Theenhof.
Zu dem Rittergut Kannenberg gehörte der alte und der neue Theenhof. Lage und Name dieser Dörfer sind heute in Berge, in dessen Nähe sie lagen, wohl nur noch wenigen älteren Bewohnern bekannt und doch werden sie schon sehr früh genannt, und doch nannte sich nach ihnen ein altes märkisches Rittergeschlecht. In einer Tauschurkunde des Bischofs von Havelberg mit dem Bistum Halberstadt vom Jahre 1186 werden 4 Hufen in villa Theen in der Wische genannt. Auch in der Bestätigungsurkunde Markgraf Albrechts II. von 1209 wird Theen erwähnt, ebenso 1349. Neben Theen wird hier ebenso wie in einer Urkunde von 1351 noch ein Obertheene genannt, so daß es also zwei Dörfer dieses Namens gab. Wie schon bemerkt, nannte sich ein ritterliches Geschlecht nach diesen Orten, die jedenfalls früh zu einem Dorfe vereinigt wurden. Wie so oft, wurde auch hier aus dem Dorfe frühzeitig ein Hof, der bis in die neuere Zeit bestand. Ein Heinrich von Theene tritt 1258 in Spandau als Zeuge auf, ebenso finden wir seinen Namen in Urkunden aus den Jahren 1264, 1265 und 1272. Ritter Otto von Th. wird neben Ulrich von Osterburg und Bose von Brunkowe in der Stiftungsurkunde des Klosters Bernstein von 1290 im Gefolge des Markgrafen Albrecht erwähnt. Michael und Heinrich von Th. sind 1300 bei demselben Markgrafen. Mit Jakob von Pasewalk, Heinrich von Wendemark, Volbert von Schnackenburg, Peter von dem Sande und Arnd von Iden finden wir 1342 auch einen Johann von Theen unter den Ratmännern und Schöppen der Stadt Werben.
Schon bei der Geschichte des Dorfes Berge war von dem Theenhof die Rede. In dem Magdeburger Staatsarchiv befindet sich ein gewaltiger Aktenstoß, der einen Prozeß zwischen Matthias Pletz, dem Besitzer des Theenhofes, und seinem Lehnsherren, dem Bürgermeister Andreas Goldbeck zu Werben, in der Zeit von 1588 bis 1616 umfaßt. Ueber diesen Prozeß ist in den „Stendaler Beiträgen“, Band V, Seite 395 ff., näheres mitgeteilt. Hier sei nur auf die Hauptsachen hingewiesen. Im Jahre 1515 verkaufte der zu Stendal wohnende Hans von dem Berge seinen Hof zum Theene mit drittehalb Hufen Landes, die da liegen zwischen dem Krusemarker Acker und dem „gronen“ Wege, dem Tideke Pletz und seiner ehelichen Hausfrau zu einem rechten Erbkaufe. Die Käufer sollten jährlich 12 Mark Pacht geben, und zwar je 4 Mark auf Martini, Lichtmessen und S. Walpurgen, ferner den Zehnten über 1½ Hufen Landes, den die von Krusemark darüber hatten, und sie sollten den Kreuzherren (Johannitern) zu Werben alle Jahre zu Martini 4 Schilling weniger 3 Pfg. zahlen. Auch sollten sie den zum Hof gehörigen Deich übernehmen, den Houetschoß (Hufenschoß) geben, wenn er gebeten wird, und den Hof in baulichem Zustande halten. Hans von dem Berge und seine rechten Erben behielten das höchste und niederste Gericht über den Hof. Nach dem Tode des Vaters übergab Achim von dem Berge im Jahre 1529 demselben Tideke Pletz den Hof vor Gericht mit einem freien Erbreis. Der Kaufpreis für den Hof betrug im Jahre 1515 dreißig Mark stend. Währ. Für den Kauf im Jahre 1529 erteilte der Markgraf Joachim im Jahre 1557 den Konsens. Auf Tideke Pletz folgte sein Sohn Matthias Pletz, auf Joachim v. d. Berge folgte sein gleichnamiger Sohn. 1585 hatte Hans den Rittersitz in Berge verkauft; mit seinen Brüdern Joachim und Kaspar von dem Berge starb die Familie in männlicher Linie aus. Dadurch wurde das Lehn frei und fiel als ein „ausgeboten“ Lehn an den Werbener Bürgermeister Andreas Goldbeck und seine Mitbelehnten. Der Hof zum Theen gehörte auch dazu und fiel also an denselben neuen Lehnsherrn. Matthias Pletz nennt dann auch in einem Schreiben vom 9. August 1588 den Andreas Goldbeck seinen „itzigen Hauses-Junker, so der Berger Güter inne hat.“ Unter diesem seinen Hofesjunker begann für Matthias Pletz eine ungeheuer schwere Zeit: Ein Prozeß begann, der dem Inhaber des Theenhofes viel Zeit raubte, viel Sorge machte, viel Geld kostete. Um was handelte es sich in diesem Prozeß? Der Vater, Tidecke Pletz, hatte einen Werder an der Elbe, zum Teil auf angeschwemmtem Sande, angelegt, im Sande vor dem Elbdeiche „etliche Ruthen ausgesteckt“ und „mit besonderem Fleiß erzeuget“. Diesen Werder sollten der Vater und seine Erben zu Behufe des Hofes und des Deiches gebrauchen. Der Sohn, Matthias Pletz, hatte den Werder von seinem Vater mit übernommen und zum Teil von seinem Grund und Boden erweitert. Um diesen Werder handelte es sich in dem Prozeß. Andreas Goldbeck glaubte Besitzrecht daran zu haben, Matthias Pletz machte sein Besitzrecht mit echt altmärkischer Zähigkeit immer von neuem geltend. Näheres darüber ist a. a. O. in den „Stendaler Beiträgen“ nachzulesen. Die Sache ging bis an den Kurfürsten, beschäftigte das Stendaler Quartalgericht, lag den Juristen-Fakultäten in Wittenberg und Helmstedt zur Entscheidung vor und kam doch nicht vorwärts. Was nützte es, daß fast alle Instanzen das Recht des „armen Pauersmannes“ auf dem Theenhof anerkannten, aber doch nicht dem Rechte zum Siege verhelfen konnten? Wir wissen nichts über den Ausgang des Prozesses, aber das wissen wir, daß im Jahre 1619 die bergischen Güter der Goldbeck zur Zwangsversteigerung kamen, und daß sie dem Rate der Stadt Werben wiederkäuflich auf 30 Jahre für 6200 Gulden laut Rezeß vom 31. Mai 1619 verkauft wurden, und auch das wissen wir, daß der furchtbare Krieg ausbrach, der gerade in die Gegend nicht lange nachher unendliches Unglück brachte und für längere Zeit das Recht zum Schweigen brachte.
Der Name des Hofes wird verschieden geschrieben: Ten (1515), Thene (1529), zum Thene bei dem Dorfe Berge belegen (1557), zum Tenne (1588), Theen in neuerer Zeit. Der Name weist zweifellos auf den niederländischen Ursprung des Hofes hin, ebenso wie die Namen benachbarter Höfe Oevelgünne, Lüdekummer, Bäverlack es tun.