2. Die Werke der Holzschnitzkunst.

1. Die Kirche bewahrt in dem überaus großen, auf das prachtvollste geschnitzten, bemalten und vergoldeten Flügel-Hochaltar eine der bedeutendsten Leistungen auf dem Gebiete der Holzschnitzkunst in den Marken. Höchstwahrscheinlich wurde dieser Altar gleich nach Vollendung der Kirche, ungefähr 1470, aufgestellt. Unter der Aufsicht des Professors Adler restaurierte der Berliner Bildhauer Schweini 1868 den Altarschrein für den Preis von 1150 Thaler, während der Maler Hesse-Bukau bei Magdeburg die Rückseite erneuerte.

Der der Jungfrau Maria gewidmete Altarschrein zeigt in seinem unteren Teil von links nach rechts die Verkündigung der Maria, Besuch der Frauen, Geburt Jesu, Besuch der drei Weisen aus dem Morgenlande und Beschneidung im Tempel. In dem Mittelstück sehen wir die Krönung der Maria, daneben den Heiland der Welt, ringsherum Engel, unten Pharisäer, links und rechts, oben und unten Maria Magdalena und Margareta, Elisabeth und Lucia. Daneben, links oben, Paulus und Johannes der Täufer, links unten „Tod der Maria“, rechts oben Petrus und Bartholomäus, unten „Himmelfahrt der Maria". Im linken Seitenflügel oben Ursula, Adalbert, Maria Magdalena und Johannes der Evangelist, unten Matthias, Jakobus der Ältere, Jakobus der Jüngere und Andreas. Im rechten Seitenflügel oben Thaddäus, Thomas, Margareta und Stephanus, unten Philippus, Walpurgis, Nikolaus und Georg.

Die Rückseite ist mit wenig geschmackvollen Bildern aus Jesu Passion bemalt.

2. Oben über dem Marienaltar steht der Schrein des St. Johannesaltars. Er zeigt in seinem Mittelstück Gott Vater und Gott Sohn, links Maria, rechts Johannes den Täufer auf den Knien, oben Engel, welche Instrumente des Leidens Christi tragen, den Marterpfahl, die Lanze, das Kreuz, unten Stier und Löwe. Unter dem ganzen Mittelstück steht in lateinischer Sprache: „O Mutter Gottes, gedenke meiner! O du ehrenreiche heilige Dreifaltigkeit! O St. Johannes, Täufer, bete für uns!“ Im linken Seitenflügel oben Katharina, Anna mit den beiden Kindern, Barbara, unten Appollonia, Bischof Martin, Margareta. Im rechten Seitenflügel oben Paulus, Petrus und Andreas, unten Thomas, Bartholomäus und Matthias. Auf der Rückseite sind prächtige vergoldete Darstellungen und zwar links oben „die Gregorsmesse", unten „Christophorus mit dem Jesuskindlein“ und „Erasmus", rechts oben „Maria im Strahlenkranze“ und unten „der heilige Georg" und „die heilige Elisabeth".

3. Der in der jetzigen Taufkapelle stehende Altar ist schwer zu erklären, da den Hauptfiguren in dem Mittelstück die kennzeichnenden Attribute fehlen; es wäre möglich, dass der Schrein ehemals zum Ottilienaltar gehörte. Die Schnitzerei ist weniger kunstvoll als bei den anderen Altären. Auf der Rückseite der Flügel ist die „Verkündigung der Maria" dargestellt. Übrigens wurde dieses Altarbild ebenfalls 1868 von dem Bildhauer Schweini und dem Maler Rie restauriert und zwar zu dem Preise von 662,80 Mark. In dem Altar wurden damals von dem Bürgermeister Ebel Münzen im Werte von 1 Thaler 10 Groschen 8 Pfennig niedergelegt.

4. Gegenüber dem eben genannten Altar ist das Mittelstück des früheren St. Annenaltars angebracht, als dessen Schöpfer wir den Helmeke Borstel kennen gelernt. Die Gesichter der einzelnen Figuren sind geradezu meisterhaft geschnitzt. Das Ganze macht dem Künstler viel Ehre. Die Kirche kann dem Regierungsrat Dr. Osius-Magdeburg nicht dankbar genug sein, dass derselbe diesen Altarschrein vor dem völligen Verderben rettete, indem er ihn herrlich wiederherstellen ließ. In dem Mittelstück sehen wir St. Anna und Maria mit ihrem lieben Kinde Jesus auf dem Arme, zu den Seiten und im Hintergrunde die Familienangehörigen beider Frauen.

5. Die Chorstühle, die man bei der Restauration der Kirche an der nördlichen und südlichen Längsseite derselben aufgestellt hat, sind einfach gehalten. Über den Plätzen sind die Standfiguren der zwölf Apostel mit ihren Attributen angebracht; an dem einen Stuhl hat man das Bild des Heilandes, an dem anderen wahrscheinlich das der Maria hinzugefügt. Letzteres wurde in reformatorischer Zeit durch das Bild Dr. Martin Luthers ersetzt.

6. Über der Kanzel befand sich bis zur letzten Restauration der jetzt im Turmgewölbe aufbewahrte Schaldeckel, der, wie wir oben gesehen, im Jahre 1607 von dem Bildhauer Hans Hake, einem geborenen Werbener, hergestellt wurde. Leider ist er jetzt in dem dumpfen und dunklen Gewölbe völlig dem Verfall preisgegeben.