Das Hospital St. Gertrud.
Mit der Einführung der Reformation hörte das Hospital St. Gertrud keineswegs auf zu existieren. Wohl aber wurde nun das Einkommen des Kommendisten frei, weil keine Messe mehr in der Hospitalkapelle gelesen wurde. Die Visitatoren bestimmten 1542, dass von dem Einkommen des Hospitals 5 Mark dem Schulmeister gegeben, 3 Pfund zu einer Memorie und zwei Spenden den Armen gestiftet werden sollten. Vom Rest sollte das Hospital gebaut, die Kranken und Armen darin mit Kosten und Speise versorgt und die Dienstboten erhalten werden. Pfarrer und Kaplan sollten jede Woche mindestens zweimal abwechselnd die armen Leute im Hospital besuchen, aus Gottes Wort trösten und das heilige Abendmahl reichen. Dafür sollten die Vorsteher des Hospitals jährlich 20 Gulden zur Unterhaltung des Pfarrers und Kaplans in den Gotteskasten legen. Eine spätere Abmachung scheint später abgeändert worden zu sein. Im Jahre 1591 hören wir, dass nach dem Weggang des Sakristen Johannes Woldenhagen, der 4 Gulden jährlich vom Hospital bekommen hatte, dem Kaplan Johannes Barth 8 Gulden jährlich dafür bewilligt wurden, dass er die Armen mit Gottes Wort und heiligen Sakramenten wohl versorgte.
An der Spitze des Hauswesens stand der Gastmeister nebst seinem Eheweib. Während er des Hospitals Bestes in allen Sachen wahrnehmen, mit der ihm gereichten Speise rechtlich umgehen und das Molkenwerk in fleißige und gute Acht nehmen sollte, war es die Aufgabe der Frau, einzukaufen, zu kochen, alles Nötige zu verschließen und darauf zu achten, dass kein Unterschleif geschah. Anderen war das Vieh wohl zu warten befohlen, anderen in der Ernte fleißig zu helfen und auch sonst etwa umlaufende Bettler auszutreiben. Aller Bewohner Pflicht aber war es, Gott dem Allmächtigen dafür zu danken, dass er gutherzige Leute erweckt hatte, die solches Hospital gestiftet hatten, für den Wohlstand der ganzen Stadt treulich und fleißig Gott anzurufen und zu bitten, sich alles Friedens zu befleißigen, auch Hader und Zank gänzlich zu meiden und zu fliehen. Sollten unvorhergesehene Mängel oder Gebrechen „einfallen“, so sollten sie den Rat der Vorsteher einholen. Endlich wurden sie ermahnt, mit dem vorlieb zu nehmen, was Gott der Allmächtige beschert hatte, da man wegen des geringen Einkommens nicht stattliche Gerichte an Gebratenem auftragen lassen könnte. Übrigens kauften sich einzelne Personen in der Regel für 11 Mark, zwei Personen für 15 oder 16 Mark in das Hospital ein. Wurde auch noch 1542 ausdrücklich festgestellt, dass die Aufnahme nur mit Zustimmung des Komturs, auch die Hospitalrechnung nur in seiner Gegenwart erfolgen sollte, so scheint doch am Ende des Jahrhunderts nur noch der Rat das Patronatsrecht ausgeübt zu haben.
Um von den Vermögensverhältnissen des Hospitals ein ungefähres Bild zu bekommen, führen wir an, dass die Einnahme in den Jahren 1574 bis 1576 820 Gulden 17 Schilling 10 Pfennig, die Ausgabe 804 Gulden 6 Schilling 10 Pfennig; 1577 bis 1578 248 Gulden 14 Schilling 9 Pfennig; die Ausgabe 247 Gulden 12 Schilling 10 Pfennig; 1592 bis 1599 1233 Gulden 2 Schilling 2 Pfennig, die Ausgabe 1233 Gulden 13 Schilling 5 Pfennig betrug.
Als Vorsteher seien nur die folgenden genannt:
1546, Gert Könen und Claus Goldbeck; 1565 bis 1573, Caspar Caluc; 1574 bis 1579, B. Joachim Konow; 1579 bis 1584, B. Peter Konow; 1595, B. Kersten Kaulitz und Zacharias Koblank; 1600, Caspar Kratz und Gert Boldemann; 1611 bis 1615, Jacob Lüdeke und Georg Bertram.
Im Jahre 1595 wurde das Hospital bei einem Durchbruch der Elbe zerstört; Haus, Scheune, Ställe und Kirchhofmauer wurden von den wilden Fluten weggerissen. Man verlegte nun das Hospital in das von Johannes Woldenhagen erworbene, nahe bei der Kirche gelegene Haus. Die etwas höher als die übrigen Hospitalgebäude gelegene Kapelle wurde zwar damals von den Wasserfluten verschont, aber 1631 von den Schweden gänzlich zerstört. Wie lange das Hospital in der Stadt noch bestanden hat, wissen wir nicht. Die Hospitalrechnung wurde etwa seit der Mitte des 17. Jahrhunderts mit der Kirchenrechnung, wenn auch gesondert davon, geführt.