4. Wolfswinkel.
Auffallend ist der Name dieses Gutes; er kommt schon 1313 in der Urkunde vor, in welcher der Werbener Rat zur Errichtung der Werbener Heiligen-Geist-Capelle 100 Mark stiftet, von denen 60 Mark zum Wiederankauf einer Hufe Landes im Wolfswinkel verwandt werden sollen. Dieser Name erinnert an die „Wolfsburg" in Wendemark. Derartige Namen treten meist an den äußersten Flurgrenzen für Flurteile auf, die am Rande der Feldmark ganz verlassen und ungeschützt liegen. Vom Ordenshause in Werben wird 1321 der Kornzehnt von 12 Stücken Landes in Räbel und Wolfswinkel an Johann von Kröcher zur Ueberlassung an das Salzwedeler Heilige-Geist-Kloster verkauft; von diesem Kornzehnt war im vorigen Abschnitt ausführlicher die Rede. 1345 kauft der Werbener Rat eine Getreidehebung von dem Ordensbesitz in Wolfswinkel und Neukirchen und bestimmt sie zu einer täglichen Messe an dem Katharinen-Altar in der Werbener Ordenskirche zum Seelenheil aller Bürger, eine Stiftung, die der Fürsorge des Rates für das ewige Heil seiner Bürger, alle Ehre macht. Im folgenden Jahre wird ein Streit in Werben dahin entschieden, daß nicht dem Gerhard Wolfswinkel, sondern dem Werbener Ordenshause mit einer Geldhebung auch das höchste und niederste Gericht über eine Hufe in der Feldmark Wolfswinkel zustehe. In den Urkunden vom Jahre 1318 und 1321 wird Wolfswinkel sogar ein Dorf genannt. Sehr wichtigen Aufschluß gibt uns die folgende Urkunde vom Jahre 1403: Markgraf Jobst überläßt einen Hof (de het de hoff to Wulffeswinkel) mit 2 Hufen Landes mit allen Rechten und Gerichten, ausgenommen den dem Heiligen-Geist-Kloster zu Salzwedel gehörigen Kornzehnten der Stadt Werben. Aus dieser Urkunde erfahren wir, daß von dem Dorfe nur noch dieser eine Hof vorhanden war, daß der Hof zwischen „den huke und der Elue“ lag, daß der damalige Besitzer den schönen Namen Hans Pluchvorsworn hatte. Aus der Ortsbestimmung zwischen der Höhe und der Elbe entnehmen wir wohl mit Recht, daß der Hof zwischen einer noch heute bemerkbaren allerdings geringen Höhe des Weges von Werben nach Räbel und der Elbe gelegen war. Nach einer Notiz in Werbener Akten stießen Werbener Flurstücke an die von Wolfswinkel, so daß „Wolfswinkel“ der Name des ersten jetzigen Räbeler Hofes an der linken Seite des genannten Weges gewesen ist. Die folgenden Urkunden aus den Jahren 1429 und 1431 berichten von der hervorragenden Wohltätigkeit Bussos von Alvensleben, der 1419, 1425 als Herrenmeister des Johanniter-Ordens genannt wird, dann aber als „Vorweser des Hauses zu Werben“ ganz der Uebung „guter“ Werke lebte. Nachdem er mit Genehmigung des Markgrafen Johann (am 5. Juli 1429) dem Ermbrecht von Rindtorff den Hof Wolfswinkel für den Johanniter-Orden wiederkäuflich abgekauft hat, bestimmt er von dem erkauften Hof und seinen Hufen 10 Wispel Korn in der Weise für die Werbener Armen, daß von 8 Wispeln „Konvent“ den Armen, „de des begheren to trinkende“, gebraut und verabreicht, von den andern 2 Wispeln aber jährlich 2 Mark den Ordenspriestern, „de da chore singhen, ore tdye singhen unde lezen“, gegeben werden. Zu der Instandsetzung des Hofes hat der eine Ordenspriester, her Warpkoper, ausgelegt 5 Mark, ein anderer, her berndt Schulte, 3 Mark und ein dritter, her Topperslegher, 2 Mark; darum sollen sie nach Anteil ihres Geldes aus der Pacht von dem Hofe für jede Mark 4 Schillinge erhalten. Vermutlich haben die von Rindtorff den Hof wieder zurückgekauft. Als nämlich Kurfürst Albrecht 1472 den Stillentin und Hans von Kröcher belehnt, wird unter den Geldhebungen in Räbel auch eine solche von „der Rindtorffen Hof“ erwähnt.
Aus dem 17. Jahrhundert hören wir nur, daß in ihm ein Michael Jahn im Besitz des Hofes gewesen sei. Näheres erfahren wir erst wieder vom Jahre 1700 an. Der preußische König bestätigte unter dem 16. August 1700, daß Samuel Ludwig von Kroecher zu Lohme den Hof incl. 200 Thaler Meliorationen und den eingelösten Kornzehnt für 600 Thlr. Kaufsumme an Johann Hühnecke verkauft. Im Jahre 1728, am 13. März, wird ein neuer Vergleich dahin getroffen: Die Erben des verstorbenen Johann Hühnecke, insonderheit der zeitige Besitzer des Hofes, Andreas Lütke, versprechen, den Herren von Kroecher jährlich zur Pacht ein Wispel weißen Hafer und 4 Scheffel Weizen Donnerstag nach Martini frei nach Havelberg zu liefern, die Herren von Kr. dagegen begeben sich des Lehns- und Eigentumsrechtes an dem Hofe und darauf haftenden Lehnsprästationen, ausgenommen die Gerichte, und versprechen, daß sie weder jene Getreidepächte noch auch die Gerichte an den Oberstleutnant von Kannenberg erb- oder wiederkäuflich veräußern, sondern im Falle einer Veräußerung an Hühneckes Erben käuflich überlassen wollen. Am 17. Juli 1765 überläßt Christoph Lüdecke mit Zustimmung derer von Kr. den Hof seinem ältesten Sohn Joachim Christoph, der in erster Ehe mit Anna Hühnecke (Hünecke) und in zweiter Ehe mit Regina Schröder verheiratet war; er setzt sich, als er sich in das Altenteil zurückzieht, mit den 7 Kindern aus seiner ersten Ehe und den 4 Kindern aus seiner zweiten Ehe auseinander. Als fernere Besitzer nennt Dr. Böhme a. a. O. die Erben Lüdecke (bis 1825), Johann Friedrich L. (1825 bis 1842), Joachim Dietrich Lüdecke (bis 1873), dessen Mutter und Schwester 1842 nach Werben zogen; Karl Gottfried Ferdinand Menzendorf (bis 1908), Karl Gottfried Menzendorf (bis 1915), Georg Menzendorf (bis 1916). Dann wurde der Hof von der Siedlungsgesellschaft Sachsenland aufgeteilt. Die Frau des Joachim Dietrich Lüdecke war eine geborene Nickel. Ihr Sohn Otto, geboren am 23. Mai 1844, diente bei dem 10. Husarenregiment. Er nahm 1866 an allen Schlachten von Königgrätz bis Preßburg teil, erkrankte infolge der vielen Strapazen an Typhus und starb am 1. August 1866 im Feldlazarett Malatzka in Ungarn. Ein von bescheidenen Anlagen umgebener Denkstein zwischen dem Hofe und der Räbel-Werbener Landstraße erinnert noch heute an den tapferen Reitersmann, der sein junges Leben für sein Vaterland dahingegeben hat.