Das Stadtgericht.

Etwa um das Jahr 1200 wurde Werben, wie auch die anderen altmärkischen Städte, von der burggräflichen Gewalt befreit. Dadurch ging aber die höhere Gerichtsbarkeit keineswegs auf die Stadt über, sondern sie blieb markgräflich und wurde fortan durch den vom Markgrafen ernannten Stadtvogt versehen. Wir haben einen solchen Werbener Stadtvogt schon 1225 kennengelernt. Niemand außer dem Stadtrichter, der ein Vogt der Stadt genannt wird, sollte in den der Stadt verkauften Ländereien (Prinzlow und Sürewiesen) richterliche Gewalt üben. Diese Vögte standen außerhalb des Verbandes der Bürgerschaft, wohnten daher auch nicht in einem Haus der Stadt unter den Bürgern, sondern lebten auf Burgen, ihren Gütern oder an dem Hoflager der Fürsten, von wo sie sich nur dann in ihre Stadt begeben mussten, wenn der Ablauf der üblichen Gerichtsfristen es erforderte.

Schon aus dem Grunde, weil die Vögte vielfach von der Stadt fern waren, war neben denselben das Vorhandensein eines Schulzen als untergeordneten Richters notwendig. Ein solcher, stets unter der Bürgerschaft verweilender Richter war auch in Werben. Vor einem solchen Schulzen wurden z.B. in „gehegter Dingbank“ vor dem Räbeler Tore förmliche Übertragungen von Bauergütern vorgenommen, welche Handlungen die Gegenwart des obersten Richters nicht erforderten. Als in späterer Zeit die Schulzenstelle in Werben, vielleicht durch das Aussterben ihrer erblichen Inhaber, erledigt und von dem Markgrafen nicht wieder zu Lehen ausgetan war, wurde die niedere Gerichtsbarkeit der Stadt für eine bedeutende Summe verpfändet. Der Stadtrichter stand an der Spitze des Schöppenkollegiums, welches mindestens aus fünf Mitgliedern bestehen musste. Wenn eine Sache vorgebracht war, übertrug der Richter sie zunächst einem der versammelten Schöppen, welcher dieselbe überdachte, das Urteil fand und es den anderen vortrug, worauf es an den Richter zum Ausspruch gelangte.

Wurde in der früheren Zeit hier nach den Grundsätzen des in Sachsen und Nord-Thüringen üblichen ungeschriebenen Rechtes geurteilt, nach welchem auch die deutschen Gottesurteile sogar im öffentlichen Rechte stattfanden, wie denn z.B. im Jahre 1033 hier die Rechtfertigung der Wenden durch einen Zweikampf in Gegenwart beider Heere geführt wurde, so erhielt sich später das alte sächsische Recht vorzugsweise in allen Verwaltungsverhältnissen, das gemeine Recht dagegen in allem, was sich als vorübergehend und beweglich erwiesen.[11]

Fußnoten

[11] Cf. Riedel, „Die Mark Brandenburg um das Jahr 1250“.