Die Kirche zu Sorge.
In dem 5. Bande des 1912 von Dehio herausgegebenen „Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler“ (1912) heißt es von der Kirche zu Berge: „Spätromanischer Ziegelbau 1. Hälfte des 13. Jahrh., in Anlage und Durchbildung wie Giesenslage, doch minder gut erhalten; die Abmessungen größer als die üblichen. Bemerkenswert die drei Portale und an der Apsis ein gedrehter Rundstab als Gurtgesims.“
Seit der gründlichen und umfassenden Erneuerung des ganzen Kirchengebäudes gegen Ende des 19. Jahrhunderts gewann das Innere ein ebenso würdiges wie freundliches Aussehen. Früher erhob sich über dem Altar ein hölzerner Altarschrein aus der Zeit von 1510 bis 1520. Er ist in drei Felder längsgeteilt. Im mittleren Felde ist die heilige Anna selbdritt, in der Linken das Christkind, rechts steht Maria mit Krone. Im linken Felde die „Verkündigung“. Rechts Maria vor einem Lesepult knieend, hinter ihr der Vorhang des Bettes; sie wendet sich nach links, von wo Gabriel naht. Im rechten Felde die „Geburt Jesu“: Links die Hütte, rechts kniet, nach links gewendet, Maria anbetend vor dem Kinde, das auf einem Zipfel ihres Gewandes liegt. Hinter ihr Joseph, der ebenfalls nach links auf das Kind schaut. Dieser Altarschrein befindet sich jetzt im Stendaler Museum; er ist im 40. Jahresbericht des Salzwedeler Altmärkischen Geschichtsvereins, Seite 104, 105 beschrieben. Ueber dem jetzigen Altar erhebt sich die von reicher Holzschnitzerei flankierte Kanzel, die das Wappen derer von Kannenberg trägt. Dieses Werk wird eine Stiftung des Generals Christoph von Kannenberg sein, der 1660 das Patronat über Berge und Räbel erwarb und 1662 heiratete. Der Stil der Holzschnitzerei ist der des Barock. Bei der oben angeführten Erneuerung der Kirche fand man auf der Rückseite des Kanzelwerkes die Jahreszahl 1617. Diese Jahreszahl dürfte aber nicht auf die Entstehung des Kanzelwerkes hinweisen; für eine Arbeit im Barockstil würde die Jahreszahl etwas zu früh sein, da dieser Stil sich in Deutschland erst von 1620 oder 1630 ab entwickelte; freilich sind die Grenzen da oft schwer zu unterscheiden. Entscheidend für die Zeit der Entstehung des Kanzelwerkes ist doch die Uebernahme des Patronates durch Christoph von Kannenberg. Wenn man das Werk wirklich 1617 erbaut hätte, wäre es wohl kaum unversehrt durch die gerade hier schlimmen Ereignisse des 30jährigen Krieges hindurchgekommen. Leider ist das Patronatsgestühl, das mit Bildern und mit dem Wappen des Christoph von K. geschmückt war, nicht mehr vorhanden.
Die Kirchenglocken, die in D, Fis und A tönen, stammen aus neuerer Zeit. Auf der großen Glocke steht: „Unter dem gräflich von der Schulenburg-Hohenbergschen Patronate 1885 gegossen „zur Ehre Gottes“; auf der mittleren steht der Spruch „Gott ist die Liebe, 1885“; auf der kleinen, vom Pfarrer Prietze gestifteten Glocke lesen wir: „Dem Andenken an seine in Berge ruhende Mutter, geb. Cherubim“. Adolf Theod. Prietze, geboren am 12. Februar 1823, war der Sohn des Dr. Johann Andreas Prietze, der am 29. März 1825 in Berge Pfarrer wurde und Michaelis 1845 die Pfarrstelle zu Burgstall, Ephorie Wolmirstedt, übernahm. Adolf Theodor Prietze verlebte also seine ganze Kindheit und einen großen Teil seiner Jugendzeit in Berge. Später war er Pfarrer in Uchtenhagen und Güterglück; er lebte dann als Emeritus in Wernigerode am Harz. Um der Anhänglichkeit und der Dankbarkeit Ausdruck zu geben, stiftete er wie für Räbel und Berge, so auch für Giesenslage eine Glocke. Wir werden unten weiteres darüber hören.
Die Kirche in Berge besitzt zwei wertvolle Abendmahlskelche, einen vergoldeten und einen silbernen. Jeder der Kelche trägt auf seinem Fuße zwei Wappen. Der vergoldete Kelch zeigt in einem Wappen auf dem Schilde einen schräg links gelegten und auf dem Helm einen senkrecht stehenden Schlägel, darüber die gleich großen, durch Punkte getrennten Buchstaben H. C. V. S. O. L.; in dem andern Wappen auf dem Schilde und auf dem Helm je drei altertümlich geformte gestürzte, unten etwas spitz zusammengesetzte Schwerter mit den Buchstaben M. V. E. Die ersteren Buchstaben weisen auf Heinrich Caspar von Schwarzenholz, Oberstleutnant, die letzteren Buchstaben auf Maria von Eichstedt. Unter beiden Wappen steht die Jahreszahl 1632. Die Buchstaben und die Zahl wollen also sagen, daß das genannte Ehepaar von Schwarzenholz den schönen Abendmahlskelch im Jahre 1632 der Kirche zu Berge geschenkt hat. Heinrich Caspar von Schw., erzbischöflich-magdeburgischer Oberstleutnant, Hofmarschall, Mundschenk und Oberküchenmeister, starb am 9. Juni 1630. Um das Andenken des verstorbenen Ehegatten zu wahren und zu ehren, schenkte seine überlebende Gattin Maria von Eichstedt den Kelch der Kirche. Wir werden bei der Geschichte des Dorfes Schwarzenholz Gelegenheit haben, näher über dieses Geschlecht, seinen Besitz, sein Wappen, seine Zeit zu berichten. Ueber seinen Besitz in Berge war oben die Rede.
Der silberne Abendmahlskelch zeigt auf seinem Fuße ein Wappen, das in seinem Schilde 2:1 gestellte zierliche Kannen und als Helmzier eine solche Kanne trägt, mit den Buchstaben darüber C. V. K. Das zweite Wappen trägt im Schilde zwei Garben mit darüber springendem Wolf, darüber als Helmschmuck einen fächerartigen Busch von hohen schmalen Federn, darüber die Buchstaben M. V. B. Es sind die Wappen Christophs von Kannenberg und seiner Gemahlin Maria von Bartensleben, die am 13. Januar 1652 ihren Ehebund schlossen; übrigens war Maria eine Tochter Günzels von B. auf Wolfsburg und Brohme. Um den Knauf des vergoldeten Kelches stehen die Buchstaben Jhesus. Der silberne Kelch hatte ehemals auf seinem Fuß einen „Crucifixus“ aufgelegt. Eine Hostiendose aus dem Jahre 1777 trägt die Buchstaben B. K. Auffallend ist die Schreibweise Jhesus für Jesus an einem Kelch aus dem Jahre 1632. Diese Schreibweise findet sich nur an mittelalterlichen Kelchen. Man hielt im Mittelalter das H aus ΙΗΣΟVΣ fälschlich für ein h und schrieb demgemäß auch in lateinischen Minuskeln so, fügte dann aber, wie auch hier geschehen, das anscheinend fehlende e etwa hinein. Das ist ganz typisch.
Es ist also anzunehmen, daß der Kelch in Fuß und Knauf aus dem Mittelalter stammte, da er im Laufe der Zeit, vielleicht auch in den Stürmen des Krieges, zerstört war, und daß er nun von der Gattin des von Schwarzenholz erneuert wurde. Die Wappen mögen dann erst 1632 dem Kelchfuße zugefügt sein.