c. Viehverluste.
Eine wunderbare Geschichte ereignete sich in den Jahren 1605 bis 1617. Hunderte von Kühen starben ganz plötzlich, ohne dass man denselben irgend eine Krankheit angemerkt hatte. Endlich im Jahre 1617 klärte sich die Sache folgendermaßen auf: In geheimem Einverständnis mit den Werbener Hirten und mit dem Markmeister hatte der Seehäuser Scharfrichter Christoph Hermes dem Vieh die Haut am Hals zurückgezogen, darauf mit einem Pfriemen durch das Fleisch in die Brust gestochen und die Haut wieder zurückgehen lassen, so dass das Vieh in kurzer Zeit sterben musste. Fleisch, Talg und Haut des so gefallenen Viehs hatte er sich dann zu Nutze gemacht. Eine Bettlerfrau erbat und erhielt eines Tages von dem Kinde eines der Täter ein großes Stück Fleisch. Als die Frau einwendete, das Kind dürfte ihr wohl nicht so viel geben, antwortete letzteres, sie hätten dessen genug; wenn Vater und Knecht nach Hause kämen, so brächten sie allezeit mehr mit, welches sie alsdann einsalzten und aßen. Die Frau teilte diese Antwort dem Werbener Bürgermeister mit, der nun sofort die Leute gefänglich einziehen ließ, eine strenge Untersuchung anstellte und die Wahrheit an das Licht brachte. Nach jenem schon oben angezogenen Bericht wurde „der gottlose Scharfrichter mit seinem Sohn, der Knecht, der Markmeister, der Kuh- und Schweinehirte samt ihren Weibern und einem Teil ihrer Kinder teils mit dem Rade, teils mit dem Strang justifiziert". Den Bürgern war durch die Bösewichter ein Schaden von über 6000 Thaler zugefügt, der Stadt kostete der Prozess über 1000 Thaler.
Die Unglücksfälle am Ende des 16. und die Schlechtigkeit der Menschen am Anfang des 17. Jahrhunderts sollten nur die Vorboten noch viel größeren Leides und viel allgemeineren sittlichen Niederganges sein. Schon hörte man auch hier dumpfes Kriegsgetöse aus der Ferne herübertönen, schon sah man auch hier Wetterleuchten am politischen Horizont, schon spürte man auch hier die erdrückende politische Schwüle, die nahem Unwetter vorauszugehen pflegt. Bevor wir jedoch den furchtbaren Gewittersturm des dreißigjährigen Krieges schildern, wollen wir noch auf die Geschichte der Johanniter-Komturei Werben in dem geschilderten Zeitabschnitt zurückblicken.