Die Schulen.

Die Fortschritte auf dem Gebiete des preußischen Schulwesens brachten auch für die Werbener Schulverhältnisse in diesem 19. Jahrhundert mannigfache wichtige Veränderungen mit sich: Das erst gegen Ende des vorigen Jahrhunderts neu erbaute Mädchenschulhaus erwies sich bald als zu klein, die Zahl der Lehrer als zu gering. Im Jahre 1828 wurde daher jenes Schulhaus mit dem größeren, ebenfalls am Kirchhof gelegenen Haus des Ackermanns Schulz vertauscht, das in den folgenden Jahren zu einem Schulhaus umgebaut wurde. Wichtiger noch als diese Veränderung war die Vermehrung der Schulstellen. Bis zum Jahre 1828 besorgten der Rektor und der Konrektor den Unterricht der Knaben, der Oberkustos den der Mädchen. Im Jahre 1828 wurde ein Elementar- und vierter Lehrer angestellt, der den ersten Unterricht der Kinder beiderlei Geschlechts zu übernehmen hatte. Diese Stelle, zu welcher eine freie Wohnung im Schulhaus sowie ein Garten am Aland vor dem Seehäuser Tor gelegt wurde, trug damals 150 Thaler Gehalt, wozu laut Zustimmung der Behörden vom 19. Januar und 13. April 1830 aus der Kirchenkasse 75 Thaler bewilligt wurden. Als Äquivalent für diese Bewilligung aus der Kirchenkasse wurde verlangt, dass der Lehrer bei jeder gottesdienstlichen Versammlung der Gemeinde vom Anfang bis zum Schluss in der Kirche auf dem Orgelchor gegenwärtig sein und die übrigen Lehrer bei der Aufsicht über die Kinder und bei der Leitung des Gesangs und der Liturgie unterstützen, auch auf Ordnung, Ruhe und Andacht halten sollte.

Am 22. Juli 1852 beschlossen die städtischen Behörden die Begründung einer zweiten Elementar-Lehrerstelle. Die Verwirklichung dieses Beschlusses verzögerte sich noch bis zum 1. Juli 1853, da zur Beschaffung des Klassenlokals und der Lehrerwohnung noch Bauten in dem der Stadt und der Kirche gehörigen Haus nötig waren. Die neue Klasse sollte nach der Bestimmung des Superintendenten eine höhere Stufe der schon bestehenden Elementarklasse sein; die ihr anvertrauten Kinder - Knaben und Mädchen gemischt - sollten etwa das zu leisten haben, was damals die Unterabteilung der Mädchenschule und der zweiten Knabenklasse leisteten. Die Ostern 1853 aus der Elementarklasse versetzten Kinder und einige zwanzig vielleicht bis zum 1. Juli entsprechend geförderte Kinder sollten die neue Klasse bilden. Neben 20 Thaler Entschädigung für Heizung und Reinigung wurden dem Lehrer 150 Thaler Gehalt aus der Kämmereikasse und die freie Wohnung im Schulhaus oder 20 Thaler Mietentschädigung zugewiesen. Im Jahre 1861 wurden die Gehälter der beiden Elementarstellen vertauscht.

Schon am 12. Juli 1841 machte der Magistrat den Vorschlag, bei dem in Aussicht stehenden Tod des Oberkustos-Emeritus Lemme einen Teil des Gehaltes einzuziehen, eine zweite Klasse für die Mädchen zu fundieren und damit die Organistenstelle zu verbinden. Als daher im November 1842 die Organistenstelle durch den Tod des Kreisamtmanns Ebel erledigt war, wurde sie dem Sohne desselben, dem B. Ebel, nur unter der Bedingung übertragen, dass er dieselbe bei dem Tod des Emeritus Lemme abgäbe. In der folgenden Zeit herrschte langer Streit zwischen den Stadtverordneten, welche die neue Stelle mit der Organistenstelle verbinden wollten, und dem Magistrat, welchen selbst der angerufene Minister v. Raumer nicht zwingen konnte, gegen seinen Willen das Organistenamt mit einer Lehrerstelle zu verbinden. Erst der im Jahre 1860 erfolgende Tod des Emeritus Lemme beendete den Streit. Am 24. August 1860 wurde die Anstellung eines zweiten Mädchenlehrers und Organisten von den städtischen und kirchlichen Körperschaften beschlossen, am 8. Oktober desselben Jahres von der Regierung genehmigt. Der am 2. Mai 1861 gewählte und am 24. Juni desselben Jahres bestätigte Lehrer und Organist Karl Ernst Wilhelm Busse aus Klein-Nodensleben trat im Oktober 1861 sein hiesiges Amt an. So gab es nun sechs Lehrer in Werben, von denen die beiden Elementarlehrer Knaben und Mädchen zusammen, der Kantor und Rektor nur Knaben, der Organist und Oberkustos nur Mädchen unterrichteten. Diese Einrichtung wurde erst 1873 zur Zeit des Rektors Feuerherdt dahin abgeändert, dass die beiden Geschlechter auf den unteren vier Stufen gemeinsam und nur auf der obersten Stufe getrennt unterrichtet wurden. In dieser Gestalt besteht die Schule noch heute. Eine Handarbeitslehrerin gab es schon im Jahre 1833.

Die Rektoren waren in diesem Zeitraum die folgenden:

I. C. G. Samptleben aus Stendal (seit 1803); J. A. H. Weber (seit 1806), siehe oben; J. H. Friedrich Richter (seit 1813), siehe oben; Rudolf Dulon (seit 1831); Ferdinand Görnemann (seit 1837); Johann Heinrich Zippel (seit 1841); Genrich (seit 1849); Friedrich Wilhelm Ernst Schneider (seit 1853), siehe oben; Dr. Karl Hermann Haase (seit 1855), Herausgeber des Pfarralmanachs der Provinz Sachsen und einer Erklärung geistlicher Lieder; Gottlieb Werner Richard Pflanz (seit 1862); Karl Gustav Zimmer (seit 1863); F. Nömer (seit 1871); W. Feuerherdt (seit 1873); Emil Theodor Hermann Paproth (seit 1875), danach Pfarrer in Wendemark bei Werben, jetzt Pfarrer in Wollin, Kreis Jerichow 1; Dobisch (1878); Rohde (Ostern 1880 bis 1883); Tzschentke (bis Ostern 1886); Wilhelm Ulrich (bis 1891); Heinrich Schmidt (bis 1892), jetzt Pfarrer in Dallmin in der Prignitz, und Ernst Mrugowsky (seit dem 1. Oktober 1892).

Die Lokalschulinspektion übt der erste Werbener Geistliche, die Kreisschulinspektion der Superintendent aus. Für den Lektionsplan sind die „Allgemeinen Bestimmungen" vom 15. Oktober 1872 maßgebend. Schulfeiern finden am Sedantage und am Geburtstage des Kaisers in den einzelnen Klassen statt. Das Schützenfest der Kinder, welches in der Regel am Freitag in der Pfingstwoche in der Rosenhalle gefeiert wird, hat sich zu einem schönen Volksfest erweitert.