Baubeschreibung

Lage. Im Süden der Stadt auf dem Platze, auf dem früher vermutlich die alte Burg stand. Der die Kirche umgebende Platz (ehemaliger Friedhof) wird im Süden von der Domäne, der früheren Komturei begrenzt. Auf der Nordseite lag die Stadtschule, in der Südostecke das Pfarrhaus.

Grundriß. Dreischiffige siebenjochige Hallenkirche mit überhöhtem Mittelschiff. Die Chorschlüsse sind sehr flach und liegen unter einem gemeinsamen Walmdach. Der Hauptchor mit -, die Nebenchöre mit -Schluß. Rechteckiger eingezogener Westturm. Anbauten: Portalvorhalle mit Treppe zu den Obergeschossen des Turmes in der Nordwestseite; auf der Nordseite eingeschossige Portalvorhalle und Taufkapelle; auf der Südostseite zweigeschossige Portalvorhalle und Sakristei (mit zwei Jochen); im dritten Joch von Osten auf der Südseite die eingeschossige Ottilienkapelle. Neben der Sakristei ist eine Treppe zum Obergeschoß und eine Spindeltreppe zum Dachboden angeordnet.

Schnitte. Wie aus dem Schnitt A–B durch Chor und Sakristeianbau hervorgeht, sind die Wände des Hauptchores um etwa 3,90 m höher als die Außenwände. Am Schiff (Schnitt C–D) haben Hauptschiff und Seitenschiffe die gleiche Mauerhöhe. Im Schnitt C–D sind die Gewölbe des Chores zum Vergleich des Höhenunterschiedes mit den Schiffsgewölben punktiert eingezeichnet.

Werkstoff und Bearbeitung. Backsteinbau. Backsteingröße an den romanischen Untergeschossen des Turmes 30 × 14 × 9 cm. Vom sechsten Geschosse an rötere Farbe des Backsteins und Größe 29 × 13 × 9 cm. Die Gitterfriese des Langhauses sind aus Formsteinen, mit rotbraunglasierten Steinen gemustert. Die gleiche Musterung haben die Leibungen der Fenster der drei Westjoche, die Gewände der Portale in diesen Jochen und in der Vorhalle am Turm. Putz ist zur Verzierung angebracht: am Turm zwischen den Friesen, in den Bogenfeldern der Schalllöcher und unter dem Dachansatz; am Langhaus in den Spitzbogennischen der Westseite und den Spitzbogenleibungen der Fenster vom vierten Joch an nach Osten; am Chor ebenfalls in den Fensterbogen, in den rechteckigen Nischen und in den Rundnischen mit Formsteinen. Dächer Mönchnonnen gedeckt.

[Bild] Abb. 161. Werben. Johanniskirche. Grundriß (Maßstab 1:500)

Dachreiter mit Schiefer (deutsche Deckung). Das Innere der Kirche war vermutlich früher ganz verputzt, jetzt nur die Gewölbekappen und die Leibungen der Arkadenbögen. Wände, Pfeiler und Rippen sind mit roter Ziegelfarbe, Fugen willkürlich mit weißer Farbe neu gestrichen. Fußboden: im Schiff mit rötlichen, im Hauptchor mit schwarz-weißen Fliesen (1868 neu verlegt). Warmwasserheizung.

Gesamteindruck. Der massige Bau der Johanniskirche beherrscht das ganze Stadtbild der kleinen Stadt Werben. Wie ein einziger breit hingelagerter Block wirkt er besonders in seiner Nord- und Südansicht. Der Turm mit seinem breiten Walmdach erhebt sich nur wenig über dem riesigen Satteldach der Halle. Zum wundervollen Gegensatz zu der Schwere des Daches endigt der Dachreiter in einer ganz hohen und schlanken Spitze. Auf der Ansicht von Merian (um 1640) trägt noch der Turm einen ähnlichen Dachreiter. Etwa 250 Jahre liegen zwischen der Vollendung des spätromanischen Turmes und der spätgotischen Halle, und trotzdem ist eine Einheit zwischen beiden Bauteilen geschaffen worden. Ruhig und fest geschlossen wirkt die Westseite der Kirche mit dem Turm, und den gleichen Eindruck haben wir auf der Ostseite von dem Chorschluß, obwohl hier infolge einer anderen Zeitgesinnung die Wände sich mit großen Fenstern öffnen. Das ganze Schiff ist gleichmäßig gegliedert durch die Strebepfeiler, und der Aufbau desselben scheint nach einem einheitlichen Plan stattgefunden zu haben. Es spricht nun für das große überragende Können des letzten spätgotischen Baumeisters, daß er, der in Wirklichkeit ein zu ganz verschiedenen Zeiten entstandenes Langhaus – bestehend aus einem im ersten Viertel des 14. Jahrhunderts erbauten Teil und einem in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts nach Westen angebauten Teil – vorfand, der ganzen Kirche bei seinem Erweiterungsbau nach Osten ein so einheitliches Gepräge gab. Heute ergibt erst die genaue Bauuntersuchung, daß die mit dem Turm zusammen erbaute spätromanische Basilika stückweise abgerissen und erweitert wurde.

Turm: Der älteste Teil der Kirche ist der Turm. Die unteren fünf Geschosse mit dem alten Glockengeschoß stammen noch vom spätromanischen Bau (um 1150). Die übrigen drei Geschosse mit dem jetzigen Glockengeschoß sind später (um 1230) aufgesetzt. Im Äußeren verjüngt sich der Turm in zwei Absätzen. Die Ecklisenen, die beim ersten und bis zum zweiten Absatz noch ziemlich starkes Relief haben, sind nach dem zweiten Absatz nur noch auf der Westseite angedeutet. Etwa 1,50 m unter dem ersten Absatz ist ein Winkelfries auf Konsolen mit darüberliegendem Zahnschnitt auf allen vier Seiten angebracht. Auf der Ostseite (jetzt innerhalb des Dachstuhles des Langhauses) bleibt in der Mitte der Mauer ein Stück vom Winkelfries frei. Hier setzte das Dach des Hauptschiffes der Basilika an (die Ansatzspuren sind noch zu erkennen). Das Dach reichte bis dicht unter den Zahnschnitt (vgl. Tafel 146 b). Über dem ersten Absatz erhebt sich das alte Glockengeschoß. Auf der Nord- und Südseite sind noch die rundbogigen Nischen für die Schallöcher (jetzt vermauert), im Inneren noch die alten Pfeiler mit Kapitellen und ein Fries mit sich kreuzenden Rundbogen mit darüberliegendem Zahnschnitt erhalten. Auf der West- und Ostseite sind die Rundbogen der Nischen und die Bogenfriese abgebrochen. Die Erhöhung des Turmes erfolgte bald, denn das heutige Glockengeschoß gehört noch dem Übergangsstil an. Die rundbogigen Schalllöcher sitzen in spitzbogigen flachen Nischen. Auf der Nord- und Südseite sind sie durch Säulen dreifach, auf der Ost- und Westseite zweifach unterteilt. Das Maßwerk besteht aus drei Kreisen. (Die Formsteine sind nachträglich eingesetzt. Sie stammen von alten Fensterleibungen.) Es ist die „Vorstufe für die Bildung des ältesten gotischen Maßwerks“ um 1230 (vgl. Adler, Backsteinbauwerke Bd. I S. 77). Der Turm hat ein Walmdach. Auf der Westseite des Erdgeschoßes ist um 1410 ein Kreuzigungsrelief aus Sandstein (h 87 cm, br 70 cm ohne Rahmen) eingefaßt. Es ist stark verwittert. (Tafel 140, 141.)

Im Inneren ist das Erdgeschoß durch einen rundbogigen Zugang vom Schiff aus zu erreichen. In der nördlichen Leibung desselben romanische Altarnische (rundbogig), h 1,16 m, br 1,45 m, t 97 cm. Auf dem Putz rote Farbspuren (Malerei). In der Nische liegt ein zerbrochener Kindergrabstein mit Todesdatum 1601 (1935 im Pfarrhof gefunden). Der Turmraum ist mit einem Tonnengewölbe bedeckt und wird erleuchtet durch Schlitzfenster auf der Nord- und Südseite (Stürze mit Eichenbohlen, Hohlbänke abgetreppt.)

[Bild] Abb. 162. Derben. Johanniskirche. Grundriß mit den Gewölben (Maßstab 1:300)

Zugang zu den Obergeschossen des Turmes von der Treppe des Anbaues aus. Im zweiten Geschoß, das ein romanisches Kreisfenster auf der Westseite hat, sind das Gebläse der Orgel und älteres elektrisches Läutewerk untergebracht. An der Wand des Gebläses Gemälde mit einer Stadtansicht am Wasser (großes Segelschiff). h 1,30 m, br 3,50 m. Ölfarbe auf Eichenholz. Von der Inschrift in barocker Kursiv nur das Wort „Caspar“ zu lesen (18. Jahrhundert). Der alte Zugang zum Dachboden der romanischen Basilika liegt im dritten Geschoß (vermauert). Der Dachstuhl des Turmes, ein einfach stehender Stuhl mit Kreuzverstrebungen, stammt noch aus der Erbauungszeit. In ihm steckt noch der Stumpf der Konstruktion für den 1713 abgebrochenen gotischen Dachreiter.