3. Die Käcklitzer Kirche.

Ziemlich einsam, fern von dem nimmer rastenden lauten Verkehr, liegt die Käcklitzer Kirche an der breiten Heerstraße. Man sieht es ihr von außen nicht an, daß sie viele bemerkenswerte Denkmäler aus Stein in sich birgt, welche einst die Pietät der Hinterbliebenen ihren lieben Verstorbenen gesetzt haben. Die Kirche wäre wohl wert, mehr als bisher in den Mittelpunkt auch des ortsgeschichtlichen Interesses gestellt zu werden. Das Kirchengebäude ist ein gotischer Ziegelbau, von Osten beginnend in drei Abschnitten erbaut. Chor einjochig, fünf Achtel geschlossen, um 1300, erhielt sein schon ursprünglich beabsichtigtes Kreuzgewölbe erst im 15. Jahrhundert. Schiff flachgedeckt, während des Baues verlängert. Der wieder um Einiges jüngere rechteckige Westturm hat Tonnengewölbe und Satteldach zwischen Blendengiebeln. Diese Beschreibung der Kirche stammt aus dem von Dehio herausgegebenen Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, und zwar aus dem Bericht des Charlottenburger Baurats Rohde, der in Dehios Auftrag damals die Altmark bereiste und die bemerkenswerten Kirchen besichtigte und beschrieb. Auf der östlichen Seite befindet sich eine vermauerte Tür; ob sie wirklich in das Grabgewölbe derer von Pieverling geführt hat, oder ob sie die Tür gewesen ist, durch die der Priester in das Gotteshaus einzutreten pflegte, kann ich aus der Ferne nicht entscheiden.

An die Nordwand der Kirche gelehnt fand ich damals (1903) einen schon von Moos teilweise bewachsenen Grabstein, der dem Judith von Pieverling gesetzt war; bemerkenswert war auf diesem Stein die Schreibweise des Familiennamens „Bieberling“. Bei dem Eintritt durch die Westtür in das Tonnengewölbe des Turms grüßen uns zwei gut erhaltene Grabsteine, die zwei geharnischte Ritter darstellen, nämlich die Brüder Georg und Gabriel, die Söhne des älteren Lorenz von Pieverling. Auf dem Grabstein des Gabriel liest man noch deutlich den 29. November 1620 als den Tag seines Todes, auf dem andern ist nur noch 16.. lesbar. Nach der Sitte damaliger Zeit befinden sich rechts und links von der Figur je vier Wappen, und zwar heraldisch rechts (also vom Beschauer aus links) 1. das Wappen des Vaters des Verstorbenen, 2. das Wappen der Großmutter und 3. und 4. der beiden Urgroßmütter von väterlicher Seite; heraldisch links die Wappen der Mutter des Verstorbenen sowie die Wappen der Groß- und der Urgroßmütter von mütterlicher Seite, woraus sich dann leicht die Ahnentafel aufstellen läßt. Auf dem Grabstein des Georg von Pieverling sehen wir heraldisch rechts von oben nach unten die Wappen derer von Pieverling, von Helfftern, von R. und von T., sehen wir heraldisch links von oben nach unten die Wappen derer von D., von Eichstedt, von Rengerslage, von S. Das Wappen von D., das drei Kleeblätter zeigt, dürfte auf die von Dalchau, das Wappen von S., das einen „Schlegel“ erkennen läßt, dürfte auf die von Schlegel hinweisen. Auf den Grabsteinen stehen Holzschnitzfiguren, die wohl zu dem ehemaligen Altarschrein gehörten.

Das Innere der Kirche macht nach der letzten wohlgelungenen Erneuerung einen hellen freundlichen Eindruck auf den Eintretenden. Auch hier sehen wir noch verschiedene bemerkenswerte Grabsteine der ehemaligen langjährigen Patronatsfamilie von P. An der Nordseite des Kircheninnern steht das Grabmonument des Deichhauptmanns Abraham Ludwig von P., geboren am 6. Juli 1690, vermählt am 24. Juli 1709, gestorben am 19. August 1748. Der früher von der kleinen Sakristei verdeckte, nun aber freigelegte Grabstein zeigt in der Mitte das Brustbild des 1651 geborenen und 1690 im Alter von 39 Jahren, 34 Wochen, drei Tagen verstorbenen A. von Pieverling, als des Abraham von P.; der Grabstein ist mit vielen Wappen geschmückt; es würde zu weit führen, sie alle hier aufzuzählen und zu beschreiben. Vor der nördlichen Reihe der Kirchenstühle, zu den Füßen der schlichten Kanzel, liegt der Grabstein der Gemahlin des Abraham von P., der uns schon von Wendemark her bekannten Agnesa Maria Sophia von Steding; sie war am 6. März 1659 geboren, am 12. November 1676 in den Ehestand getreten und am 15. Mai 1723 gestorben. Ihr Wappen zeigt im quer geteilten Schilde oben den Löwen wachsend, unten zwei Querbalken. Auf dem Helm wiederholt sich die Schildfigur, der wachsende Löwe. Lasen wir auf dem Grabstein des Abraham von P. das Symbolum (den Sinnspruch): „Wie Gott will, ist mein Ziel“, so lesen wir auf dem Grabstein seiner Gemahlin einen sinnigen Vers, in dem die Verstorbene ihrer Sehnsucht, aus dem irdischen „Rosenhofe“ mit seinen „Dornen“, in den himmlischen „Rosenhof“ zu kommen, Ausdruck gibt. Etwas östlich von diesem Grabstein liegt der der Elisabeth von Borstel, geboren am 9. Mai 1691, gestorben am 12. März 1748.

Der Altar, im Barockstil, trägt auf der Rückseite die Jahreszahl 1703 als das Jahr seiner Entstehung, zeigt auf der Vorderseite das in letzter Zeit erneuerte Bild des „heiligen Abendmahls“. Der Altartisch hat eine von der Familie von Lucke geschenkte wertvolle Bekleidung. Der von der Familie Kunow sorgfältig aufbewahrte Abendmahlskelch trägt das von den Buchstaben A. P. und der Jahreszahl 1688 begleitete Wappen des durch jene Buchstaben angedeuteten Stifters Abraham von Pieverling. Auf dem 1., 3. und 5. Vorsprünge des Kelchknaufes stehen die Buchstaben IHS, die — wir verweisen auf das früher darüber Geschriebene — nichts anderes bedeuten wie Jesus. Am Fuße gibt uns die folgende Inschrift Kenntnis von der Erneuerung des Kelches: „Erneuert 1888 durch Rudolph und Agnes von Lucke“. Die Abendmahlskanne ist 1863 von E. Himburg geb. Bertram gestiftet.

An der Seite des Kirchenschiffes sind zwei gewaltige Fahnenstangen befestigt, die durch die Länge der Zeit leider des Fahnentuches beraubt sind. Aehnliche Fahnenstangen sind auch in dem Kirchlein von Eickerhöfe bei Geest-Gottberg aufgehoben. Diese Fahnen beschreibt uns ein Flugblatt vom 5. Juni 1675: „In der Altmark ist auch das ganze Volk auf und in Waffen. Die Bauern sind in gewisse Kompagnien geteilt und haben Fahnen verfertigen lassen. Die Stange ist schwarz angestrichen, die Fahne an sich selbst ist von guter, fester weißer Leinewand, in der Mitte ist ein roter Adler, in dessen Klauen das Szepter, um den Adler ein grüner Kranz, oben auf der Fahne F. W. und unten steht dieser Reim gemalt: Wir sind Bauern von geringem Gut und dienen unserm Gnädigsten Churfürsten und Herrn mit unserm Blut.“ Alles zieht sich nach der Elbe und wird daselbst ein Retranchement gemacht.“ In der „Osterburger Zeitung“ vom 17. Okt. 1925, Nr. 241, 2. Blatt, ist näheres darüber zu finden. Wie in der Gegend von Eickerhöfe sich die Bauern unter dem Befehl des Achaz Caspar Hans Edlen Herrn zu Pulitz zu einer Rotte zusammengefunden hatten, so hier bei Käcklitz die Bauern unter dem Befehl des Abraham von Pieverling. Der Zweck war bekanntlich, die Heimat gegen die von Osten gegen die Elbe vordringenden feindlichen Schweden zu schützen und die Schweden am Uebergang über die Elbe zu hindern, was auch gelang. Mit vollem Recht ist eine von den wenigen derartigen noch in der Altmark vorhandenen Fahnen in die Ruhmeshalle des preußischen Staates, in das Berliner Zeughaus, übergeführt worden.

Die aus dem Jahre 1760 stammenden, von dem Magdeburger Christian Gotthold Ziegener gegossenen Kirchenglocken tragen sinnige Inschriften, bereits die erste lautet: „Zu Gottes Ehren tönt mein Erz, drum bringt der Schall durchs Ohr ans Herz. Gedenk, o Mensch, an Deine Buß, dieweil ein jeder sterben muß.“ Die Glocken tragen die Allianzwappen ihrer Stifter und beider Namen Hans Christoph von Pieverling und Sophia Eleonora Henriette von Görne.