9. Allerlei anderes Unglück.
1775. Frühling und Sommer dieses Jahres waren außerordentlich trocken, so daß die Ernte überaus schlecht ausfiel. Der Prediger mußte seinen Pächtern den dritten Teil der Pacht erlassen. Im Herbst folgten viele Krankheiten, sonderlich die Ruhr, eben wie im Jahre 1763, da auch eine große Dürre vorhergegangen war. Nichts fehlte in der Haushaltung mehr als Stroh und Futter. Doch war es noch ein Glück, daß das Vieh bis zu Ende des Jahres ausgehen konnte, indem kein Schnee fiel und der Herbst sehr leidlich war. Der Getreidepreis stieg nicht sonderlich hoch; der Roggen galt nicht mehr als 1 Rthlr. 4—8 ggr., denn andere Gegenden hatten mehr Roggen bekommen und Korn geerntet.
1783. Schon im vorigen Jahre hatte die hiesige Gegend Mißwachs erlitten, daher war uns die außerordentlich schädliche Witterung dieses Jahres und die dadurch entstandene mannigfaltige Not desto drückender und beschwerlicher. Der Winter war vom Januar an weich, naß und wasserreich. Im Frühjahr aber fiel von Ostern bis Exaudi eine höchst schädliche Dürre ein. In der Pfingstwoche kam etwas Regen und kleine Gewitter, darauf aber erfolgte wieder die allerverderblichste Dürre, welche ich jemals erlebt habe, das Korn fiel um, die Weide des Viehes nahm ab, die Ochsen fingen an umzufallen. Die Tage waren unausstehlich heiß und die Nächte unerträglich kalt. Seit der Mitte des Juni stellte sich ein ungewöhnlicher Nebel ein, der bis zum 19. Juli anhielt. Die Sonne sah beständig aus wie ein glühendes Eisen und schien zu trauern. Der Nebel war ein rauchartiger Dust und hatte einen sulphurischen Steinkohlengeruch. Viele Bäume in Gärten und Feldern wurden in der Nacht vom 24. bis 25. Juni, da der Nebel außerordentlich gesunken, wie vom Feuer versengt, und verloren zum Teil die Blätter, welche mit einer korrosivischen Feuchtigkeit bespritzt zu sein schienen. Alle Gartengewächse litten; vieles vertrocknete. Begießen half bei den beständigen Nordostwinden nicht. Am 19. Juli ging der Wind einmal nach Westen und man konnte etwas reine Luft schöpfen, aber ab und zu und bisweilen sehr plötzlich kam der stinkende Nebel wieder. So war am 29. Juli ein brandiger Geruch und den 31. Abends um 7 Uhr war es nicht anders, als wenn plötzlich der Abgrund sich geöffnet und Dampf aus der Hölle aufgestiegen wäre. Am 3. August war eine so unbeschreibliche Hitze, daß die Aepfel auf den Bäumen an der Sonnenseite wie gebraten aussahen und die Spitzen des Selleriekrautes versengten. Die Luft war so warm, als wenn sie aus den Backöfen käme. Die Ernte fiel sehr schlecht aus, sonderlich im Sommerkorn. — Noch merke an, daß die sonderbare Witterung dieses Jahres beinahe in ganz Europa dieselbe gewesen. Wo die Gewitter trafen, z. B. in Schlesien, Glatz, Halberstadt, da richteten sie ganz unbeschreibliche Verwüstungen an. Sizilien und Kalabrien wurden durch die schrecklichsten Erdbeben zu Grunde gerichtet, die das ganze Jahr hindurch fortdauerten. Auf Island entstand ein Erdbrand, der am Ende des Jahres noch um sich griff. So wie bei Sizilien sind einige Inseln ganz versunken und untergegangen, so erhob sich bei Island eine neue Insel aus der See.
Das Kirchenbuch erzählt uns von dem folgenden traurigen Ereignis: „1784, am 5. Dezember, es war der 2. Adventssonntag, fuhr der Schreiber Böckler vom hiesigen neuen Hofe (also dem jetzigen Rittergute Berge) in Gesellschaft seiner Frau und einer alten Base zum Besuch nach Kannenberg. Bei der Rückkehr von dort hatte er abends das Unglück, mit seiner Gesellschaft und dem Knechte nebst den beiden Pferden, so dem Herrn Amtmann Siebmann gehörten, in der größeren Bracke binnen Deiches zu ertrinken. Die bei diesem tragischen Vorfall verunglückten Personen sind namentlich folgende: Sophie Dorothee Theilen, Haushälterin bei H. Amtmann Siebmann, Friedrich Böckler, Wirtschaftsschreiber bei demselben, Marie Elisabeth Böckler geb. Dupont, des vorigen Ehefrau, Andreas Reppschläger, Knecht bei H. Amtmann Siebmann. Gott lasse dieses an einem Sonntage erfolgte traurige Ende solcher Personen, die eben nicht gewöhnt waren, den Feiertag zu heiligen, allen, die davon hören, eine Erweckung sein, den Tag des Herrn auf eine gewissenhaftere und zweckmäßigere Weise anzuwenden. Die vier Leichen wurden den 8. Dezember in aller Stille und ohne alle Harmonie auf hiesigem Kirchhofe beerdigt oder vielmehr nur eingescharrt.“„1785. Nach einem harten und langen Winter folgte ein gutes Frühjahr und es ließ sich alles sehr gut an. Allein von Johannis an folgte eine sehr nasse Zeit und unaufhörlicher Regen dauerte bis mitten in die Adventszeit beständig fort. Die Heuernte war sehr unglücklich und die Kornernte noch unglücklicher. Es regnete im August so stark, daß der Weizen an einigen Orten bis an die Aehren im Wasser stand. Bei der unaufhörlichen Nässe erhielt keine Frucht ihre Vollkommenheit, die Pflaumen wurden nicht reif, das Obst hatte seinen rechten Geschmack nicht. Die Saatzeit war bei der anhaltenden Nässe auch überaus beschwerlich und läßt für das künftige Jahr nicht viel Gutes hoffen. Erbsen und Paalkorn waren in der Nässe ganz verunglückt.“
1791. Das verflossene Jahr war für die hiesige Gegend und sonderlich für Räbel und Berge sehr unglücklich. Das Frühjahr war anhaltend dürr und kalt; im Sommer aber erfolgten schädliche Hagelwetter. Noch am 13. Juni fand man morgens Eis und erst am 15. desselben erfolgte etwas Regen. Darauf entstand eine unausstehliche Hitze bei dürrem und heißem Südwinde. Der Juli brachte ein Hagelwetter über das andere. Schon am 18. Juli tat ein solches Wetter vielen Schaden. Am 25. Juli aber mitten in der Roggenernte traf uns ein sehr heftiges Wetter, welches schon im Behrendorfer Felde anfing, im Berger Felde und auf dem Arensberge noch mehr Schaden tat, sodann aber mit voller Wut mitten durch das räbelsche Feld hinabzog und so gegen Toppeln bei Havelberg über die Elbe ging.
Nickels Hof, das räbelsche Kossatenland, Quasebart, Mechau und das Pfarrland wurden am härtesten getroffen und die Höfe auf beiden Enden kamen am leidlichsten davon.
1792. In diesem Jahre nahm der Krieg gegen die unruhigen Franzosen den Anfang und der erste Feldzug gegen dieselben war sehr unglücklich. Die Kornernte war nur mittelmäßig und Obst wurde hier garnicht geerntet. Gegen das Ende des Jahres tobten die heftigsten Stürme, sonderlich verwandelte ein sehr heftiger Orkan am 19. Dezember die ganze Gegend in eine Wüste. Alle Dächer wurden ruiniert, auch wohl mit den Sparren heruntergeworfen; die Zäune wurden umgestoßen, einige Scheunen und alte Gebäude ganz umgekehrt, unzählige Bäume wurden ausgerissen und zerbrochen; in den Tannen bei dem neuen Hofe wurden sehr viele tausend Stück niedergeworfen und abgebrochen. Die Kirchen zu Berge und Giesenslage litten an Dächern und Fenstern gar sehr. Von dem Turme zu Giesenslage wurde sogar der ganze Giebel auf der Nordseite bis auf die Schalllöcher herabgestürzt.
1795. Das Jahr war sehr trocken. Die fortdauernden Kriege mit den Franken kamen dazu und verursachten ziemlich hohe Kornpreise. Um Michaelis galt der Weizen 2 Rthlr. 12 ggr., der Roggen 1 Rthlr. 12 ggr., die Gerste 1 Rthlr. 6 ggr., Hafer 1 Rthlr. 2 ggr.