Die Zeit des Kurfürsten Albrecht Achilles (1470 - 1486).

Im Jahre 1470 übergab Friedrich II. die Regierung der Mark, da sein einziger Sohn vor ihm gestorben war, seinem Bruder Albrecht, der, ein Muster mittelalterlicher Ritterlichkeit, von seinen Zeitgenossen den Beinamen des deutschen Achilles empfangen hat. Albrecht, der bisher in Franken oder am kaiserlichen Hof geweilt hatte, übernahm nur ungern die Regierung der Mark, mit deren rauheren Sitten sich der feingebildete Hofmann niemals recht befreunden konnte. Es dauerte bis gegen Ende 1471, ehe er dort erscheinen konnte; bis dahin hatte sein fünfzehnjähriger Sohn Johann unter dem Beistand erfahrener Räte die Staatsgeschäfte zu leiten. Am 2. November 1471 huldigte Berlin. Am 17. November ritt der Kurfürst nach langer Trennung wieder in die Burg Tangermünde ein, wo seine Wiege gestanden hatte, und nahm die Huldigung der Stadt entgegen. Am folgenden Tage huldigte Stendal, dann die anderen altmärkischen Städte. Bei diesen Huldigungen erregte nicht geringe Unzufriedenheit in den Städten, dass man für die kurfürstliche Bestätigung der bisherigen städtischen Rechte und Freiheiten eine hohe Geldsumme an die kurfürstliche Kanzlei entrichten sollte. Diese Unzufriedenheit wurde noch bedeutend gesteigert, als der Kurfürst auf dem Landtage zu Berlin am 6. Januar 1472 erklärte, dass sein verewigter Bruder Friedrich II. erhebliche Schulden hinterlassen habe, deren Deckung er von den Landständen begehre, da sie zum Besten des Landes gemacht seien. Überall fand der Kurfürst Widerstand, am meisten bei den altmärkischen Städten, unter denen sich auch in diesem Widerstande stets Werben befand. Endlich einigte man sich dahin, dass der Kurfürst 44.000, die Städte 50.000 und die übrigen Stände 30.000 Gulden aufbringen sollten. Als aber der Kurfürst seinen Anteil durch eine neue Steuer auf alle Waren, welche in Tonnen verfahren wurden, aufbringen wollte, wurde die Stimmung in den altmärkischen Städten höchst bedenklich. Der Kurfürst jedoch verließ am 10. März 1473 die Mark, nachdem er den Bischof von Lebus neben seinem Sohne zu deren Regenten eingesetzt hatte. Die böse Stimmung der altmärkischen Städte war auch ein Grund für den Markgrafen Johann, seine Residenz nicht, wie sein Vater wünschte, nach Tangermünde zu verlegen; dazu kam, dass ihm die Macht fehlte, der Ungebühr der Städte kräftig entgegenzutreten. Endlich wurde der Widerstand der Städte gebrochen. Für die Städte Stendal, Salzwedel, Gardelegen, Tangermünde, Seehausen, Osterburg, Werben und Arneburg betrug die zur Schuldentilgung aufzubringende Summe 13.642 ½ Gulden. Am 18. März 1477 wurde die Zahlung geleistet.

Die Sache selbst war damit aus der Welt geschafft, nicht die böse Stimmung. Man suchte jetzt wieder einen Rückhalt durch Städtebündnisse zu gewinnen. So schlossen die altmärkischen Städte mit Ausnahme von Gardelegen am 12. März 1478 zu Osterburg auf fünf Jahre ein Schutz- und Trutzbündnis, dessen Zweck uns die Worte verraten: "Würde eine von uns Städten durch Herren und Fürsten oder sonst jemand wider unsere Privilegien, Freiheiten, Gerechtigkeiten und alten Gewohnheiten und wider der Fürsten Konfirmation und Bestätigung mit Gewalt und ohne erkennlichen Grund befehdet oder überfallen, so wollen wir der befehdeten Stadt mit 100 Gewappneten, jeden auf drei Pferde gerechnet, zu Hilfe kommen." Wir sehen auch aus diesem Bündnis wieder, wie der Begriff eines einheitlichen Staatswesens damals noch weit hinter dem Gesichtskreise der Märker lag. Allgemeine Landesinteressen kannte man nicht. Jeder kümmerte sich nur um das, was ihn persönlich anging. Was kümmerte es den Altmärker, wenn die Neumark oder Uckermark mit Krieg bedroht ward? Zwar regierte dort derselbe Markgraf; aber konnte sich das nicht schon morgen ändern? Und lag es nicht im städtischen Archiv schwarz auf weiß, dass man sich an einen anderen Herrn wenden konnte, wenn der eine die Privilegien nicht bestätigte? Diese Selbstsucht der einzelnen Glieder des Volkes musste beseitigt werden, wenn es dem ganzen Volke wohlgehen sollte. Und nebensächlich war es, dass dabei der einzelne leiden musste. Albrecht Achilles kehrte sich denn auch nicht an die Proteste, welche auf Privilegien dieser Art beruhten. Als die Mark von den Pommern bedroht wurde, erhöhte er allmählich die Anzahl der von sämtlichen Städten der Altmark aufzubringenden Mannschaften auf 3.200. Dass es dabei nicht ganz ohne Gewalt abgegangen, lässt sich denken. Endlich wurden auch die Städte zur Tilgung der durch diesen Krieg neu entstandenen Schulden genötigt. Kurfürst Albrecht aber verließ 1479 für immer die Mark.

Es kann nicht befremden, dass bei dieser Lage der inneren Verhältnisse wieder eine große Verwilderung und Unsicherheit im Lande herrschte. Die Bürger mussten immer gegen Straßenräuber auf der Hut sein. Als es den Werbenern im Jahre 1475 gelungen war, drei Straßenräuber, darunter Asmus von Schierstedt, gefangen zu nehmen, verweigerte der Markgraf Johann die Auslieferung derselben an den Herzog Ernst von Sachsen, wohin sie eigentlich gehörten, um diese zu Berlin selbst richten zu lassen. Auch die beiden Dietrich von Quisow, der Ältere und der Jüngere, in Quisöbel scheinen sich Übergriffe auf Werbener Gebiet gestattet zu haben; indessen sprach der Hauptmann der Altmark Wilhelm von Pappenheim am 5. Dezember 1480 der Stadt Werben das streitige Gebiet, den Kolpin, zu und bestimmte aufs Neue die Grenzen desselben. Endlich erfahren wir 1481 von der Ausschreibung eines päpstlichen Ablasses, dessen Ertrag zur Bekämpfung der Türken, namentlich zur Verteidigung der Insel Rhodos, verwandt werden sollte. Auch in der Altmark sind damals Gelder zu diesem Zwecke beigesteuert worden, wie denn z. B. die Komturei Werben in dem genannten Jahre 98 rheinische Goldgulden beigetragen hat.[25]

Fußnoten

[25] Riedel, Codex diplomaticus, 1. Hauptteil, 6. Band, S. 70.