Die Gilden.
Wie schon oben bemerkt wurde, haben wir aus diesem Zeitraum nur noch den Gildebrief der Lakenmacher. Von den anderen Gewerkschaftsgilden können wir eben nur sagen, dass sie an ihrer Spitze zwei Gildemeister und zwei Ratsmitglieder als „Beisitzer" hatten. Umso lieber nehmen wir nähere Kenntnis von jenem aus dem Jahre 1569 stammenden Gildebrief der Lakenmacher. Nach demselben konnte nur ein Bürger die Gilde gewinnen. Wollte ein Auswärtiger eintreten, so musste er sich mit den Gildebrüdern wegen der „Füllerei" vertragen, die Gilde in den drei Morgensprachen, die in Zwischenräumen von je 14 Tagen aufeinander folgten, suchen, der Gilde jedesmal 16 Pfennig geben, in der letzten Morgensprache seinen und seiner Frau Geburtsbrief vorlegen und 2 stendalsche Mark entrichten, ferner beweisen, dass er sein Lehrjahr bei einem ordentlichen Meister gehalten, und bei der Wahl der Gildemeister 2 Tonnen Bier geben. Es hatte also für einen Auswärtigen sehr viele Schwierigkeiten, die Gilde zu gewinnen. Halb so hoch dagegen waren die Kosten der Aufnahme für denjenigen, der eines Meisters Witwe oder Tochter heiratete. Verehelichte sich der Sohn eines Meisters mit der Tochter eines solchen, so hatte er alles frei und wurde schon bei der ersten Morgensprache aufgenommen.
Über die Beschaffenheit der Gewebe waren ganz genaue Vorschriften gegeben. Schon äußerlich sollte ihre Qualität sichtbar sein, darum sollten die Gildemeister sie prüfen, an die gröbsten ein, an die mittleren zwei, an die besten drei und an die „Twiffeler" vier Zeichen hängen. Wer ein Laken unbesichtigt verkaufte, bezahlte jedesmal 1 Gulden Strafe. Von jedem Laken kamen 3 Pfennig in die Lade, die Füllerei davon zu bessern.
Der Meister, der einen Lehrjungen aufnahm, musste denselben nach vier Wochen der Gilde vorstellen; der Lehrjunge musste dann eine Tonne Bier und einen Schinken zum Besten geben und die Tonne Bier auftragen. Jeder Lehrjunge sollte zwei Jahre lernen. Kaufte sich der Lehrjunge eher aus, so musste der Meister, falls er innerhalb der zwei Jahre einen anderen Lehrburschen annahm, 1 Gulden in die Lade geben. War der Lehrjunge der Sohn eines Gildemitgliedes, so waren die Gebräuche der Aufnahme dieselben, nur genügte bei einem solchen eine halbe Tonne Bier. Auch wenn der Lehrjunge weglief und der Meister innerhalb der zwei Jahre einen anderen Lehrjungen annahm, so musste er eine, resp. eine halbe Tonne Bier geben. Der jüngste Lehrjunge musste der Gilde aufwarten.
Bei Begräbnissen eines Gildemitgliedes sollten alle nachfolgen und eine halbe Tonne Bier aus des Verstorbenen Hause empfangen.
Bei Streitigkeiten zahlte der schuldige Teil 3 Schilling Strafe.
Die beiden Gildemeister, die alle Jahre neu gewählt wurden, mussten auf dem Rathaus einen Eid ablegen, dass sie die Laken fleißig besichtigen, versiegeln und mit richtigen Zeichen versehen wollten. Für jedes Zeichen empfingen sie 1 Pfennig zu Blei.
Im Jahre 1604 wurde bestimmt, dass, wer außer der Gilde geboren, drei Tonnen Bier, wer eines Meisters Witwe oder Tochter ehelichte, eineinhalb Tonne Bier geben musste. So wenig wir auch die Bestimmungen über die vielen und großen Bierspenden in diesem Gildebrief loben können, anerkennen müssen wir es doch, dass nur solche aufgenommen wurden, die wirklich das Handwerk verstanden, dass die Laken genau nach ihrer Beschaffenheit ausgezeichnet wurden, und dass das Gefühl der Zusammengehörigkeit geweckt und wach gehalten wurde. Der etwas engherzige Geist jener damaligen Gilden zeigte sich hier in den strengen Aufnahmebedingungen für Auswärtige. Gewiss aber waren diese Gilden ein großer Segen.