Das Lagerbuch vom Jahre 1743.
Den Zweck einer besseren Ordnung in der städtischen Verwaltung verfolgte der Befehl vom 3. Dezember 1743 zur Anlage von Lagerbüchern. Solche sind aus Werben von den Jahren 1713 und 1744 vorhanden. Sie führen mit großer Genauigkeit allen beweglichen und unbeweglichen Besitz, sowie alle Rechte und Freiheiten, nicht ohne sie geschichtlich zu begründen, auf. Da der Inhalt für die Stadt von großer Bedeutung ist, führen wir denselben so kurz wie möglich an. Die beigesetzten Preise verstehen sich vom Jahre 1743.
Titel I. Beständige Gefälle: 1. Hausrente 4 Thaler 9 Groschen 9 Pfennig.
2. Kanon von vier Stücken Acker im bergischen Felde 2 Thaler. 3. Pfefferpacht von den Windmühlen, jedes Pfund Pfeffer zu 8 Groschen gerechnet, 1 Thaler 16 Groschen.
Titel II. Unbeständige Gefälle: a) von den Gewerken und Gilden, und zwar von den ankommenden Meistern, durchschnittlich 3 Thaler im Jahr; b) an Gartenzinsen und Stadtgraben 19 Thaler 6 Groschen 10 Pfennig durchschnittlich; c) an Städtegeld auf den Jahrmärkten 7 Thaler; die Einheimischen sind davon frei, die Auswärtigen geben je nach den Waren 6 Pfennig, 1 Groschen bis 2 Groschen; d) an Hausmiete von den Ratsbuden 18 Thaler; zwei Ratsbuden unter dem Rathause wurden von den Ratsdienern bewohnt, zwei andere Buden ebendort, sowie zwei Buden an der Stadtmauer waren verpachtet, eine dritte Bude an dieser Mauer war verfallen, vier andere Ratsbuden an derselben wurden von den damaligen Bewohnern aufgebaut und frei bewohnt, fielen aber nach deren Tode wieder an die Kämmerei; e) an Alt-Biergeld aus der Ziese 6 Thaler 9 Groschen 4 Pfennig; die Kämmerei hatte das Recht, von jedem Sack Malz zu acht Scheffel 4 Pfennig zu erheben; f) insgemein, Miete für das Strohmagazin der Garnison auf dem Rathause 4 Thaler.[104]
Titel III. Gerichtsgefälle: 1. Bürgermahl 12 Thaler; der Magistrat hat von einem Bürgersohn 1 Thaler und von einem Fremden 1 Thaler 12 Groschen zu erheben. Wer in der Stadt wohnte und das Bürgerrecht nicht gewann, musste Schutzgeld geben.
2. Abschoss von Erbschaften 7 Groschen 6 Pfennig.
3. Strafgefälle 3 Thaler 12 Groschen.
Titel IV. Zeitpacht: 1. Von Dörfern, Vorwerken und deren Zubehör: nichts.
2. Acker: a) die Ratskämpe 50 Thaler; sie ist der Kämmerei von der gemeinen Stadtweide abgetreten; b) eine Wurth Landes vor dem räbelschen Tore 28 Thaler 12 Groschen; sie hat die Stadt gegen einen Weg vor der Komturei eingetauscht (vergleiche Dokument vom 9. August 1593); c) Tiergarten 24 Thaler; er ist gleichfalls von der gemeinen Stadtweide der Kämmerei abgetreten; d) ein Stück Acker im räbelschen Felde 8 Thaler 12 Groschen; diesen Acker hatte der Rat nach dem dreißigjährigen Kriege wegen schuldiger Schüsse von dem Bürger Heinrich Krass eingezogen.
3. Von den Wiesen: a) der hohe Morgen vor dem Hainholz 6 Thaler 20 Groschen; b) die Ratsschanze eben dort 1 Thaler; c) das Viertel auf der Sure 4 Thaler; d) eine Wiese an dem großen Suregraben 12 Thaler 8 Groschen; e) die kleine Ratswiese auf der Sure 6 Thaler; f) eine Wiese bei den sogenannten neun Stücken 12 Thaler 12 Groschen; g) die Schütten-Krull-Wiese auf der Wiese 24 Thaler 12 Groschen; h) eine Wiese auf der Sure nach der nissowschen Grenze 11 Thaler 18 Groschen. Die Wiese g kaufte der Rat am Tage Mariae Magdalenae 1570 von Hans Schütten-Krull, einem Magdeburger Bürger. Die anderen Wiesen wurden der Stadt, wie wir oben gesehen, im Jahr 1225 geschenkt. Wegen der Hütungs-Gerechtigkeit auf diesen Wiesen hatte die Stadt viele Prozesse mit dem adligen Haus zu Quitzöbel, mit dem Dorf Quitzöbel und mit dem Dorf Nitzow.
4. Von dem Ratskeller 27 Thaler 12 Groschen; es durfte in demselben Wein und fremdes Bier ausgeschenkt werden.
Titel V. Pacht von den Schiffmühlen: der Rat hatte von den im Elbstrom belegenen zwei Schiffmühlen neun Scheffel Metkorn zu erheben, oder 4 Thaler 12 Groschen.
Titel VI. Pacht von der Fischerei: Der Rat besitzt die Fischerei in der Elbe und Havel, so weit sich das Anland der Stadt auf beiden Seiten beider Ströme erstreckt, laut Privilegien aus den Jahren 1226, 1351, 1365, 1463 und 1610. Die jährliche Pacht betrug 36 Thaler 12 Groschen. Über die Grenzen der Fischerei sind zu allen Zeiten viele Streitigkeiten gewesen. Damals bestimmte man die Grenze folgendermaßen: diesseits der Elbe reichte sie von dem Werbener Schlage oder von der Werbener Feldmark bei Lüdecke in Räbel, dem ersten Hofe dort, bis an Döllens Hof in Wendemark (jetzt Neu-Goldbeck); jenseits der Elbe von dem sogenannten Dahlschen Felde und Komptors Höft an, welches neben dem in der Elbe belegenen Schartaus Werder überliegt, zwischen dem Eichwerder und Dorf Nissow entlang, bis zum Ende des Katerbusches, der an Krügers Werder stößt. Oberhalb grenzte die Fischerei an die des Amtes Tangermünde, unterhalb an die des adligen Hauses zu Quitzöbel. In der Havel-Fischerei, so weit der Stadt Gestade reicht, wurde die Stadt durch Sentenz vom 14. Januar 1724 geschützt.
Am 2. November 1702 erging von dem Botting-Gericht ein Bescheid dahin, dass die Bürgerschaft bei der Fischerei in den Elb-Haken, durch welche der Elbstrom nicht von einem Ende zum anderen durchgeht, zu schützen wäre.
Titel VII. Zoll, Wage- und Fährgeld: Der Rat besaß seit 1541 den sogenannten Deichsel-Zoll, der von einem beladenen, mit vier Pferden bespannten Wagen 1 Groschen, von 1 Wispel Korn inkl. Pferde 1 Groschen, von einem Pferd oder einer Kuh, die zum Markt gebracht wurde, 3 Pfennig, von einem Achtel-Packen Kramware 3 Pfennig, von einem Schwein, Kalb, Hammel 1 Pfennig betrug. Die Einheimischen waren davon frei. Der Zoll brachte 35 Thaler.
Im Jahr 1736 wurde die Ratswage angelegt, deren jährlicher Ertrag auf 3 Thaler geschätzt wurde.
Die Fährgerechtigkeit hatte die Stadt seit 1226; sie brachte an jährlicher Pacht 59 Thaler 2 Groschen. Die Fähre brachte in früheren Zeiten an 200 Gulden jährlich ein. Niemand durfte zwischen Werben und Wittenberge eine Fähre anlegen oder zollbare Sachen übersetzen. Nach dem Bescheid vom Jahr 1496 ist das Dorf Quitzöbel verpflichtet, das Anland zu geben, wo es die Fährleute am besten finden, wogegen die Quitzöbeler die "freie Fähre zu genießen haben".
Titel VIII. Forst und Mast: Der Stadt gehörte ein kleines Eichholz, der Eichwerder und das Hainholz, worin etwa ein Schop Schweine fett gemacht werden konnten. Rat und Stadt hatten an der Holzung gemeinsames Recht. Die Mastung und Grasung war an die Bürgerschaft für 25 Thaler verpachtet. In dem Eichwerder wohnte ein Hirt, der im Sommer das Vieh darin hütete. Der Verkauf von Holz brachte im Jahr 1743 an 33 Thaler 3 Groschen 6 Pfennig. In dem Hainholz hatte das Dorf Nissow zu offenen Zeiten, wenn keine Mast vorhanden war, das Hütungsrecht.
Die Stadt besaß noch eine Holzung in der Prignitz, mit Namen Kolpin, von welcher ein Bürger, wenn alle 20 Jahre diese Bake gehauen wurde, 2 bis 4 Fuder bekam. Die Mithut in dieser Elslake hatten die benachbarten Dörfer Rodahn, Glöwen und das Vorwerk Buchholz. Wegen des an diese Lake stoßenden Luches hat die Stadt viel Streit mit dem Dorf Rodahn und mit dem Feldmarschall von Grumbkow gehabt. Bei der Separation des Kolpins 1774 fielen der Stadt 260 Morgen zu. Diese wurden laut Kaufkontrakt vom 4. Mai 1776 an die Gemeinde Rodahn für 2000 Thaler verkauft, für welche Summe der Wegenersche Acker, nahe bei der Stadt, westwärts gelegen, gekauft wurde.
Titel IX. Jagden. Die Jagdgerechtigkeit gehörte dem Rat seit 1496; sie brachte aber 1743 nichts ein.
Titel X. Das Patronatsrecht hatte, wie wir oben gesehen, der Rat seit 1542.
Titel XI. Hohe und Niedere Gerichte. Die Hohen und Niederen Gerichte besaß die Stadt ebenso wie das Erbrecht für unehelich Geborene seit 1449.
Kurfürst Friedrich Wilhelm bestimmte am 18. April 1659, dass jeder Appellierende im Falle des Unterliegens 4 stendalsche Mark oder 5 Thaler 10 Groschen an den Rat der Stadt erlegen sollte.
Von dem 1568 verliehenen Recht, in geschlossenen Zeiten 150 Wispel Getreide verschiffen zu dürfen, war schon oben die Rede, ebenso von dem den Städten Werben, Seehausen und Osterburg 1556 erteilten Privilegium, in geschlossenen Zeiten, d. h. von Bartholomäi bis Lichtmess, zu handeln oder Korn einzukaufen, desgleichen von dem Gesetz aus dem Jahr 1570, wonach nur solche, die das Bürgerrecht erworben, Ländereien und Wiesen auf hiesiger Feldmark an sich bringen konnten.
An Gerichten und Urbeden musste die Stadt alljährlich 50 Thaler 19 Groschen 2 Pfennig an die Königliche Hofrentei zahlen. Das Bot- und Lodding-Gericht, „welches zuletzt nur darauf ausging, den armen Leuten den Beutel zu leeren", wurde endlich am 30. Juni 1747 aufgehoben.
Titel XII. Nomina activa. 1. Das Stipendium des Nicolaus Schultze, von dem oben geredet ist, und 2. 15 Thaler von dem Bot- und Lodding-Gerichte an Inquisitionskosten.
Titel XIII. Nomina passiva. Im Jahr 1620 hatte die Stadt eine Einnahme von 4132 Gulden; infolge des Dreißigjährigen Krieges stiegen die Schulden im Jahr 1698 auf 5752 Thaler 2 Groschen, welche die Stadt nicht bezahlen konnte.
Titel XIV. Gebäude, Stadtmauern und Steindämme. Das Rathaus bestand damals aus zwei Giebelgebäuden; es war so schlecht, dass „man bei nassem Wetter nicht trocken, auch bei starkem Wind nicht ohne Lebensgefahr darin sitzen kann". Der Ratskeller bestand aus zwei Stuben und einem Keller zu Wein und Bier. Das eine Giebelgebäude des Rathauses diente als Strohmagazin für die Garnison. Stadtmauern und Steindämme waren in sehr schlechtem Zustand.[105][106]
Titel XV. Verzeichnis der auf dem Rathaus vorhandenen Mobilien.
Zum Schluss folgt in dem Lagerbuch ein Verzeichnis derjenigen Stücke, welche der Rat einst besessen, später aber veräußert hat.
1. Das Gut Berge erkaufte der Rat am 31. Mai 1619 aus dem Konkurs von den Goldbeschen Gläubigern für 5225 Gulden 20 Schilling 6 Pfennig. Als aber der Rat infolge des Krieges in immer größere Schulden geriet, die Einkünfte des Gutes immer mehr ausblieben, musste er das Gut wieder an den General Christoph von Kannenberg verkaufen; das geschah im Jahr 1663 für 2000 Gulden oder 1500 Thaler. Im Jahr 1743 war kein Beschluss des Rates, keine Zustimmung der Behörde, kein ordentlicher Kontrakt über den Verkauf des Gutes an jenen Christoph von Kannenberg zu finden, so dass der Rat nicht wusste, ob von dem Käufer ein Groschen bezahlt war. In den Jahren 1740 und ff. wurde ein Prozess deshalb angestrengt, aber nicht glücklich für die Stadt durchgeführt, das Gut Berge blieb ihr verloren.
2. Die Möne, ein Acker von vier Wispel Aussaat, gehörte ebenfalls ursprünglich dem Rat. Laut Verschreibung vom Jahr 1616 nahm der Rat von dem Amtmann Striepe zu Arendsee ein Kapital von 400 Thaler zu 6% auf und verschrieb demselben die Möne als Unterpfand. Als der Gläubiger in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges keine Zinsen von dem Rat bekam, ließ er sich gerichtlich in den Besitz der Möne setzen. Dagegen erhob die Kirche zu Werben, die ein Kapital von 60 Mark stendalscher Währung zu 4 Mark Zinsen auf dem Acker stehen hatte, Widerspruch, ebenso die Erben des B. Peter Buls, welche ein Kapital von 100 Thaler nebst 126 Thaler restierende Zinsen forderten. Beide Parteien verglichen sich am 25. September 1667: Die Striepeschen Erben blieben im Besitz der Möne, verpflichteten sich, der Kirche die 60 Mark mit 4 Mark jährlich zu verzinsen, und zahlten der Kirche 60 Thaler an restierenden Zinsen, den Bulsischen Erben 163 Thaler an Kapital und Zinsen aus. Als der Kirche infolge des Becherschen Legates von den Drudenländereien 600 Thaler Kapital zufiel, erkaufte sie damit die Möne am 20. März 1668. Im Jahr 1743 erhielt die Kirche von der Möne 51 Thaler Pacht. Vergeblich hat der Rat versucht, wieder in den Besitz der Möne zu kommen.
3. Der Rat besaß bis zum Jahr 1631 auch die Ziegelei unmittelbar neben der Stadt. In dem Jahr 1631 wurde diese Ziegelei bei dem damaligen schwedischen Lager zerstört und eine Batterie daselbst aufgeworfen. Bis zum Jahr 1691 blieb die Stätte wüst. Da der Rat kein Geld zum Wiederaufbau hatte, errichteten die Ratsmitglieder B. Bertram, B. Ulrici, B. Jordan und Steffens die Ziegelei auf ihre Kosten. Der Kurfürst genehmigte den Wiederaufbau unter der Bedingung, dass es dem Rat freistehen sollte, die Ziegelei wieder in Besitz zu nehmen, wenn den Besitzern die aufgewandten Kosten bezahlt worden wären.
4. a) Drei Stücke Acker im räbelschen Felde; b) eine Wurth Landes vor dem Seehäuser Thor; c) zwei Stücke Acker im Seehäuser Felde gehörten ehemals Bürgern der Stadt, kamen aber an das Rathaus, als die Bürger in und nach dem Dreißigjährigen Krieg die schwere Kontribution nicht zahlen konnten, wurden aber später wieder veräußert.
5. Der Rat besaß endlich noch den sogenannten Klinkows Kiel, welchen zur Zeit des Lagerbuchs die Bertramschen Erben wiederkäuflich inne hatten.