Aus den Generalkirchenvisitationen der Jahre 1542, 1551, 1581 und 1600.
Lichterfelde muß in vorreformatorischer Zeit einen eigenen Pfarrer gehabt haben. Diese Annahme stützt sich auf die in der Ueberschrift genannten Visitationsabschiede; da heißt es 1542: „Hat allhie 1 wüste Stätte zum Pfarrhof samt ½ Hufe Landes, besäet der Krüger mit dem Pfarrer zur Hälfte, kann solche jährlich ungefährlich auf 1½ Wispel genießen, hat zu 1 Fuder Heu Wiesenwachs usw." Nun heißt es zwar 1551: „hat keinen Pfarrhof", aber 1581 lesen wir: „Noch 1 Kossat wohnt in der heiligen Scheune, zinst 15 Schilling". Unter der „heiligen" Scheune ist doch die ehemalige Pfarrscheune, die auf dem Pfarrhof gestanden, zu verstehen. Da sie, weil kein Pfarrer da war, ihrem eigentlichen Zwecke nicht mehr dienen konnte, wurde sie zum Wohnhaus umgebaut, in dem nun ein Kätner für 15 Schilling Miete bescheiden lebte. Daß aber Lichterfelde kirchlich selbständig gewesen, geht auch aus den Worten des Abschiedes von 1551 hervor: „ist wohl nicht ein inkorporiertes Filial gen Wendemark, ist aber lange Jahre her aus Wendemark curiert (geistlich versorgt) worden, dabei es in der jetzigen Visitation auch geblieben, insonderheit, weil u. gn. H., (unser gnädigster Herr, der Kurfürst) bei vorigen Pfarrer zu Wendemark auf Lichterfelde auch präsentieren lassen; wie denn solche Präsentation vorhanden gewesen und den Visitatoribus gezeigt ist." Auch 1600 heißt es: „wird jetzt aus Wendemark curiert". Dabei ist es denn bis heute geblieben. Sehr interessant ist eine Notiz in dem Abschiede von 1542: „Hat allhie auch ein Lehen Beatae Virginis (der Heiligen Jungfrau Maria), ist auch Collator Benedictus Schonebeck, ist Possessor (Inhaber) Er (Herr) Baltzer Runtorff, Domherr zu Magdeburg, können keinen Bericht erlangen, was einzukommen hat.“ 1551 aber hatte man diesen Bericht erlangt, denn in dem Abschiede dieses Jahres heißt es: „ist zu diesem Lehen ein Hof, 1½ Hufen Landes zu Muntenack mit aller Gerechtigkeit und Nutzung von den von Schonebergk gegeben vermöge der Fundation, so Benedictus Schonebergk bei sich hatte; er konnte aber von dem Einkommen keinen wahren Bericht geben.“ (Der letzte Satz ist durchstrichen.) Das Lehen ruhte auf dem Marien-Altar. Der Inhaber der festgesetzten Einkünfte des Lehens war verpflichtet, in bestimmt vorgeschriebener Weise Messen für das Seelenheil des Stifters, seiner verstorbenen und noch lebenden Angehörigen ebenfalls zu genau festgelegten Zeiten zu lesen. Konnte der Inhaber es selber nicht tun, wie es wohl hier mit dem Magdeburger Domherren Baltzer Runtorff der Fall war, so durfte er einen anderen Geistlichen, hier also den zuständigen Pfarrer, damit beauftragen. Durch die Reformation wurde der Zweck dieser Lehen hinfällig und ihr Einkommen zumeist in die Pfarrkasse gewiesen. Das Einkommen dieses Lichterfelder Lehns war nicht unbedeutend, denn es bestand in aller Gerechtigkeit und Nutzung von 1½ Hufen Landes zu Muntenack. Wir werden uns weiter unten noch näher mit Muntenack zu beschäftigen haben, hier sei nur soviel gesagt, daß es 1½ Hufen Ritteracker umfaßte, die sich westlich an den Lichterfelder Speckhof anschlossen, und daß noch heute eine von der Heerstraße eine achtel Meile entfernte Ackerbreite den Namen trägt. Der Stifter des Lehens, Benedikt von Schoneberg, kaufte mit seinen Brüdern Bolzke und Kersten im Jahre 1472 den Speckhof. 1511 und 1571 finden wir eine Koppe von dem Specke in Werben; sie scheinen sich also nach dem Verkauf ihres Stammsitzes nach Werben gewandt zu haben, wo sie 1571 den „Schnellenberg“ besaßen. Die von Schoneberg waren hauptsächlich in Schönberg und Falkenberg angesessen. Wenn Benedict von Schönberg so frei über „Muntenack“ verfügen und die Gerechtigkeit und Nutzung der kirchlichen Stiftung machen konnte, so muß er auch Besitzer von Muntenack gewesen sein.
In den Visitations-Abschieden wird weiter das Einkommen des Küsters, der damals aus Osterburg stammende Jürgen Salingk war, aufgezählt; es bestand wie überall aus Einkünften von Getreide, von Eiern, Broten und Wurst, ferner aus den Gebühren bei Taufen, Trauung, Einführung von Sechswöchnerinnen, Beerdigungen. Zur Küsterstelle gehörte ein Haus und ein Gärtlein.
Aus derselben Quelle erfahren wir, daß im Jahre 1600 Fabian Ruwe und Michel Tolicke die Gotteshausleute; Hans Ruwe, Achim Köppen, Jürgen Ruwe und Kersten Steger unter dem Schulzen Jochim Hollender die Aeltesten des Dorfes waren.
Mit heiligen Geräten war die Kirche aufs beste versorgt: Hatte sie 1542 nur einen Abendmahlskelch, so 1600 zwei silberne Kelche, von denen der eine vergoldet war; hatte sie 1542 nur eine Patene (Hostienteller), so 1600 zwei Patenen und dazu ein Röhrchen; hatte sie 1542 eine Monstranz mit einer silbernen Büchse, so 1600 dafür ein braun tamasken Meßgewand und noch ein grünes. Vom „Röhrchen“ war schon oben bei Wendemark die Rede, ebenso vom „Meßgewand“; das Eigenschaftswort „tamasken“, richtiger „damasken“, kommt von „Damaskus“ her; es bezeichnet Zeug mit eingewebten Blumen und Figuren. Unter der Monstranz ist ein Schrein für die Hostie, für das nach römischer Lehre in den Leib des Herrn verwandelte Brot, zu verstehen; hier war das Allerheiligste in dem Schrein wohl noch besonders in der silbernen Büchse verwahrt. Im Jahre 1581 heißt es a. a. O.: „haben 54 Gulden (auf Zins), so sie aus der Monstranz gelöset“. Der Preis läßt darauf schließen, daß beides, Monstranz und Büchse, sehr wertvoll und kostbar gewesen sein müssen. Die Kirchenkasse hatte im Jahre 1600 an Hauptsumme 1296 Gulden 5 Schill. 8 Pfenn. auf Zins ausgetan, Zinsen jährlich 70 Gulden 8 Schill., dazu 172 Gulden 1 Schill. an Retardaten, die nun unverzüglich eingefordert werden sollen. Der dreißigjährige Krieg vernichtete auch diesen kirchlichen Wohlstand.