6. Das Sandauer Holz.

Das sogenannte Sandauer Holz hat seinen Namen behalten; es lag ursprünglich auf dem rechten Elbufer, liegt aber nun, nachdem die Elbe ihren Lauf verändert hat, auf dem linken Ufer. Daß diese Veränderung des Stromlaufes in sehr ferner Zeit vor sich gegangen, ist anzunehmen. Den ursprünglichen Elblauf kann man noch heute an dem alten Deich erkennen, der von Büttnershof in großem Bogen dicht an Kannenberg vorbei bis Berge herumgeht. Während man im 19. Jahrh. den alten Elbdeich als öffentliche Landstraße freigegeben, hat man den neuen Deich, den Sommerdeich, zwischen den genannten Orten zu einem Hauptdeich erhöht. Bekannt ist dieser neue Elbdeich im Jahre 1909 geworden; die mit Eis gefüllten Wassermassen der Elbe, deren Abfluß riesige Eisbarren im Strombett verhinderten, durchbrachen nicht nur den neuen, sondern auch den alten Elbdeich bei Kannenberg und überschwemmten nicht nur das Sandauer Holz, sondern fast die ganze Elbwische.

Durch die Veränderung des Elbstromes entstand das Terrain auf dem linken Elbufer, das wir das „Sandauer Holz“ oder das Gebiet des Gänsebrinks und der alten Elbe nennen, und das 953 Morgen 46 Quadratruten umfaßt; davon entfielen im Jahre 1813 auf die Erben des Rittmeisters von Kahlden zu Busch 14 Morgen (Mg.) 171 Quadratruten (qr.), auf die von Gansaugeschen Minorennen 227 Mg. 164 qr., auf den Freisassen Lüdecke zu Giesenslage 34 Mg. 30 qr., auf den Ackermann Stümpfe 4 Mg. 168 qr., und auf die Stadt Sandau 235 Mg. 107 qr.

Am Anfang des 19. Jahrh. fand, wie die Akten berichten, ein langwieriger, kostspieliger Prozeß, der sogenannte Schleusenprozeß, statt. In diesem Prozeßverlauf hielt der Wasserbauinspektor Flügel-Tangermünde am 26. Nov. 1817 im Sandauer Fährkrug über die ganze Angelegenheit einen Bericht, dem wir das Folgende entnehmen:

„Die sogenannte alte Elbe bildet gegenwärtig eine Niederung, welche längs des Hauptelbdeiches vom Fährkruge abwärts bis zum sogenannten Rönnebusch hingeht, wo solche bei dem Ufer des gegenwärtigen Hauptstromes ausläuft. Diese Niederung besteht teils aus Lanken, welche zur Zeit auch Wasser halten, teils aus Wiesen, teils aus Weiden, und wird durch mehrere Einläufe bei hohen Wasserständen des Hauptstromes früher von unten her unter Wasser gesetzt, als von oben her, indem das Terrain oberhalb beim Fährkrug mehr denn 5 höher liegt als unterhalb beim Rönnebusch, woraus wohl unbezweifelt die Nützlichkeit des Zuflusses dieser Einläufe hervorgeht, indem besonders bei hoher Sommerflut öfters nicht die Höhe des oberhalb liegenden Ufers erreicht wird, also beim Zufluß die in der Inundationsfläche liegenden Grundstücke von untenher überschwemmt werden würden. Worüber alsdann das Wasser bis zur vorgemachten Oberfläche zurückstaut. Dieser Rückstau erstreckt sich der Untersuchung zufolge bis zu dem Büttnershofer Deiche oder bis zu dem Punkte, wo noch sehr sichtbare Spuren eines alten Deiches vorzufinden sind, dergestalt, daß fast alle dazwischen liegenden Grundstücke überschwemmt werden, wovon nur einige kleine Anhöhen auf dem Sandauer Terrain ausgenommen sind.“ Diese Ueberschwemmung zu verhüten, ist es notwendig, vorgedachte Einläufe, voran die vorzüglichsten vom Rönnebusch auf von Kahldernschen Gebiet und vier andere weniger bedeutende auf Sandauer Gebiet mit Dämmen zuzuschliessen. Zu den Anlagen und zur Unterhaltung würden sämtliche Grundstücke, welche sonst überschwemmt werden würden, nach Verhältnis des Flächeninhalts und der spezifischen Güte beizutragen haben. Dadurch würden die zwischen den angegebenen Punkten belegenen Grundstücke wenigstens so lange geschützt, bis das Wasser allerorten über die Ufer träte und die Ueberschwemmung allgemein würde. Uebrigens befand sich an dem Haupteinlauf bei dem Rönnebusch schon seit älterer Zeit eine Schleuse und eine Verwallung, deren Wiederherstellung von der ehemaligen Kurmärkischen Kammer 1805 verfügt und deren Ausführung dem Landrath von Bornstedt aufgetragen war.

In dem oben genannten Schleusenprozeß, den auf der einen Seite Dietrich Falcke-Wendemark mit seinen Gänsebrinkdeputierten, auf der anderen Seite die Eigentümer aller Grundstücke in der alten Elbe führen, kommt endlich der folgende Vergleich zustande: Die Sandauer wollen die Verwallung auf ihrem Terrain bei den Einläufen allein instandsetzen und erhalten, wenn die Interessenten des Gänsebrinks und der alten Elbe die Schleuse und die Verwaltung am Rönnebusch in den rechten Zustand setzen und erhalten.

Ueber den Erbbaukontrakt, der am 29. Juni 1802 über 21 Morgen der Gänsebrinkwiesen bei Berge zwischen dem Rittmeister von Scheither zu Berge und den Wendemarker Besitzern Johann Dietrich und Johann Joachim Falcke sowie Johann Joachim Becker geschlossen wurde, ist in dem Abschnitt Wendemark Einhof Näheres gesagt.