2. Die Woldeck zu Arneburg und die von Lüderitz.
Von dem Ilsenburger Kloster wurden zunächst die in der Ueberschrift genannten beiden ritterlichen Familien mit Polkritz belehnt. Wir haben Belehnungsurkunden vom Jahre 1473 und 1535; sie befinden sich im 2. Bande des Ilsenburger Urkundenbuches. Die 1473 belehnten Ritter waren Arnd von Lüderitz und Betke Woldecke: in dieser Urkunde wird auch gesagt, daß das Dorf Polkritz von einem Geschenk des Grafen von Arneburg stamme, und daß die Markgrafen Otto und Albrecht der Schenkung zugestimmt hätten. Eine Urkunde vom 3. Juni 1502 erzählt, daß Asmus, Dionys und Hans, Brüder von Woldeck, dem Rat der Stadt Werben und dem Kommendisten des Heiligen-Leichnams-Altars in der Werbener Pfarrkirche eine Rente von 12 rheinischen Gulden für 220 Gulden, die sie vom Rate empfangen haben, verkaufen, und zwar soll 6 Gulden der Rat alle Jahr und 6 Gulden der Kommendist zu Johannis erhalten. Diese Abgabe ruhte auf dem Woldeckenhof in Polkritz bei der Kirche, auf dem damals Matthias Belitz wohnte. Das Magdeburger Staatsarchiv enthält einen großen Stoß Akten, die von dem lange Zeit dauernden, wegen dieses Verkaufes entbrannten gerichtlichen Prozeß handeln. Auf diesem Hofe bei der Kirche hatten die von Osterholz, dann Ludwig von Uechteritz und sein Sohn Hans Otto Gericht, Dienst und 3 Vierdinge Pfennige; der Besitzer hieß 1515 Hermann Tideke. Wegen dieser Hebungen war ein Streit entstanden, der um 1600 von dem Dechanten Senior und anderen Doctores der juristischen Fakultät zu Wittenberg folgendermaßen entschieden wurde: Die von Woldecke haben anstatt der Dienste ein Dienstgeld von 3 Gulden 20 Groschen gegeben und die Dienste damit bezahlt. Dabei sind sie zu belassen, es sei denn, daß in dem angezogenen Kurfürstlichen Dekret solche Dienstvorschriften, ehe die Verjährung vollzogen, aufgehoben seien. Auf diesen Fall müßte der Besitzer obigen Hofes auch wieder die Dienste leisten, natürlich dann gegen die Nachlassung des Dienstgeldes. In dem Lehnbrief von 1690 für den Rat, Hof- und Landrichter in der Altmark Curt Gottfried und Otto Daniel, Gebrüder von Uechteritz, heißt es: „Anstatt der Abgabe des Polkritzer Hofes, der in der Nähe der Polkritzer Kirche liegt und der woldeckische Hof heißt, lautet es hier: „Das halbe Kirchlehn über die Kirche zu Polkritz, inmaßen solches Hans von Woldecke ehemals gehabt und ihrem Großvater durch einen von Kommissarien aufgerichteten Vertrag unter dem Dato Stendal, Freitags nach Oculi des 1610. Jahres, anstatt der Gerichte, Dienste und drei Schill. Pfennige, welche der von Uechteritz zuvor auf des von Woldecken Hofe bei der Kirche daselbst gehabt, abgetreten.“ Neu hinzugefügt ist noch das Folgende: „Item den Kornzehnt zu Polkritz samt der Hühnerpacht, item Geldzinsen und Fleischzehnt, alle in Polkritz, in Schwarzholz und anliegenden Orten samt allen dazu gehörigen Privilegien und Gerechtigkeiten, nichts überall ausgeschlossen, wie die Woldecken solches alles zu haben und genießen gehabt und Esaias und Jochim die Woldecken ihrem Großvater 1625 verkauft und zugeschlagen.“
Die Woldecken führen keinen Orts-, sondern einen Personennamen und zwar einen Taufnamen, denn Woldecke ist Abkürzung von Woldemar, wie die Brösicke ihren Namen abgekürzt haben von Ambrosius. Während die Woldecke in Urkunden anfänglich sich nur so nennen, fügen sie bald hinzu „von Arneburg“; dieser Zusatz wird dann stets festgehalten, um so mehr, als es die Unterscheidung von dem in der Herrschaft Ruppin auf Gnevikow seit uralter Zeit angesessenen Geschlecht Woldeck galt. Daß der Zuname „von Arneburg“ nicht schlechthin den Wohnsitz der Familie, deren Hauptgüter von sehr alter Zeit her Storkow und Polkritz waren, bezeichnen sollte, sondern eine tiefere Bedeutung hatte, ist klar. Wir sehen nämlich das Geschlecht im Besitz eines Burglehns oder Burgmannsgutes, das zum Schlosse Arneburg gehörte. Deshalb allein hätten sie den Namen „von Arneburg“ führen können. Das Wappen dieses Geschlechtes ist das Stadtzeichen der Stadt Arneburg: eine Zinnenmauer mit offenem Tor und ein schwebender Adler darüber. Dieses Woldecksche Wappen dürfte wohl fast einzig in seiner Art dastehen, denn, wenn es auch mehrere Familien gibt, die den Namen der Stadt, zu welcher sie in Beziehung standen, als ihren Geschlechtsnamen angenommen hatten, so findet sich bei diesen doch nicht das betreffende Stadtzeichen als ihr Wappenbild.
Die andere mit Polkritz belehnte Familie, von Lüderitz, tritt in ihren ältesten Gliedern seit dem Jahre 1247 auf. Seit Jahrhunderten bedient sich das Geschlecht eines meist schräg liegenden Ankers als Schildzeichen; auf dem Helm wiederholt sich der (altertümliche) Anker (gestürzt) mit Straußfedern besteckt. Die von Lüderitz teilen dieses Schildzeichen mit denen von Calbe, von Schwarzlosen und von Vollenschier, so daß Stammesgemeinschaft anzunehmen ist. Aus den Osterholzer Akten erfahren wir nichts über den Lüderitzer Besitz in Polkritz, wohl aber aus dem Ilsenburger Urkundenbuch, wie oben angegeben ist. Doch sind die von Lüderitz wohl nicht lange in Polkritz angesessen gewesen, werden doch von 1542 an nur noch die Woldecken als Kirchenpatrone genannt. Wenn in den Kirchenvisitationsabschieden von 1581 der Zusatz steht: „Die Pacht nimmt Gerdt von Lüderitz“, 1600 aber dieser Zusatz fehlt, so darf angenommen werden, daß die Lüderitz eben nicht mehr die Pacht zu heben berechtigt sind.