Der Rethfeldenhof.

Wie die Namen der beiden vorgenannten Güter Speckhof und Muntenack, so weist auch der Name dieses Hofes unmittelbar auf holländischen Ursprung; in Nordholland, im Gelderland gibt es einen Ort Rietveld, Retveld. Das älteste Siegel vom Jahre 1321 läßt nebeneinander fünf oben mit Püscheln versehene, rechts- und linkshin gebogene Stauden sehen; vielleicht ist’s ein redendes Wappen, wenn mit jenen Pflanzen Riedgrasstengel vorgestellt werden sollen. Unter dem Lichterfelder Rethfeldenhof ist das jetzige Rittergut II zu verstehen. Schon 1207 wird ein Gerhard von Rethfelde genannt, 1529 ist Achim von R. in Lichterfelde, nachher Brandan v. R. Des letzteren erste Ehefrau war Klara von Jeetze. 1567 war ihr vom Kurfürsten ihr Wittum festgesetzt. Sie muß bald darauf gestorben sein; Bredan verheiratete sich nun mit Margarethe von Bertkow. Der letzteren wurde am Tage Visitationis 1570 als Wittum ihres Mannes Wohnhof samt Zubehör, ferner seinen Anteil Zehnt über Markus Sannen 2 Hufen zu Wendemark, Hans Wittes Hof über 1 Hufe, über Klaus Goldbecks ½ Hufe zu Werben, ferner das vor Seehausen gelegene Blockland, ferner seinen Anteil Zehnten über das Feld Niendorf vor Seehausen und zu Schönberg. Im Jahre 1613 wurden Kurts von R. Söhne, Brendan und Jakob, als die ältesten; Joachim und Balzer, beide damals noch minorenn, und ihre männlichen Leibeslehnserben von dem Kurfürsten Johann Sigismund zu rechtem Mannlehn und gesamter Hand mit allen den Gütern belehnt, wie sie im 31. Jahresbericht des Altmärk. Geschichtsvereins S. 120 aufgezählt sind. Am 20. November 1620 stellte sich Jakob von Rethfeld bei der Lehnskanzlei, schwört die schuldige Pflicht und empfing die Lehen und gesamte Hand. Sein Bruder Brendan ist lange Zeit weg und man weiß nichts von ihm; die anderen sind zwar zu Jahren gekommen, aber außer Landes. Jakob hinterließ bei seinem Tode 1623 drei Töchter; von den Söhnen starben zwei ganz jung, und der dritte, Joachim Heinrich, starb auch noch vor seinem Vater. Berend Johann von Bülow heiratete die Witwe des letzt verstorbenen Jakobs von Rethfeld, aber er verkaufte das Gut darum, daß er seiner Hausfrau und deren drei Töchtern Abfindung über sich nehmen sollte. Das ist auch geschehen. Seine Söhne wollten sich nach seinem bald erfolgten Tode auch nicht in das Gut einweisen lassen, weil es durch Verheerung des Kriegsvolkes völlig ruiniert worden war. So fiel das Gut an den Landesherrn zurück. Der Kurfürst Georg Wilhelm begnadigte von Morungen in Preußen aus unter dem 4. Januar 1629 nach dem Absterben des Lehnsmannes Jakob v. Rethfeld den Geheimen und Kammergerichtsrat, auch Lehns-Secretarius, Sebastian Striepe, mit dem Hof zu Lichterfelde samt allem Zubehör. Es heißt in dem Brief: „Will Sebastian Striepe den Hof nicht behalten, so kann er denselben an einen anderen Lehnsmann verkaufen und das Geld seines Gefallens verwenden. Er soll alle onera (Lasten) auf sich nehmen, insbesondere die Witwe und Töchter des verstorbenen Jakob von Rethfeld und andere, welche noch rechtmäßige Forderungen haben, abfinden. Endlich soll er wegen der nicht völlig erlangten 3000 Tlr., die ihm aus Jakob von Retztroffen zu Lückstedt eröffnetem Lehngut bewilligt sind, nichts mehr zu fordern haben.“ In dem Lehns-Registraturbuch 1640-1688 schreibt Sebastian Striepe: „S. Kurf. Durchlaucht haben mir dem Lehnsecretario, das Gut geschenkt. ... Berend Johann von Bülow, der die Witwe des letzt verstorbenen Jakobs von Rethfeld geheiratet, hat mir etwas darüber (aus dem Verkauf des Gutes) heraus geben sollen; er ist aber nebst der Frauen und ihren Töchtern verstorben und hat mich nicht bezahlet ..., habe mich demnach hierin weisen lassen und es etwas wieder angerichtet.“ Ueber die Familie des Sebastian Striepe, ihre Bedeutung, über ihre Verwandtschaft mit dem General Hennings von Treffenfeld gibt uns von Mülverstedt im 2. Heft des 22. Altmärkischen Jahresberichts S. 18 ff. näheren Aufschluß. Als Sebastian, der Sohn des älteren Balthasar Striepe am 29. Oktober 1649 gestorben war, ging das Gut Lichterfelde in den Besitz seiner Tochter Anna Elisabeth, der Ehefrau des Lic. Georg Wilhelm Schardii, über. Letzterer war ein Sohn des Altmärk. Quartalgerichtsrates Heinrich Schardius, der auch das Rittergut Insel bei Stendal besaß.

Georg Wilhelm Schardius behielt das Lichterfelder Gut nicht lange. Mit Genehmigung des Kurfürsten vom 20. September 1656 verkaufte er es für 1000 Taler dem Meinhardt Johann Scholvien und dessen Lehnserben. Der betr. Kauf- und Lehnrezeß ist datiert Stendal, den 22. Juni 1655, der Lehnbrief den 7. Februar 1662. Der auffallend geringe Kaufpreis läßt auf den durch den 30jährigen Krieg zerstörten Zustand des Besitzes schließen. Der neue Besitzer mußte sehr viel anwenden, um die Gebäude wieder ordentlich herzustellen, das Inventar zu ergänzen, den Acker zu bestellen, kurz, die Wirtschaft wieder in Stand zu bringen. Als Meinhardt Johann Scholvien am 12. Februar 1686 starb, hinterließ er drei Söhne, nämlich Erdmann Lorenz, Johann Andreas Christoph und Johann Christian. Seine Brüder hinterließen zwei damals noch ganz unmündige Söhne, Johann Georg und Johann Kaspar. Endlich, am 18. November 1695, wird Erdmann Lorenz mit den Gütern so beliehen, wie sie sein Vater erkauft und zu Lehn gehabt. Original-Lehnbriefe sind dann noch vorhanden vom 25. April 1713 und vom 27. Januar 1718.

Gewichtige Abmachungen brachte das Jahr 1738 mit sich: Es wurde festgesetzt, daß Georg Heinrich Scholvien die beiden Güter in Lichterfelde und Vielbaum erben, der jüngste Bruder den Zehnt in Wendemark haben. Erdmann Christoph, der mittelste Bruder, 1000 Tlr. bar und für noch 1000 Tlr. das kleine Gut in Vielbaum erhalten sollte. Jene 1000 Tlr. will Erdmann Christoph seiner Stieftochter Anna Maria, Michael Raues Tochter, Georg Heinrich Scholviens Braut, als Heiratsgut mitgeben. Der jüngste Bruder erhob Klage, weil er mit dem ihm zufallenden Wendemarker Zehnt nicht zufrieden war; über den Ausgang der Klage erfahren wir aus unseren Akten nichts.

Auf Georg Heinrich Scholvien (gest. 1766) folgten Georg Christoph (gest. 1778) und Christoph Friedrich (gest. 1780). Die beiden übrig gebliebenen Schwestern, Katharina Elisabeth und Anna Gertrud, beide an die Salzwedeler Kaufleute Steinbeck verheiratet, liehen sich von dem reichen Seehäuser Kaufmann Christian Friedrich Schulze 2400 Tlr., um damit die Lehnsfolger, die Werbener Bürger Scholwien und deren Bruder, den Drewener Pfarrer Sch., abzufinden. Im Jahre 1786 kaufte Christian Friedrich Schultze das Lichterfelder Gut und verpachtete es. Am 3. Mai 1794 ging das Gut für 12 000 Tlr. durch Kontrakt an den Kriegs- und Domänenrat Christian Friedrich Ludwig Litzmann und dessen Gattin Marie Gertrud, geb. Schulze über. Nach dem am 13. September 1806 erfolgten Ableben ihres Gatten wurde Marie Gertrud alleinige Eigentümerin des Gutes dadurch, daß ihr der Gutsanteil ihres verstorbenen Ehegatten eigentümlich abgetreten wurde, und zwar von seiten des Vormundes ihrer unmündigen Kinder durch den Teilungsrezeß, der 1811 von dem Stendaler Civiltribunal genehmigt wurde. Ihre großjährigen Kinder gaben durch eine Erklärung in Gegenwart eines Notars am 10. Januar 1821 ihre Zustimmung dazu. Am 22. April 1829 erkaufte, nachdem Marie Gertrud Litzmann am 24. Sept. 1826 gestorben war, Nikolaus Erdmann Lüdecke das Rittergut, das heute als 2. Lichterfelder Rittergut bezeichnet wird. Die Namen der folgenden Besitzer bis 1923 erfahren wir wiederum aus Dr. Böhmes oft angeführtem Werk.