Der Drudenhof
An der Wendenmarker Grenze liegt der noch zu Werben gehörige Hof mit dem interessanten Namen „Druidenhof“. Den Namen bringt man gern mit den altgermanischen keltischen Priestern zusammen und meint, es habe einstmals an der Stätte des Hofes ein keltisches Heiligtum gelegen. Das läßt sich aber nicht nachweisen. Der Hof hieß auch ursprünglich nicht „Druidenhof“, sondern „Hof von der Weyde“ nach seinen Besitzern von der Weyde“. Diese von der Weyde waren ursprünglich Mannen der Burg Werben, legten sich aber, nachdem die Burg Werben ihre Bedeutung verloren hatte, in der Nähe derselben auf dem von ihnen erbauten Hofe nieder. Nun bedeutet „Werben“ nichts anderes wie „Weide“; es ist daher nicht verwunderlich, wenn sich manche Glieder der Familie von der Weyde auch von Werben nannten. Schon 1316 verkauften die von der Weyde ihren Hof an die Stadt Werben, vielleicht deshalb, weil sie nach der Prignitz übersiedelten. Ein Zweig der Familie ist aber in der altmärkischen Heimat zurückgeblieben, denn 1526 und 1571 lassen sich der W. in Werben nachweisen, und auch in Königsmark, wo Heine, Andreas und der andere Andreas Höfe besitzen. Noch 1529 ist in Werbener Akten die Rede von dem Hofe derer von der Weide, im Gerichte zu Werben gelegen.
Nur einiges möchte ich über die Familie v. d. W. anführen: Nicolaus de Weyda wird 1305 als Advokat zu Perleberg genannt, Hinricus de Weyda 1294 als Kapellan des Markgrafen, Wilhelm v. d. W. 1505 als Domherr zu Havelberg; Anna und Margarethe sind 1446 Klosterjungfrauen zu Heiligengrabe. Aus Urkunden der Jahre 1447, 1454, 1516 erfahren wir, daß die Familie ihr Hauptgut Gantikow im Kreise Ostprignitz bis in das 17. Jahrhundert besaß, daß sie sich zu Anfang des 16. Jahrhunderts auch in Mecklenburg niederließ, doch nicht lange darauf hier erlosch. Aus dem Lehnbuch der Prignitz ergibt sich, daß Samuel v. d. W., der 1658 noch als der Letzte seines Stammes lebte, belehnt worden und im Jahre 1664 verstorben sei. Unter dem Namen von Werben lernen wir kennen Glieder dieser Familie 1317, 1355, 1426. Auch in Osterburg kommt die Familie vor: 1397 bezeugt der Kommissarius des Balsambannes, daß vor ihm Margaretha, Heinrich Werbens Witwe, eine Hufe Landes in der Seggewisch bei der Georgskapelle bei Osterburg vermacht habe, und 1426 verkauft Günther von Bartensleben eine jährliche Leibrente aus Schmersau für 8 Mark Silber an den Osterburger Bürger Günther von Werben, an seine Frau und zwei Kinder, von denen eines Klosterjungfrau in Krevese ist. — Das redende Wappen derer v. d. W. zeigt im Schild auf grünem dreihügeligen Berg eine grüne Weide, auf dem Helm dasselbe Bild.
Auf die Frage nach dem Ursprung des heutigen Gutsnamens „Drudenhof“ kann wohl nur geantwortet werden: Der Name stammt von der Familie Drude her, die in der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts den Hof erworben hat. Ein Clawes Drude erscheint 1446 als Mitglied der Werbener Gilde des „Heiligen Kreuzes“ und ein Johann Drude 1530 als Werbener Bürger. In der Zeit des Dreißigjährigen Krieges finden wir den Drudenhof mit Gütern zu Neukirchen und Lichterfelde in dem Besitz des Joachim Steinbrecher, der aber die Drudenländerei als Unterpfand für eine geliehene Summe dem Werbener Christoph Becher sen. versetzte. Letzterer vermachte sie am 25. Januar 1658 testamentarisch für den Fall des Todes seiner Witwe der Werbener Kirche; von ihr erstand sie 1669 Raban von Kanstein, kurf. brand. Geheimrat und Obermarschall. 1759 ist Johann Christian Löwe, ein Sohn des ehemaligen Wendemarker Pfarrherrn Johann Dietrich Löwe, Freisasse auf dem Hofe, und 1761 wird Joachim Heinrich Schultze „Freisasse auf dem incorporierten Drudenhofe.“ Die Nachkommen des letzteren blieben bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts im Besitz des Hofes. Unter dem „incorporierten“ Hofe ist der in die Stadt Werben eingemeindete Hof zu verstehen. Es bleibt nur noch übrig zwei Verwalter bezw. Pächter zu nennen, nämlich den Amtmann Jakob Krantz zu Lichterfelde (1729) und Joachim Christoph Gottfried Fähse (1738, 1747).
Zum Schluß sei aus einem Briefe des Werbener Pastors Ragge vom 29. Oktober 1750 noch eine eigenartige Begebenheit mitgeteilt: Der Freisasse und Ackersmann Falke kaufte dem Pfarrer Johann Dietrich Löwe zu Wendemark seinen Hof für 10 000 Taler unter der Bedingung ab, daß der Pfarrer ihm seine älteste Tochter in die Ehe geben sollte. Wenn der Pfarrer am Leben geblieben wäre, so wäre die Hochzeit noch aufgeschoben. Nun aber drängte der Verlobte auf die Ehe. Die Mutter desselben starb drei Tage vor der Hochzeit; weil sie es aber ausdrücklich bestellt hatte, daß die Hochzeit gefeiert werden sollte, so geschah sie auch und zwei Tage darauf wurde die Mutter begraben.
Den Familienforschern und den örtlichen Geschichtsschreibern zu Nutz und Frommen seien noch die Namen der in der Urkunde von 1309 als Zeugen genannten Pfarrer mitgeteilt: Her Johannes, Plebanus in Crughe; Johannes, Plebanus in Hilghenuelde; Bertholdus, Plebanus in Cowlitz; Gherardus, Plebanus in Clodene; es sind also schon in jener fernen Zeit die Dörfer Krüden, Heiligenfelde, Kaulitz und Kläden (bei Arendsee) als Pfarrorte bezeugt.