1. Neu-Goldbeck.

Das Gut, das nicht weit vom linksseitigen Elbdeich, gegenüber der Havelmündung liegt, etwa 3 Klm. nordwestlich von Werben, hieß früher der Seehof, heißt seit 1777 Neu-Goldbeck nach dem neuen Besitzer, dem Geheimen Rat Heinrich Julius von Goldbeck. Infolge seiner Lage hat dieses Gut öfter unter Elbüberschwemmungen schwer leiden müssen. Nach Beckmanns Märkischer Historie brach 1613 die Elbe bei dem Seehof aus, im Jahre 1646 brachen die Wendemarker Deiche von neuem aus. In der furchtbaren Not des Dreißigjährigen Krieges verfielen die Elbdeiche immer mehr und mehr. Die angrenzenden Ortschaften litten nicht nur unter den verheerenden Wogen des Krieges, sondern auch unter denen des Elbstromes. Als endlich der furchtbare Krieg sein Ende gefunden, glich unsere Gegend einer Wüste: Die Dörfer entvölkert, die Gebäude zerfallen, die Felder verödet, die schützenden Deiche verwahrlost. Da fanden sich in unserer Gegend Bürger der nahe gelegenen Stadt Werben, welche die verödeten Güter umsonst oder für geringes Kaufgeld übernahmen, um die Gebäude wieder herzustellen, Vieh anzuschaffen, die Felder wieder zu bestellen, kurz, die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen. Der Wiederhersteller des Seehofes war der Werbener Lorenz Gleim, der Urgroßvater des Johann Wilhelm Ludwig Gleim in Halberstadt, des Dichters, der durch seine Grenadierlieder zur Zeit des Alten Fritz besonders bekannt geworden ist. In den Jahren 1660 bis 1692 wird der Hof gewöhnlich „Gleimens Hof“ genannt, aber schon 1695 finden wir ihn unter dem Namen „Marpurgshof“.

1672 vermählte sich der Seehäuser Johannes Marpurg im Alter von 31 Jahren mit Emerentia, der Tochter des Werbener Bürgermeisters Laurentius Gleim. Aus dieser Ehe stammte als jüngstes Kind der am 6.1.1688 geborene Friedrich Wilhelm Marpurg, der Landsaß auf dem Seehof. Er starb am 17. Januar 1731 an der Schwindsucht. Er war zuerst seit 1715 mit Margarete Krusemark aus Perleberg vermählt; die Ehe dauerte nur ganz kurze Zeit; schon im folgenden Jahre ging er eine zweite Ehe ein und zwar mit Maria Magdalena, der Tochter des wohlverdienten Werbener Bürgermeisters und Einnehmers Johann Christian Hupe. Am 21. November 1718 wurde ihnen auf dem Seehofe ihr ältester Sohn geboren, Friedrich Wilhelm Marpurg, von dem wir unten noch weiter berichten müssen. Nach dem Tode des Vaters 1731 ging der Hof in den Besitz seines Schwagers Gottlieb Dölln über, der in einer Werbener Taufeintragung vom Jahre 1733 als „Herr Dölln auf dem gewesenen Marpurgshofe“ genannt wird. Auf ihn folgte nach seinem Ende 1751 sein Sohn Johann Christian Gottlieb Dölln, der mit Anna Elisabeth Holtzhausen vermählt war; er wird später als Leutnant bezeichnet. Als der Hof am 5. September 1776 in freiwilliger Subhastation versteigert wurde, wurde er dem Geh. Rat Heinrich Julius Goldbeck für 7310 Taler zugeschlagen. Schon im folgenden Jahre verpachtete der neue Besitzer das Gut an Karl Wilhelm von Scherer, gewesenen Leutnant unter des Generalmajors von Manstein Kürassier-Regiment, behielt sich aber einige Rechte vor für den Fall, daß er auf seinem Gute zu Besuch weilen wollte. In der Urkunde vom 19. Juni 1777, durch welche der Pächter das Inventar übernahm, hieß das Gut noch „Seehof Wendemark“, in dem unter dem 18. Dezember desselben Jahres ausgefertigten Vertrage, in welchem sich der Pächter mit der Witwe Dahmsen, seiner Nachbarin, über eine Grenzregulierung einigte, wurde das Gut „Neu-Goldbeck“ genannt. Mit dem Ankauf dieses Gutes kehrte die Familie Goldbeck in ihre altmärkische Heimat zurück, in der sie in Werben, Stendal und Seehausen hervorragende Stellungen inne gehabt hatte. Nähere Nachrichten über diese Familie finden sich in den „Stendaler Beiträgen“, Band IV, S. 221—225. Heinrich Julius G., der am 2. 8. 1735 in Stendal geboren war, brachte es zu hohen Ehren. Er vermählte sich 1765 mit Henriette, Schwester des Königl. Preußischen Oberfinanzrates und späteren Generalpostdirektors Johann Friedrich von Seegebarth. Er wurde schließlich Königl. Preuß. Justizminister und Chef der Justiz sämtlicher preußischer Staaten, Großkanzler, Ritter des Schwarzen Adlerordens H. I. von Goldbeck. In dem altmärkischen Museum befindet sich ein kleines Bildnis dieses bedeutenden Mannes. Er starb in Berlin am 10. 6. 1818. In der Kirche des 20 Klm nordöstlich von Berlin gelegenen Dorfes Blumberg befindet sich ein von Schadow hergestelltes Epitaph zum Andenken an ihn und seine 1816 verstorbene Gemahlin mit den Reliefporträts beider in weißem Marmor. Noch bei Lebzeiten des Großkanzlers ging das Gut in den Besitz der noch heute dort ansässigen Familie Giesecke über.