Heilandes, der zwölf Apostel und Dr. Martin Luthers; das Bild des letzteren ist jedenfalls bei der Restauration der Stühle im Jahr 1869 an die Stelle des Bildes der Maria gesetzt. Über dem Chorstuhle an der nördlichen Wand sehen wir das erste bunte Glasfenster. Es zeigt unten die sitzenden, von je einem Spruchband umgebenen Gestalten des Jonas, Johannes des Täufers und des Hesekiel. Oben in der Mitte sehen wir eine „Kreuzigungsgruppe“, links von derselben reitet eine schlanke königliche Frau auf einem Löwen mit vier Häuptern (Tetramorph) – es sind die Häupter der Evangelistensymbole – und hält, während ihr eine aus dem Himmel herabreichende Hand die Krone auf das Haupt setzt, in der Linken eine Siegesfahne, in der Rechten einen Abendmahlskelch, es ist die Personifikation der Kirche; rechts von der selben sitzt mit verhüllten Augen, ein Büchlein haltend, auf einem Esel, der den Kopf traurig zu Boden neigt, eine in der ganzen Erscheinung Ohnmacht offenbarende Frauenfigur. Der die Fahne zerbrochen ist und die Krone vom Haupte gestoßen ist; es ist die Personifikation des alttestamentlichen Judentums (der Synagoge), mit der „Decke Mosis“ vor den Augen. Der Stoff ist von der Kunst dem geistlichen Schauspiel entnommen, in welchem schon frühzeitig Kirche und Synagoge handelnd auftraten. In dem benachbarten Fenster steht oben in der Mitte „Maria mit dem Jesuskinde“, darunter stehen von links nach rechts: „Johannes, Jakobus und wohl Judas Thaddäus“.