2. Alt-Käcklitz und Rosenhof.

Die beiden Güter Alt-Käcklitz und Rosenhof haben seit alten Zeiten zusammengehört. Die Familie von Pieverling hat sie jahrhundertelang in Besitz gehabt. Schon bei der Geschichte Wendemarks haben wir einiges über diese Familie gehört, über ihren Namen, über ihr erstes urkundliches Auftreten, über ihren Besitz nach dem Lehnbrief von 1598 und über ihr Wappen, aber wir müssen diese Angaben hier in der Geschichte von Käcklitz und Rosenhof notwendig ergänzen. Rüdiger von Vivlinge oder von Piulingen befand sich 1204 und 1212 bei dem Grafen von Arneburg und dem nachherigen Markgrafen Albrecht II., Kuno von Pywelingen aber 1227 bei den Markgrafen Johann und Otto zu Stendal. Ohne Zweifel hatten diese Personen von dem in Stendaler Kreise unweit Arneburg gelegenen Dorfe Peulingen, welches in Urkunden des 14. Jahrhunderts „Puwelinge“ heißt, den Namen, den ihre Nachkommen in Piewerling verändert haben. Auf einem aus späterer Zeit stammenden Grabstein lesen wir sogar „Bieberling“. Ein Zweig der Familie hatte in Stendal seinen Wohnsitz; fünfmal erscheint der Name in den Schoßregistern dieser Stadt. Ein Heinrich Peuling ist 1475 Ratmann. Bei dem Aufstande wegen der Bierziese im Jahre 1488 verließ die Familie die Stadt. Schon 1375 gehörte ihr in ihrem Stammsitze nichts mehr, dagegen finden wir sie in einem anderen Zweige schon früh in Käcklitz angesessen. Wenn in einer Urkunde vom Jahre 1321, in welcher ein Schutzbündnis zwischen den in der Vogtei Arneburg angesessenen Mannen und der Stadt Werben abgeschlossen wird, auch ein Rüdiger von Peulingen erwähnt wird, so liegt die Vermutung nahe, schon diesen Rüdiger auf Käcklitz angesessen zu suchen. Jedenfalls aber begegnen wir bald nachher dem Vater und Sohn gleichen Vornamens Herwig von Pywerlinge im Besitz von Käcklitz, denn im Jahre 1373 belehnt der Markgraf Otto den Herwig von P. mit seinem Hofe in „Kukelitz“, wie ihn sein Vater Herwig inne gehabt; derselbe Markgraf verzichtete auch auf den Roßdienst, den er auf jenem Hofe gehabt. Im Folgenden nennen wir hier einige hervorragende Mitglieder des Geschlechts, vor allem Hermann „Piwerlingh“, Dottor der geistl. Rechte, Domherr und Cellerarius zu Halberstadt um 1461, Kaplan des Kardinals Paul Fregoso 1479, Vizedominus von Magdeburg 1485 Mai 21., Bruder in dem Hospiz S. Maria dell’Anima in Rom. Die Bruderschaft nannte sich Confraternitas beatae Mariae de Anima. Ihr Mitglied konnte man durch Zahlung einer gewissen Summe, gewöhnlich einer Goldmünze, zum Besten des Hospitals werden. Mancher Deutsche, der nach Rom kam, hielt es für eine Ehrenpflicht, sich in die Reihen der Brüder von S. Anima aufnehmen und seinen Namen in das Confraternitätsbuch eintragen zu lassen, galt es doch auch für einen besonderen Vorzug, wenn ein dort verstorbener Deutscher in der Kirche von S. Anima seine Grabstätte fand. Hermann P. starb 1498.

Aus der gleichen Zeit hören wir von Claus P. zum Rosenhof und Hans P. zu Käcklitz, von Margarethe und Ode von P., Klosterjungfrauen von Arendsee.

Aus dem 16. Jahrhundert nennen wir Christoph als Inhaber des Lehns Simonis et Judae bei der Marienkirche zu Stendal (1541), Claus und Christoph, Vettern von P., zu Rosenhof und Käcklitz, als Kollatoren des geistlichen Lehns S. Jacobi zu Arneburg, ferner Katharina P. (1547) als Unterpriorin des Katharinenklosters zu Stendal, endlich Hans und Georg von P. (1573) zu Rosenhof und Lorenz zu Käcklitz, die mit einem Pferde dem Lehnsaufgebot des Kurfürsten folgen mußten. Von den letzten Mitgliedern seien noch zwei genannt: Abraham Heinrich (Friedrich) und Hans Christoph. In Lange, Soldaten Friedrichs des Großen, S. 295, lesen wir über den ersteren: „von Pieverling, Abraham Heinrich, 1757 Major, 2. Comp. von Nr. 26, 2. Comp. von Nr. 39, bei Hohenfriedberg verwundet, 1760 zum Kommandeur des Regiments Nr. 12 ernannt, starb er bereits 1761 zu Landshut.“ Ueber den letzteren heißt es im 4. Bande des Jahrbuches Sachsen und Anhalt, S. 196: „Hans Christoph von Pieverling auf Rosenhof, geb. 18. 4. 1714, Leutnant a. D., überzähliger Landrat 22. 1. 1743, Landrat des Stendaler Kreises 29. 12. 1751, auf sein Gesuch entlassen 29. 4. 1761, gestorben 1785. Er muß einen gleichnamigen Sohn gehabt haben, Kapitän a. D. auf Rosenhof, 1786 Landrat des 1. Magdeburger Holzkreises und 1799 Direktor der posenschen Regierung, 1806 gestorben als Letzter des altmärkischen Stammes. In Bayern lebt noch ein Zweig der Familie.

Wenn auch schon oben das Siegel der Familie beschrieben ist, so muß hier doch noch einiges darüber gesagt werden. Prof. Dr. Kupka-Stendal schreibt über das älteste bekannte Siegel a. a. O.: „Das 2. Siegel zeigt das Wappen eines von Pieverling. Sein Schild enthält einen schrägrechten Balken, auf dem zwei sternähnliche Figuren zu sehen sind, eine dritte ist verwischt. Die Umschrift lautet S. Rudengbert de Pivelinge, also Siegel Rüdigers von Peulingen, wobei noch zu bemerken ist, daß der Stecher die Plätze der zwei nebeneinander stehenden Buchstaben d und g vertauscht hat. Aber auch dieses Geschlecht hatte sein angestammtes Wappen verändert.“ Ein Siegel des genannten Doktors der geistlichen Rechte Hermann P. an einer Urkunde vom Jahre 1461 ist nur ein Helmsiegel und zeigt den Helm mit einem Pfauenschwanz besteckt, der unten von zwei schräggestellten Lilien beseitet ist. Ein Siegel von 1501 mit einem schrägrechts geteilten Schilde und je einer Lilie in jeder Feldung hat den Helmschmuck wie den zuvor beschriebenen, nur daß in der Mitte ein oben mit Pfauenfedern besteckter Spickel steht. Anders ist wieder der Helmschmuck auf einer Darstellung in einem älteren Wappenbuch, da hier zwei gekreuzte Lilienstäbe durch eine Krone gesteckt sind, während der von blau und weiß quergeteilte Schild oben und unten eine Lilie in verwechselten Tinkturen enthält. Genau so ist das Wappen formiert, dessen sich Hans Christoph von P. 1741 bedient. Während der Schild auf den älteren Wappen schrägrechts geteilt ist, finden wir ihn seit dem Anfang des 17. Jahrh. quergeteilt. „Auch aus diesem kurzen Wappenbericht geht hervor, daß die Wappen selbst uradeliger Familien entgegen der allgemeinen Annahme durchaus keine unveränderlichen Größen sind.“

Die auch im Wappen derer von Pieverling verwandte heraldische Lilie ist jene herrliche ornamentale Figur, die von uraltem Ursprunge stets zu Wappenbildern im Schilde und auf dem Helm gebraucht wurde. In der Heraldik diente sie entweder als einzelnes oder einziges Schildzeichen oder auch in der Dreizahl oder als Verzierung der Spitzen von Szeptern oder zur „Bestreuung“ von Feldern, in denen das Hauptwappenzeichen stand, oder zur Verzierung der Spitzen von Büffelhörnern auf dem Helm. So war die „Lilie“ im Mittelalter in der Heraldik vorzugsweise beliebt. Wir treffen sie auch in dem Schilde der altmärkischen Familie von Düsedow.

Zu der Familiengeschichte derer von Pieverling möchte ich im folgenden noch einige kurze Bemerkungen hinzufügen: Es ist auch hier in den „Beiträgen“ bezeugt worden, daß die Familie von P. zwar in der Altmark 1806 ausgestorben, aber in Bayern fortgeführt ist. Zu meiner Freude bin ich durch Pfarrer Koch in Krusemark auf ein Glied dieses bayerischen Zweiges der Familie hingewiesen, nämlich auf Carl von Pieverling, Pfarrer i. R. in Riedenburg, Oberpfalz, Bayern. Es ist doch hocherfreulich, daß dieser Herr ein sehr lebhaftes Interesse für seine altmärkischen Ahnen hat und die für ihn erinnerungsreichen altmärkischen Stätten selbst aufgesucht hat. Zu dem oben angeführten Wechsel des angestammten Wappens (vgl. das Siegel an der Urkunde von 1321) schreibt er: „Die Schildform kommt daher, daß die adligen Herren nicht überall ihre Siegel mit hatten und dann entweder mit dem Daumen oder Dolchgriffrücken siegelten. Auf einem Siegel unter den fünfen (nämlich an jener Urkunde von 1321) sind die Daumenlinien ganz deutlich festzustellen, bei anderen ist ohne Einwand das Dolchrückensiegel (Knauf) zu konstatieren. Mein Ururgroßvater siegelte mit dem Knauf, auf dem sein Wappen angebracht war.“ Auch Rüdiger von P. siegelte 1321 mit dem Dolchrücken; auf diesem war aber nicht sein Wappen angebracht, sondern der schrägrechte Balken mit den sternähnlichen Figuren. Von einer Wappenänderung kann danach nicht die Rede sein.

In der 1. Auflage dieser „Beiträge“, im 1. Teil S. 248, war von dem Besitz derer von der Schulenburg in Käcklitz die Rede; es ist aber da ein anderes Käcklitz gemeint, nämlich das im Kreise Salzwedel gelegene Dorf, das kirchlich zu Beetzendorf gehört, jetzt 136 Einwohner, Kirche und Schule hat. In diesem letzteren waren und sind noch heute die von der Schulenburg Patrone der Kirche. Auf dieses Kaeklitz weisen die in den betreffenden Urkunden vorkommenden Ortsnamen Beetzendorf, Dambeck bei Salzwedel hin. Von einem freien Schulzenhof in unserem Käcklitz, von einem Kemnitz-Erbe, von Ruscheboms Hof, Holz und Acker ist sonst nirgends die Rede.

Nach dem Aussterben derer von Pieverling im Jahre 1806 folgte auch hier die Familie von Gansauge im Besitz; Dr. Böhme nennt uns als Geschwister von Gansauge Wilhelm Leopold Albrecht, Marie Auguste, Hermann Friedrich Karl und Bernhardine Caroline.

W. D., Tangermünde, schreibt a. a. D. zum Jahre 1812 unter dem Titel „Altmärkische Wischegüter unter dem Hammer“: „Das Gut Kirch-Käcklitz war mit Rosenhof für 2100 Taler jährlich an den Amtmann Lange verpachtet. Es besaß ein Wohnhaus samt den erforderlichen Wirtschaftsgebäuden und drei Tagelöhnerhäuser. Dazu gehörten 53 Wispel Aussaat Ackerland, das separiert in drei Feldern bewirtschaftet wurde, Weizen-, Roggenland. Außerdem gehörten dazu 2 Nachtweiden von 1 Scheffel Aussaat, 50—60 Morgen Wiesen, 30—36 Morgen Elbbuschwerder mit sehr starken Eichen, wovon jedoch 500 Stück als Wahleichen verkauft waren, und 20 Morgen junge Eichen von 20 bis 30 Jahren. An Diensten und Abgaben gehörten zum Gute 21 Scheffel Weizen, 1 Wispel 12 Scheffel Roggen, 12 Scheffel Gerste, drei Dienst-Tage in der Ernte und 78 Pachthühner. Zur Bewirtschaftung beider Güter waren vorhanden 22 Pferde, 33 Ochsen mit dem erforderlichen Geschirr, 2 Bullen, 13 Jungtiere, 660 Schafe, 33 Schweine, 3 beschlagene und 4 Blockwagen, 6 Pflüge, 12 eiserne Eggen, 1 Walze.“ Und über das Gut Rosenhof in der Gemeinde Schwarzholz heißt es an derselben Stelle:

„Das Gut Rosenhof besaß zwei einstöckige Wohnhäuser, ein Brau- und Brennhaus, 2 massive Scheunen von 150 Fuß Länge und 41 Fuß Breite. Neben dem Hof lag ein Lustgarten von 5 Morgen und ein Küchengarten von 7 Morgen. Zum Gute gehörte der Fährkrug an der Sandauer Fährstelle, bestehend aus einem zweistöckigen Wohnhaus und Scheune, 2 Pferdeställen, Kuh- und Holzstall, einem Garten von Morgen und 4 Scheffel Aussaat Ackerland. Dazu gehörte ferner ein Tagelöhnerhaus, das mit dem Fährkrug an den Gastwirt Schulze für eine jährliche Pacht von 200 Taler verpachtet war.“ Wir wollen dem Verfasser dieses Artikels in „Die Altmärkische Heimat“, dem Herrn W. D., für diese eingehenden wirtschaftlichen Nachrichten danken. Aus der Zwangsversteigerung im Jahre 1812 erstand die Familie Himburg den Rosenhof. Dr. Böhme nennt uns a. a. O. die folgenden Mitglieder dieser Familie als Besitzer: Amtmann Johann Friedrich Himburg sen. (bis 1854), Johann Friedrich H. jun. (bis 1888), Rittergutsbesitzer Louis H. zu Hohengöhren und Reinhold H. zu Schricke (bis 1890), Amtsrichter Himburg, Osterburg (bis 1898), Rittergutsbesitzer Louis H. und Amtsrichter Ernst H. (bis 1905), Amtsgerichtsrat Ernst H. (bis 1911) und Rittergutsbesitzer Ernst Himburg jun.

Steinbart schreibt in seinem oft angeführten Werk „Ueber die Altmark“ (1800): „Rosenhof hat eine vortreffliche Lage und zeichnet sich durch die Obstbaum-Alleen, die an der breiten Heerstraße angelegt sind, sehr vorteilhaft aus.“ Die Breite der an diesen Dörfern und Gütern vorüberführenden Heerstraße in dieser jetzt stillen, wenig belebten Gegend ist mir immer aufgefallen; jedenfalls ist aber früher hier an dem gewaltigen Elbstrom entlang ein reger Handelsverkehr gewesen. Oft mögen auch die Herrscher mit ihren reisigen Mannen diese Heerstraße auf ihren Wegen von Werben nach dem festen Arneburg benutzt haben.