Örtliche Hilfskomitees.

In ihrer großen Not hat die Wische auch sonst viele herzliche Teilnahme und tatkräftige Hilfe gefunden. In Osterburg, Seehausen und Hindenburg bildeten sich Unterstützungskomitees, dort in Osterburg unter Leitung des Bürgermeisters Hilliges, hier in Seehausen unter der des Ratmanns Rodatz; dort waren die Naturalabgaben und Bekleidungsstücke in der Turnhalle der Taubstummen-Anstalt, hier auf dem Jakobi’schen Speicher untergebracht. Dort wie hier halfen die Damen der Frauenvereine bei der Verteilung. In Seehausen war die Versorgung der Notleidenden an die Organisation des Armenwesens angegliedert; der Superintendent Hennicke führte die Liste der Gaben, der Gerichtsrat Schmidt nahm die mühevolle Kassenarbeit auf sich, der Pastor Daume führte das Protokoll, die Vorstandsdamen und die beiden Geistlichen gaben gegen amtlich beglaubigte Anweisungen die Naturalabgaben aus. Die in der Stadt wohnenden Flüchtlinge von auswärts wurden von dem Pastor Daume versorgt. Daß die Komitee-Tätigkeit nicht immer erfreulich gewesen, läßt sich denken; es ist so schwer, die Empfänger völlig zu befriedigen. Der Ausspruch, daß nichts schwieriger und undankbarer als die Verteilung von Liebesgaben wäre, wurde nicht selten gehört. Dazu kam, daß den Hilfsbereiten viel kostbare Zeit durch Auspacken und Sortieren völlig wertloser Gegenstände weggenommen wurde. In Seehausen mußten allein etwa 25 Zentner Liebesgaben als Lumpen verkauft werden. Derbe Stiefel, Strümpfe und warmes Zeug waren bei der feuchten Kälte sehr notwendig, aber für alte Ballschuhe, Gesellschaftskleider

und dergleichen war wirklich keine Verwendung. Allein in Seehausen gingen 5 Fracks, mehrere Zylinder, einige Offiziersuniformen, verschiedene Paar Lackschuhe mit Sporen, große Mengen zerrissener Sommerkleider und Wäsche ein. Das Richtigste ist es jedenfalls bei solchen Katastrophen, den an Ort und Stelle befindlichen Hilfskomitees nur wirklich brauchbare Sachen, die von den Notleidenden besonders erbeten sind, sowie Geldmittel zur Verfügung zu stellen. Die Komitee-Mitglieder können dann nach persönlicher Prüfung der Verhältnisse Gutscheine auf Brot, Fleisch und andere Dinge ausstellen; die Einlösung der Scheine würde dann mit den übersandten Liebesgaben erfolgen. Über die bei der Hilfstätigkeit im Überschwemmungsgebiet gemachten Erfahrungen hat der Regierungsrat von Velsen in der Delegierten-Versammlung des Vaterländischen Frauenvereins am 5. Juni 1909 in Berlin ausführlicher gesprochen.