Die Verwaltung der Stadt.
Die gesamte Verwaltung der Stadt lag, wie in dem vorigen Zeitabschnitt, so in diesem, in den Händen des Rates, der ursprünglich aus zwölf Mitgliedern bestand. Wenn ein Verwaltungsjahr zu Ende ging, so wählten die abtretenden Ratmänner zwölf andere für das nächste Verwaltungsjahr. Gewöhnlich wurden vier, mitunter auch fünf oder sechs der bisherigen Ratmänner wieder gewählt; doch war es üblich, dass niemand länger als zwei Jahre hintereinander Ratmann blieb, obwohl viele häufig diese Würde bekleidet haben. Die Wahl fand auf dem Rathaus altem Herkommen gemäß am 2. Januar, der Amtsantritt am Montag nach der „Bekehrung Pauli" statt. Einer landesherrlichen Bestätigung bedurften damals die Wahlen nicht. Die Ratmänner waren nicht streng von den Schöppen geschieden; das Schöppen- und das Ratskollegium scheinen in dieser Zeit vielfach gleichbedeutend gewesen zu sein, wenigstens werden im Jahre 1342 und 1352 Schöppen und Ratmänner zusammen als Zeugen bei der Überlassung von Grundstücken und Einkünften an Stadt und Kirche genannt. Die Zuziehung angesehener Bürger zu wichtigen Ratsverhandlungen regelte sich allmählich dahin, dass man die abgetretenen Ratmänner dazu lud. Im Jahre 1313 werden uns die Konsuln Jakob von Pasewalk, Heinrich Clemens und Boldewin, Heinrich von Wendemark, Volpert von Schnakenburg und Ludolf Druckesker genannt; im Jahre 1342 lernen wir die folgenden Ratmänner und Schöppen kennen: Folprecht Brandenburg, Johann Steffen, Liman Hungher, Peter van dem Sande, Heine Witte, Johann Betekens, Coneke Buch, Tideke Bekerex, Johann van Teen, Merten Bodeker, Hans Bake, Hans Kemerer; aus dem Jahre 1352 nennen wir folgende Ratmänner und Schöppen: Olde Wichart, Hans Beteke, Gise Becker, Tile Bok, Koppe Bake, Heine Crass, Heine Grad, Gise Scheninges, Arnd van Iden, Otto Berndes, Matthias Molner und Marquard Schoneweder.
Die Ratmänner hatten die Markt- und Baupolizei, die Aufsicht über die öffentlichen Brunnen, über die städtische Forst und die außerhalb der Stadt belegenen Gärten. Vor dem Rat erfolgten Akte der freiwilligen Gerichtsbarkeit, Veräußerungen und sonstige Übertragungen von Bürgergut, was man damals „Gift“ nannte. Dergleichen Verhandlungen wurden in dem Stadtbuch verzeichnet, welches dadurch zugleich als Hypothekenbuch diente. Außerdem hatten die Ratmänner das Bürgerrecht zu verleihen, die Statuten für die Handwerker-Innungen zu bestätigen und zu überwachen, die Stadtkasse zu verwalten, die landesherrlichen Abgaben aufzubringen und an die markgräfliche Kasse abzuführen, die Hospitäler der Stadt zu beaufsichtigen, Patronatsrecht über einige Altäre in der Stadtkirche auszuüben, für die städtischen Befestigungswerke und die städtische Kriegsmacht, für Rüstkammer und Marstall zu sorgen. Ein Ratmann war also schon damals ein einflussreicher und angesehener Mann, umso mehr, als die Städte in der Verwaltung ihrer Angelegenheiten durchaus selbständig waren. Dass diese Stellung bald das höchste Ziel bürgerlichen Ehrgeizes wurde, war natürlich, waren doch auch die Ratmänner frei von allen Abgaben.
Neben den Schöppen und Ratmännern war der Stadtschreiber die bedeutendste Person in der städtischen Verwaltung. Er musste „sich in des Rates und der Stadt Geschäften gern gebrauchen lassen und mit des Rates Siegel getreulich handeln“. Außer diesen städtischen Beamten nennen wir noch den Markmeister, die Stadtknechte, die Reitknechte, den Feldhüter, den Holzvogt, den Bierzapfer und Bierspünder. Der Markmeister musste Zoll- und Wagegeld verwalten, das Rathaus auf- und zuschließen, das Feuer wohl verwahren und Briefe des Rates besorgen. Die Stadtknechte hatten die Tore der Stadt zu bewachen, auf- und zuzuschließen und die Gefangenen zu bewachen. Den städtischen Reitknechten lag es ob, die Ratspferde treulich zu warten und mit dem Hafer treulich zu handeln. In damaliger Zeit nämlich hielt jede Stadt, weil es öffentliche Verkehrsmittel noch nicht gab, für die Dienstreisen der städtischen Beamten, für die Reisen der Landesherren und andere öffentliche Zwecke selbst Pferde und Wagen. (Des Rates „Bullerwagen" heißt es in einem Aktstück der Stadt Werben.) Der Bierspünder hatte eine Bierprobe in den Brauereien in Empfang zu nehmen, zu kosten und den dazu verordneten Ratmännern zum Kosten zu übergeben, aber erst nachher den Namen des Brauers zu nennen. Den Verkauf des Bieres von Rates wegen bewirkte dann im städtischen Ratskeller der Bierzapfer.