Der Redernhof.
Das Stammhaus derer von Redern ist jedenfalls der Ort „Rieder“, 1 Meile von Quedlinburg entfernt. Schon unter den askanischen Markgrafen waren die von Redern im Besitze von Krumke bei Osterburg. Im Schilde führten sie einen Schrägbalken mit 3 Sternen und auf dem Helm einen wachsenden Ritter mit Fähnlein in der Hand.
Im Jahre 1620 wurde die Familie von Redern so mit Wolterslage, Meseberg, Wasmerslage und Lichterfelde belehnt, wie solches alles vorher Claus von Koenigsmark, Busso von der Schulenburg und dann Wolf und Wolf-Asche von Closter in Besitz gehabt hatten. Als 1620 der Rittmeister Adam Valentin von R. den Besitz antrat, zahlte er 20 000 Gulden. Sollte das Lehn nach dem etwaigen Aussterben derer von R. an andere kommen, so sollten die nächsten Landerben den 3. Teil der Kaufsumme herauszahlen. 1679 traten die von R. ihre sämtlichen Güter mit dem Vorbehalt der Wiedereinlösungsgerechtigkeit an Frau Elisabeth Sophia von Bülow, Witwe von Redern, und an ihre Töchter Sabina Maria und Margaretha Tugendreich ab. Frau Elisabeth Sophie vermählte sich bald darauf mit Johann Friedrich von Alvensleben auf Zichtau und Calbe an der Milde; sie blieb Inhaberin der Güter Königsmarck und Wolterslage. Schon 1705 waren die Wiederkaufsjahre vorüber, dennoch besaßen die von Alvensleben die Güter noch bis 1713. Erst in diesem Jahre wurden die wegen der Lehnsherrschaft zwischen ihnen und denen von R. ausgebrochenen Streitigkeiten durch einen Vergleich beendigt. Nachdem das Wiederkaufsgeld gezahlt war, traten die von Redern wieder in den Besitz jener Güter und in die alten Herrschaftsrechte.
Der Hof, den Dr. H. Böhme a.a.O. als das IV. schrittsässige Gut oder als After-Lehnhof bezeichnet, war früher jahrhundertelang im Besitze der in der Wische sehr ausgebreiteten, oft schon genannten Familie Rauhe oder Raue oder Ruwe. Nach einem Lehnbrief von 1513 leiht Clawes von Koenigsmark zu Wolterslage dem Jakob, Hans, Michel und Laurentz Ruwe den Hof, den Claus Ruwe sel., ihr Vater, von Heinrich von Koenigsmark und obigem Claus von K. eigentümlich gekauft, und zwar demjenigen von ihnen, der den Hof besitzen würde. Der Besitzer wurde jedenfalls Michel Raue, der noch im Schoßregister vom Jahre 1541 als solcher genannt wird. Nach des Besitzers Tode soll das Lehn übergehn an seine Brüder und ihre Erben nebst den Kindern des seligen Drewes Ruwe, namens Jakob und Clawes. Sollten auch diese sterben, so geht das Lehn über an Jakob zu Dobbrun, Clawes zu Osterburg, Henning zu Ferchlipp, Hans zu Neukirchen, Merten, Ruwes sel. Söhnen, Achim, Ruwes nachgelassenen Sohnes zu Wolterslage, und Achim zu Ferchlipp. Im Jahre 1584 erscheint Fabian Rauhe als Besitzer: er bezahlt für den 3 Hufen umfassenden Besitz 14 Gulden 8 Schilling 3 Pfennig Steuer.
Nach dem 30jährigen Kriege ist Peter Rauhe Besitzer; er und seine Nachfolger nehmen die oben genannten ¾ Landes im Felde Muntenack von den Edlen Gänsen zu Putlitz zu Lehn und bezahlen in jedem Falle 4 Ellen „Leydisch Wand“ oder 3 Tlr. Lehnware. So hatten die Besitzer zwei Lehnsherrschaften, für die ¾ Hufe Muntenack die Schenken von Lützendorf und dann die von Putlitz und für ihren eigenen Hof die von Koenigsmark, die von der Schulenburg und dann nach denen von Closter die von Redern. Den Freunden der Wappenkunde zuliebe seien hier die Wappen dieser Familien kurz mitgeteilt: Der Wappenschild der ersten Familie, der Schenken von Lützendorf, zeigt ein von zwei blauen Pfühlen durchzogenes, von rot und weiß geschachtes Feld mit weißem Schildeshaupte; auf dem gekrönten Helm zwei auswärts gebogene, gewundene weiße Widderhörner. Das Wappen der Edlen Gänse zu Putlitz zeigt im roten Felde eine auffliegende silberne Gans mit goldener Haupt- und Halskrone, als Helmzier die Gans zwischen zwei geharnischten Armen, die eine Krone halten.
Der Wappenschild derer von Koenigsmark ist senkrecht rotweiß spitzenweise mehrmals geteilt, der Helm trägt ein gekröntes rotgekleidetes Frauenbild, in der rechten Hand drei rote Rosen haltend.
Das Stammwappen derer von der Schulenburg enthält drei rote Adlerfänge (Greifenklauen) im weißen Schilde.
Die von Closter führen im weißen Schilde eine mit drei schwarzen Pfeilspitzen besteckte rote Rose, auf dem Helm die Schildfigur in einem offenen Fluge.
Die Familie von Redern hatte einen von einem Schrägrechtsbalken durchzogenen, mit drei Sporenrädern belegten Schild.
Als Peter Raue 1677 den Hof seinem Sohn Claus überließ, wurde der zweite Sohn, Michel, mit einer Geldsumme abgefunden. In dem gleichen Jahre schloß Claus Raue mit Margarete, der Tochter des Claus Falcke in Wendemark, einen Ehevertrag. 1684 wurde er mit dem Felde Muntenack belehnt. Am 7. Juli 1708 starb er, ohne männliche Leibeslehnserben zu hinterlassen; seine Witwe behielt den Hof noch einige Jahre. Schon am 13. Juni 1706 hatten Siegismund Wilhelm und Georg Wilhelm von Redern dem Michel Müller, Bürger und Viehhändler zu Werben, auf den Fall des Todes seines Schwiegervaters Claus Rauhe den Hof in Lichterfelde geliehen, welche Belehnung der preußische König am 18. Juli 1709 bestätigte. Michel Müller, der Sohn eines Neukirchener Ackermannes, war in erster Ehe mit Katharina Michels aus Neukirchen, in zweiter Ehe mit Engel Raue, der Tochter unseres Claus Raue, verheiratet; er hatte aus erster Ehe eine Tochter namens Dorothea, die sich später mit dem Wendemarker Besitzer Lüssau verheiratete, und aus zweiter Ehe drei Kinder, nämlich Nikolaus Erdmann, Margarethe Elisabeth und Johann Christian. Michel Müller mußte sich in längeren gerichtlichen Verhandlungen sowohl mit seiner Schwiegermutter, als auch mit Daniel Raue einigen; 1726 starb er. Der Hof vererbte sich auf Nicolaus Erdmann Müller, der zunächst noch unter Vormundschaft stand, 1730 aber die Mündigkeitserklärung beim König erbat und erhielt.
Aus dem Jahre 1738 liegt ein Mutschein des Christian Ludwig zu Putlitz für Nikolaus Erdmann, Ackermann zu Lichterfelde, und Johann Christoph, die Gebrüder Müller, vor. Wir wissen, wie er in langer Beweisführung die Freiheit des Ritterackers Muntenack von der sogenannten Bauersteuer erkämpfen mußte. Am 19. Juni 1760 überließ er mit seiner Frau Ilsabe Sophie, geborene Raue, den Hof seinem Sohne Nicolaus; dieser starb aber schon 1772. Auf Ansuchen der Eltern wurde der Hof zwangsweise verwaltet und dann versteigert. Aus der Versteigerung erstand der jüngste Sohn, Christoph Heinrich, vermittelst Kontraktes vom 7. Mai 1775 das Gut für 8000 Tlr.; er mußte sich aber zunächst mit seiner Schwester Engel Maria, verehelichten Falcke in Wendemark, auseinandersetzen. Eine 1774 aufgestellte Taxe des Hofes ergab nach Abrechnung aller Lasten einen Wert von 14 290 Tlr. 8 Gr. 1 Pfg. Danach hatte ihn Christoph Heinrich ein Jahr später recht billig aus der Versteigerung erstanden, hatte aber jedenfalls noch manche „Last“ abzutragen. Auch er erhielt 1778 die Belehnung für Muntenack von denen zu Putlitz und am 1. November 1780 von Erasmus Friedrich von Redern für den Lichterfelder Hof. Es scheint sich im letzteren Falle doch nur um einen sogenannten Mutschein gehandelt zu haben. Noch 1795 bezeugt der Sekretär der Lehnskurie derer von Redern, namens Göring, daß Christoph Heinrich Müller am 3. März desselben Jahres die Lehnsmutung nachgesucht, aber noch nicht erlangt habe, weil die Lehns-Succession derer von Redern noch nicht reguliert sei. Endlich am 19. Sept. 1796 erfolgte die eigentliche Belehnung. Nach dem Verzeichnis des Dr. Böhme folgte 1813 auf Christoph Heinrich Müller Johann Joachim Müller, der ein tapferer Kriegsmann war, schon 1806 bei Altenzaun mitkämpfte, dann gegen seinen Willen westfälischer Gendarm war und endlich an den Freiheitskämpfen teilnahm; Infolge der übermäßigen Strapazen im Kriege starb er schon 1824, als sein Sohn Heinrich erst 9 Jahre alt war. Von 1824 bis 1842 bewirtschafteten die beiden Brüder Karl Heinrich und Friedrich Ferdinand gemeinsam den Hof. Nachdem ersterer von 1842 bis 1871 allein die Wirtschaft geführt hatte, führte sie dann Ludwig Müller sen. von 1871 bis 1903 und Ludwig Müller jun. von 1903 bis 1922. Zuletzt werden dann die Geschwister Martha, Elisabeth und Katharina als Besitzerinnen genannt.