Die Besitzer des Rittergutes.

Die Nachfolger der von Neukirchen im Besitz des Neukirchener Rittergutes waren die von der Schulenburg. Aus den Kirchenvisitations-Abschieden haben wir 1541 Achim, 1551 Werner, 1581 Joachim und 1600 Reichard von der Schulenburg kennen gelernt. Sie gehörten zum alten märkischen, ursprünglichen Uradel und waren weitverzweigt. Es existieren sieben verschiedene Grafendiplome und 17 gräfliche Speziallinien, welche alle unter die zwei Hauptlinien, die weiße und die schwarze, summieren. Das Stammwappen enthält bekanntlich drei rote Adlerfänge (sogen. Greifenklauen) im weißen Schilde. Infolge Erbschaftsteilungen und sonstiger Lasten konnten sie das Gut Neukirchen nicht halten, darum verpfändete Reinhard das Rittergut an Joachim Steinbrecher, der dann auch Inhaber desselben wurde. Von seiner kirchlichen Wirksamkeit und Wohltätigkeit war schon oben die Rede; er stammte aus einer berühmten Berliner Familie, von der wir wenigstens etwas hier berichten möchten, wenn es auch streng genommen nicht hierher gehört. Seidels Bildersammlung enthält ein Bild und ein Lebensbild des 1523 geborenen und 1591 verstorbenen Lehnssekretarius Joachim Steinbrecher. Die Aufnahme des Berliner Gymnasiums zum Grauen Kloster ist ihm unter anderen Beförderern zuzuschreiben; er verehrte dazu aus seinen Mitteln 1000 Tlr., ließ er einigen Schulherren Häuser und Wohnungen bauen und schoß zur Erbauung eines Chors für die studierende Jugend in der Berliner Marienkirche Gelder vor. In den Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte, Band VI, 1. Teil, S. 57, heißt es von ihm: Er erscheint als ein tüchtiger, mit organisatorischem Geschick ausgerüsteter Beamter, dem es in einer über ein Menschenalter dauernden Berufstätigkeit gelungen ist, die Lehnskanzlei aus kleinen Anfängen zu einer wohlgeordneten Behörde zu entwickeln. Allerdings hatte er auch selbst seine Rechnung dabei gefunden, da er zu einem sehr wohlhabenden Manne dabei geworden war ... Er hinterließ einen Sohn, den Kammergerichtsrat Mag. Joachim Steinbrecher, dessen eine Tochter Rosina später den Landrentmeister Berchelmann heiratete. Eine Tochter Katharina aus dieser Ehe vermählte sich dann 1631 mit Martin Weise, dem späteren Leibarzt des Großen Kurfürsten. — Daß dieser Kammergerichtsrat aber wirklich, wie hier behauptet wird, ein Sohn des Lehnsecretarius gleichen Namens gewesen ist, wird doch durch eine von Seidel a. a. O. wiedergegebene Inschrift in Frage gestellt, welche 1685 in dem ehemaligen Steinbrecherschen Hause in der Berliner Klosterstraße an einem höheren Gesims durch den genannten Martin Weise entdeckt wurde. Nachdem Seidel gesagt: „Außer diesem (nämlich dem Lehnsecretarius) ist auch einer gleichen Namens bekannt“, gibt er die folgende Inschrift wieder: „Im Jahre nach Christi Geburt 1593 Freitags nach Visitationis Mariae, habe ich M. Joachim Steinbrecher, Kurf. Brand. Hof-Kammer-Gerichts- u. Amtskammerrat, auch Assessor des Geistlichen Consistorii zu Cölln a. d. Spree, diese drei Thüren und vier Gemächer bauen lassen. Gott gebe, daß sie meine Hertzallerliebsten Kinder besitzen mögen in Ehre und Gesundheit und helfe mir um seines Sohnes Verdienste willen zu sich. Der Alte wird wohl vielleicht vergessen seyn. Non minor est virtus, quam quaerere parta tueri“ („Nicht geringer ist die Tagund, Besitz zu hüten, als ihn zu erwerben“). Der Lehnsecretarius war 1591 im Alter von 75 Jahren, der Kammergerichtsrat nennt sich 1593 in der Inschrift „einen Alten, der wohl vielleicht vergessen sein wird“, der kundige Seidel hätte letzteren, wenn er des ersteren Sohn gewesen wäre, sicher als solchen und nicht „als einen gleichen Namens bezeichnet, der außer dem Lehnssecretarius auch bekannt sei".

Joachim Steinbrecher, der Kurfürstlich Brandenburgischer Altmärkischer Deichhauptmann, auf Neukirchen und Lichterfelde erbsessen, fundierte, wie oben schon gesagt würde, 1619 als Patron der Kirche zu Neukirchen dem damaligen Pfarrer Johann Miriccio und seinen Nachfolgern 400 Tlr. Hauptsumme, damit sie ihr Gehalt durch Ankauf von Kornpächten verbessern könnten; bei dieser schriftlichen Fundation wird Joachim Steinbrecher ausdrücklich als Sohn des verstorbenen Herrn Joachim Steinbrechers, Brandenburg. Hof- und Kammergerichts- und Konsistorialrats, auf Neukirchen und Lichterfelde erbsessen, bezeichnet. Sicherlich hatte der Sohn von seinem Vater, dem Kammergerichtsrat und Konsistorialrat, die amtliche Gewissenhaftigkeit und die kirchliche Opferwilligkeit, die wir an ihm kennen gelernt haben, geerbt. Wohl hatte er von seinem Schwager, dem Landrentmeister Berchelmann, in den Jahren 1613 bis 1623 an 2150 Tlr. geliehen; wenn er trotzdem jene kirchlichen Stiftungen verwirklichte, so muß es ihm damals wirtschaftlich noch ganz gut ergangen sein. Die wirtschaftliche Not begann erst mit dem 30jährigen Kriege, der 1626 schrecklich über die Altmark hereinbrach.

In der altehrwürdigen Marienkirche in Berlin befinden sich die Grabsteine des Lehnssecretarius Joachim Steinbrecher, der seiner zweiten Frau Elisabeth Keller, die am 4. September 1599 gestorben war, und der des am 12. April 1598 verstorbenen M. Georg Steinbrecher, seines Alters im 37. Jahre. Auf dem Grabstein des Georg St. befindet sich das Wappen der Familie, das eine aufgerichtete Eichel zwischen zwei Blättern zeigt. Unser Neukirchener Joachim Steinbrecher wurde 1619 als „Deichhauptmann" genannt. Daraus geht hervor, daß er sich um das schwierige Deichwesen schon Verdienste und bei seinen Mit-Deichpflichtigen Anerkennung erworben hatte; sonst hätte man ihm wohl nicht das verantwortungsvolle Amt anvertraut. Diese Ernennung fiel in dasselbe Jahr, wie die Aufbesserung des Pfarrgehaltes und die Stiftung des Stipendiums, — sollte etwa ein innerer Zusammenhang bestanden haben? Aus Schl. Chron. erfahren wir, daß der Deichhauptmann J. St. das Gut bis 1629 verwaltete, dann aber seinem Sohn Joachim überließ, der es nach derselben Quelle trotz der schweren Kriegszeit bis 1661 behielt.