Das Elbtor (Tafel 148)
Von den Toren ist nur noch das Elbtor erhalten.
Schrifttum:
Beckmann V. Teil 1. Buch VIII. Kap. S. 5–6.
Adler, mittelalterliche Backsteinbauwerke Bd. I S. 79, Zeichnungen 31, XLV.
Wollesen, Chronik S. 55–58. – Akten beim Provinzialkonservator in Halle, betreffend Wiederherstellung 1907–08.
Max Nova, Die Stadttore der Mark Brandenburg im Mittelalter. Beitr. z. Bauwissenschaft S. 15. 1919.
[Bild] Abb. 151. Werben. Elbtor. Querschnitt (Maßstab 1:300)
Werben. Elbtor. Grundriß des Untergeschosses und ersten Obergeschosses (Maßstab 1:300)
[Bild] Abb. 152. Karte der Umgebung von Werben um 1730
Das Elbtor liegt nordöstlich am Stadtrand. Es besteht aus einer Durchfahrt mit einem danebenliegenden großen runden Turm (vgl. Grundriß). Der Graben vor dem Tore ist zugeschüttet (1584 wird noch die Elbtorbrücke repariert). Auf der Stadtseite steht dicht neben der Tormauer ein zweigeschoßiges Fachwerkwohnhaus. An den Turm und die Tormauer ist ein Fachwerkschuppen (altes Torschreiberhaus) angebaut. Auf dem Sturzbalken der jetzt zugesetzten Tür befindet sich die Inschrift: 6 May 1790. Auch von der Elbseite her ist vom unteren Teil des Turmes wenig zu sehen, da ein Schuppen vorgebaut ist (vgl. Tafel 146 d). Nach der Ansicht von Werben aus dem Jahre 1631 war die obere Plattform des Turmes abgedeckt und mit einem Türmchen versehen. Auf der Ansicht von Merian (1652) hat der Turm ein Zeltdach. Auch die Plattform über dem Tore war bis 1857 mit einem Satteldach überdeckt. Da der Sturm 1906 Teile des Wehrganges und des unteren Zinnenkranzes zerstört hatte, wurden diese erneuert. 1907/08 wurde der Turm von der Firma Bargum und Krause, Stendal, wiederhergestellt.
Baubeschreibung.Das Elbtor ist wie alle gotischen Torbauten der Altmark aus Backstein (Backsteinformat 31 x 14 x 10). Das Mauerwerk des Turmes ist belebt durch Zickzackbänder aus dunkelglasierten Ziegeln, deren Glasur z. T. zerstört ist. Der in zwei Absätzen erbaute Turm hat zwei reich verzierte Zinnenkränze. Ähnlich verzierte Zinnenkränze haben die beiden Seiten des Tores. Vor die Putznischen sind Maß- und Stabwerk aus Formsteinen gesetzt. Die Zinnen sind mit Mönch-Nonnen 1907/08 neu gedeckt. Die profilierten Gesimse unter den Zinnenkränze sind durch Putzstreifen hervorgehoben (vgl. Abb. bei Adler Bl. XLV, Figur II und III). Der Putz ist erneuert. Sicher waren die schräggestellten Wappenfelder an der Elbseite des Tores ursprünglich mit Wappen bemalt gewesen. Der äußere spitzbogige Torbogen ist reicher durch Birnstäbe und Wülste profiliert als der Torbogen nach der Stadtseite zu (vgl. Profilzeichnung bei Adler S. 79). Auf beiden Seiten sind noch die Angeln für die Torflügel erhalten. Das Innere der Durchfahrt ist mit einem Kreuzrippengewölbe überwölbt, dessen Kappen in Schwalbenschwanzverband gemauert sind. (Für Ziegelstempel siehe Abb. 165, a, b und e.)
[Bild] Abb. 153. Werben. Ansicht des Feldlagers Gustav Adolfs von 1631
Das Innere des Turmes ist auf dem Schnitt (Abb. 151) genau zu erkennen. Von der Stadtseite aus führt eine Treppe innerhalb der gewaltigen Mauerstärke (etwa 2,70 m) zum ersten Obergeschoß, das über dem Kellergewölbe liegt. Das Kellergeschoß mit dem Brunnen ist nur von hier (mit Leiter) durch eine runde Einstiegöffnung zu erreichen (vgl. Grundriß Untergeschoß). Das erste Obergeschoß hat nach der Feldseite zu drei Schießschartenfenster, die in großen segmentbogigen Nischen liegen. Die Fenster können durch Balken mit Brettern verschlossen werden. Eine zweite Treppe führt zuerst auf die Plattform über dem Tore und dann zum zweiten Obergeschoß, das drei Schießschartennischen, eine Schranknische und einen Kamin hat. Sämtliche Geschosse haben Kuppelgewölbe aus Backstein. Der Wehrgang, der in Höhe des zweiten Obergeschoßes herumläuft, hatte früher über den Zinnen eine hölzerne Abdeckung. Die Schirmdächer waren an 21 eisernen Haken befestigt. Die Plattform des Turmes hat ebenfalls einen Zinnenkranz. Der Boden ist jetzt zementiert. Zum Regenablauf dienen Tonröhren.
Die Entstehungszeit des Elbtores wird, wie bereits Adler annimmt, nach der Mitte des 15. Jahrhunderts festzusetzen sein. In dieser Zeit herrschte in der mächtig emporblühenden Stadt Werben eine starke Bautätigkeit, Neubau von Teilen der Johanniskirche, Errichtung von Hospitälern und Kapellen [St. Georg und St. Gertrud] und vermutlich eines Rathauses. Zu gleicher Zeit werden auch in anderen Städten der Altmark neue Torbauten errichtet (in Stendal Aufbau des Ünglinger Tores, 1450–1460, in Tangermünde das Neustädter Tor um 1438–1440, und ein Tor in Angermünde, das nicht mehr erhalten ist). Als Baumeister dieser Bauten, darunter des Elbtores, wird ein Baumeister Stephan Buxtehude genannt, der von sich selbst in einem Briefe an den Rat und die Kirchenvorsteher der Stadt Zerbst sagt: „Also da ich doch in der Altmark zu Stendal, zu Angermünde, zu Werben Türme und Kirchen gewölbt und gemauert habe. (Zentralblatt der Bauverwaltung 1896).
Die gesamte Stadtbefestigung war noch im Dreißigjährigen Kriege (bis 1644) erhalten. Die Bedeutung der Stadt für die kriegführenden Parteien erkannte zuerst Gustav Adolf, als er am 11. Juli 1631 in Werben eintraf (er wohnte in dem der Familie Goldbeck gehörenden Hause [Nr. 222] am Markt, das am 22. Februar 1793 einstürzte und wieder neu aufgebaut wurde). Er ließ sofort die Stadtbefestigung durch Redouten verstärken und bezog ein befestigtes Lager auf der sogenannten Märsche, den Wiesen zwischen Elbe und Stadt (vgl. Plan von 1631). Hier erwartete er das kaiserliche Feldheer unter Tilly. Nach vergeblichen Bemühungen mußte Tilly bereits am 29. Juli die Belagerung der wohl proviantierten Stadt und des Lagers aufgeben.