d) Der Rat der Stadt.

In dieser ganzen Zeit finden wir in der Regel zwei Bürgermeister und nur zwei Ratsverwandte an der Spitze der Stadt; hin und wieder wurde nur ein Bürgermeister gewählt. Die Wahlen verliefen in dieser kriegerischen Zeit nicht immer glatt. Schon 1626 bis 1628 war ein Streit zwischen dem B. Michael Zernikow und den anderen Ratspersonen ausgebrochen. Als ersterer die Ratsmitglieder in seiner Eigenschaft als Ziesemeister mahnte, das neue Biergeld zu zahlen und der Polizeiverordnung vom Jahre 1610 nachzuleben, wurde er von dem Rat so „ehrenverletzlich" angegriffen, dass er in zwei Jahren nicht auf das Rathaus kam und sich seiner Wiederwahl im Jahre 1628 mit Erfolg widersetzte.

Im Jahre 1644 zogen sich die Bürger einen ernsten Verweis zu, weil sie aus Abneigung gegen die Ratsmitglieder zum guten Teil das Rathaus verlassen hatten, ehe der feierliche Akt der Ratsversetzung beendet war.

Was aber bedeuteten alle diese Differenzen gegenüber dem großen Streit, in welchen die ganze Bürgerschaft mit dem B. Joachim Friße geriet! Dieser Bürgermeister nahm eine ähnliche herrschende Stellung ein, wie einst B. Kersten Kauliß. Seit 1622 gehörte er dem Rat an, seit 1626 war er Bürgermeister, später auch Kaiserlicher Notar. Zunächst hatte er Streit mit dem Komtur Burchard von Goldacker. Als dessen Gemahlin nebst dem Kindlein, das sie geboren, im Jahre 1635 gestorben und in der Kirche vor dem Hochaltar beigesetzt waren, wurden die Leichen auf Betreiben des B. Joachim Friße wieder herausgenommen und an einer anderen Stelle der Kirche beigesetzt. Auf heftige Klage des Komturs erhielten die Leichen die erste Stelle wieder, B. Friße aber wurde zu hoher Geldstrafe verurteilt. Sodann geriet er in Differenzen mit den Geistlichen und Kirchenvorstehern, weil er als „Patron, Ober- und Untervorsteher, Gläubiger der Kirche und Rechnungsführer" die Herrschaft allzu sehr an sich gerissen und niemals dem Rat Rechnung gelegt hatte. Weiter stand er mit seinem Kollegen Konrad Bertram auf schlechtem Fuß, denn er schalt ihn eine „Fackel und Posaune alles Zwiespaltes". Der Streit nahm mit der Zeit an Breite und Höhe immer mehr zu. Dem Kurfürsten blieb endlich nichts anderes übrig, als ihn etliche Jahre vom Amt zu entheben. Als nun der Kurfürst ihn am Anfang des Jahres 1657 doch wieder in sein Amt einsetzen wollte, nachdem er geschworen, sich aller Beleidigungen bei 500 Thaler unnachlässiger fiskalischer Strafe zu enthalten, erhob sich in der ganzen Stadt ein gewaltiger Entrüstungssturm. Der Rat machte vier, die Bürgerschaft gar dreizehn Beschwerdepunkte bei dem Kurfürsten geltend. Ja, ersterer verstieg sich sogar zu dem Ausruf: „Sollte wohl endlich nicht Totschlag und Mord oder die gänzliche Verlassung dieser Stadt daraus erfolgen, wenn eine ganze Stadt wider einen Menschen aus hochdringender und unumgänglicher Not so große Unkosten fast in vier Jahren sollte aufgewandt haben und sollte dennoch endlich succumbieren müssen, welches doch Ew. Kurfürstliche Durchlaucht als ein rechter Landesvater durchaus nicht verstanden noch nachgeben werden." Allen Streitigkeiten machte der Tod dieses Bürgermeisters noch im Jahre 1657 ein Ende. Am 30. März 1657 erkrankte er ernstlich, am 3. Juli verlor er seine Lebensgefährtin, am 13. Juli starb er selbst und fand in der Kirche neben seiner Frau seine letzte Ruhestätte. Er hinterließ drei Söhne, Heinrich, Joachim und Arnold Franz, sowie einen Schwiegersohn, Hilarius Kraß. Wir können nicht entscheiden, auf welcher Seite das Recht gewesen, aber das können wir sehen, dass die Stadt durch solchen Streit völlig an den Rand des Verderbens kam.

Noch einmal kam ein ähnlicher Streit vor. Im Jahre 1677 wurde B. Joachim Stoffregen nicht bestätigt, weil schwere Klagen gegen ihn eingebracht waren. Die eingeleitete Untersuchung fiel auch hier zu Gunsten des Angeklagten aus, denn 1678 und 1680 finden wir ihn wieder unter den Bürgermeistern der Stadt.

Unter den Ratsfamilien nahm in dieser Zeit die der Bertram die erste Stelle ein, seit 1581 entsandte sie Mitglieder in den Rat der Stadt: Joachim Bertram I., Joachim Bertram II., Georg Bertram, Felix Bertram, Konrad Bertram und Joachim Bertram III. haben längere oder kürzere Zeit dem Rat angehört.

Gegen Ende des Jahrhunderts wurde es immer mehr Sitte, sich um eine Ratsstelle förmlich bei dem Kurfürsten zu bewerben. Wie oben, so führen wir auch hier wieder kurz die Namen der jeweiligen beiden Bürgermeister an, so weit sie zu ermitteln waren:

1632 Georg Bertram, Peter Buls, Franz Friße; 1635 Georg Bertram und Peter Buls; 1636 Joachim Fritze; 1638 derselbe; 1642 Peter Buls und Konrad Bertram; 1644 Konrad Bertram und Johann Schmied; 1645 Joachim Fritze und Peter Buls; 1653 Konrad Bertram und Georg Molzahn; 1657 Joachim Friße und Lorenz Gleim jun.; 1658 Konrad Bertram und Lorenz Gleim sen.; 1659 Christian Kemrich und Lorenz Gleim jun.; 1660, 1662, 1664 und 1666 wie 1658; 1661 Christian Kemrich und Kaspar Keibel, ebenso 1663, 1665, 1667 und 1671; 1670 Konrad Bertram und Jakob Schönhausen; 1672 Konrad Bertram und Joachim Stoffregen, ebenso 1675, 1679; 1673 Christian Kemrich und Joachim Stoffregen; 1674 Joachim Stoffregen und Konrad Bertram, ebenso 1678; 1677 Joachim Kemrich; 1681 Konrad Bertram und Joachim Kemrich; 1683 Konrad Bertram; 1685 Joachim Bertram; 1686 Konrad Bertram und Erasmus Ulrici; 1689 Joachim Bertram und Erasmus Ulrici; 1693 Erasmus Ulrici und Joachim Bertram; 1696 Joachim Jordan, Erasmus Ulrici, Joachim Bertram.