Altarstiftungen in der Pfarrkirche.
Die Zahl der Altäre wuchs immer mehr und mehr; zur Zeit der kirchlichen Reformation sollen gegen zwanzig Nebenaltäre in der Pfarrkirche vorhanden gewesen sein. Leider sind uns bei weitem nicht alle Stiftungsurkunden erhalten. Auch von den kunstvoll geschnitzten Altarschreinen sind heute nur noch vier in der Kirche vorhanden. Wir fassen im Folgenden kurz zusammen, was wir über Altarstiftungen in Erfahrung bringen konnten:[42]
1. Der Marien-Altar. Am 17. März 1263 schenkten der Ritter Albert von Redichsdorf, seine Gemahlin Zacharia, ihre Söhne Albert, Bruning, der Presbyter Friedrich, Zabel, Hiverd und Gerhard, sowie ihre Töchter Kunigunde und Elisabet der Werbener Komturei ihren Besitz in Neukirchen, welcher eine jährliche Rente von 8 Wispel Getreide und 25 Schilling brachte; außerdem stifteten obengenannte Bruning und Friedrich von Nedichsdorf noch 15 Morgen Ackerland mit allen Einkünften und Gerechtigkeiten. Für diese Einkünfte sollte ein Priester mit der Aufgabe angestellt werden, an dem von ihnen gestifteten Marien-Altar beständig täglich eine Messe zum Seelenheil der Stifter zu halten. Als im Jahre 1271 ein Streit zwischen dem Werbener Komtur Ulrich von Welleberg und dem Ritter Bruning von Redichsdorf ausgebrochen war, entschied der Vogt in Werben mit Namen Heinrich nebst mehreren Rittern und Bürgern, dass Bruning von Redichsdorf, als der Inhaber des vorher von Hampo von Plaue innegehabten Hofes zu Neukirchen, ebenso wie alle seine Nachfolger jährlich einen Wispel Getreide an die Komturei Werben zu liefern verpflichtet sei.
Der herrliche Altarschrein, der heute noch die Kirche ziert, stammt erst aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts.
2. Der Katharinen-Altar. Im Jahre 1345 erkaufte der Rat der Stadt Werben 14 Wispel Hafergeld von den Ordensgütern zu Wolfswinkel und Neukirchen. Dafür sollte ein Priester an dem der heiligen Katharina geweihten Altar in der Pfarrkirche täglich zum Seelenheil der Bürger eine Messe halten. Für jede versäumte Messe wurde ein Scheffel Hafer als Strafe festgesetzt. Der Herrenmeister Hermann von Werberge genehmigte diesen Verkauf am 3. April 1345.
3. Der Marien-Magdalenen-Altar. Wir wissen bereits, dass derselbe im Jahre 1352 von dem Werbener Bürger Martin Bötcer gestiftet wurde. Hinzugefügt sei hier noch, dass Markgraf Ludwig dem Martin Bötcher den Hof in Neukirchen, den damals Arnold Wilde besaß, am 18. November 1351 mit der Bestimmung übereignete, dass er ihn zu kirchlichen Zwecken wendete; ferner, dass Ritter Ermbrecht von Mintorf am 11. November 1351 diesen Wildenhof zu Neukirchen resignierte; endlich, dass der Herrenmeister Balthasar von Schlieffen am 16. Juni 1437 das Patronat über diesen Altar von dem Rat der Stadt an den Komtur von Werben übertrug, aber ausdrücklich bestimmte, es sollten die Einkünfte des Altars unter den Konventsbrüdern, die täglich im Chore die „Horen" singen, verteilt werden.[43]
4. Der Altar der „heiligen Dreifaltigkeit" und des „heiligen Leichnams". Am 21. März 1422 genehmigte der damalige Herrenmeister Busso von Alvensleben, dass der Rat diesen Altar in der Pfarrkirche errichtete und mit 4 Mark stendalscher Währung jährlich begiftete. Der Priester des Altars, von dem ausdrücklich verlangt wurde, dass er in Werben wohnte, sollte täglich Messe halten, besonders aber am Donnerstage von dem „heiligen Leichnam" Frühmesse mit möglichst vielen Schülern. Im Falle längeren unerlaubten Fernseins stand dem Rat frei, den Priester bei dem Archidiakon zu verklagen und nötigenfalls seines Amtes zu entsetzen. Mit Zustimmung des Herrenmeisters Georg von Schlaberndorf errichtete der Rat der Stadt am 18. Oktober 1500 bei demselben Altar eine neue Kommende; er legte nämlich fünf Viertel Landes, welche in Behrendorf neben dem Heiligen-Leichnamshofe lagen, dazu, wovon der Priester jährlich auf Martini 3 Mark erhielt, und er legte ein Kapital von 80 Mark, die er von frommen Leuten empfangen, zinsbar für den Priester an. Am 2. Juni 1502 verkaufte der Rat von Werben eine Rente von 5 rheinischen Gulden an den Kyritzer Bürger Georg Badeker für 100 rheinische Goldgulden. Nach dem Tode des Georg Badeker sollte diese Rente an den jeweiligen Priester des Dreifaltigkeits- und heiligen Leichnams-Altars in der Werbener Pfarrkirche fallen, wofür dieser Priester jeden Dienstag eine Messe zur Ehre der heiligen Anna lesen sollte.
Wir wissen, dass an diesem Altar die geistlichen Bruderschaften des „heiligen Kreuzes" und des „Leichnams Christi" ihre kirchlichen Feiern abhielten. Nach dem Neubau der Kirche zu Wendemark im Jahre 1663 verkaufte man den Schrein dieses Altars für 38 Gulden 16 Schilling nach Wendemark, wo jetzt nur ganz traurige Überreste desselben vorhanden sind.
5. Der Altar der heiligen Ottilie in der gleichnamigen, an der Pfarrkirche angebauten Kapelle. Der Priester Dietrich Rotideke, jener uns bekannte Wohltäter der Armen, stiftete Kapelle und Altar am 14. September 1443. Zu dieser Kommende wurden gelegt: 1. 4 Mark 13 Schillinge 4 Pfennige Rente von Nyenkergkes Hof zu Behrendorf; 2. 3 Pfund Pfennige von Henning Holländers Hof und Hufen zu Ferchlipp; 3. ein Wohnhaus für den Priester; 4. 2 Mark Rente von dem im Räbeler Felde belegenen Acker „die Ghere"; endlich 5. die Zinsen von 23 Mark Kapital nach dem Tode des Bruders des Stifters Curt Rotideke. Am 17. Oktober 1458 bestimmte Dietrich Notideke, dass alles, was mehr von der „Ghere" einkäme, seinem Bruder Curt R., ferner Tideke N., seines verstorbenen Bruders Zabel Sohne, und Andreas R., ebenfalls seines Bruders Sohne, zufallen sollte. Am 9. August 1474 ergänzte der Stifter seine Bestimmungen über die Einkünfte der „Ghere“ dahin, dass 2 Mark, wie schon 1443 festgesetzt, dem Priester des Ottilienaltars, 2 Mark dem Gotteshaus zu Werben und das übrige ebenfalls dem ersteren zufallen sollten.
Das Patronat über den Altar sollte zunächst der Stifter Dietrich Rotideke selbst, dann Laurentius Rotideke, der Sohn seines Bruders Curt, darnach die beiden Brüder des Stifters, Curt und Claus, dann der Sohn seines verstorbenen Bruders Zabel und endlich der Rat der Stadt Werben haben. Bei der Wahl des Priesters sollten Glieder der Familie Notideke den Vorzug haben.
Der Priester, der in Werben wohnen sollte, hatte wöchentlich drei Messen zu halten und für den Stifter, dessen Angehörige und das Patronat des Altars zu bitten. Sodann lag ihm die Feier des Ottilienfestes ob, die in großartigster Weise vor sich gehen sollte. Bei diesem Feste sollte der Schulmeister mit seinen Schülern die Vesper, Nachtgesang, Metten und Messe „ehrlich“ singen und die Priester, nämlich sechs Ordensbrüder, der Vikar des Altares Corporis Christi, die Kommendisten und beide Terminarien (Bettelmönche) gegenwärtig sein. Dabei bekam der Pfarrer, der die Hochmesse und den „Sermon“ hielt, 2 Schillinge, jeder der beiden Ministranten 8 Pfennige, jeder andere Priester 6 Pfennige, der Schulmeister 30 Pfennige, der Küster 1 Schilling, der Organist 6 Pfennige und der Kalkant 4 Pfennige. Am Abend fehlte natürlich die übliche Trinkerei nicht.
Eine zweite Hauptfeier fand jährlich am anderen Tage der Bekehrung St. Pauli mit Vigilie am Abend, Seelenmesse nebst Gedächtnisfeier am Vormittag statt. Bei der Messe sollte der Priester, der dieselbe hielt, das Volk zur Fürbitte für alle aus dem Geschlechte Notideke, für die Patrone des Altars und für alle Christenseelen ermahnen. Bei dieser Gelegenheit erhielten der Pfarrer 1 Schilling, jeder andere Priester 6 Pfennige und die Armen vor dem Hause des Kommendisten für 10 Schillinge Brot.
6. Der St. Nikolai-Altar. Von diesem Altar, welcher der gleichnamigen Bruderschaft gehörte, wissen wir nur, dass sich in seinem Schrein St. Nikolaus in der Mitte, rechts ein Papstbild mit der dreifachen Krone, links ein Kardinalbild befanden. Er soll bei dem Eingange des Chores gestanden haben.[44]
7. Der Elenden-Altar. Die Stiftungsurkunde stammt vom Jahre 1511 am Tage Dionysius des Märtyrers. Der Stifter war der angesehene Bürger Dietrich Bolte, der damit für sein, seiner Eltern, seiner Vorfahren und seiner vier ehelichen Hausfrauen Margarete, Arndt Dessewes Tochter, Margarete, Ladewig Degeners Tochter, Adelheid, Claus Amelungs Tochter, und Dorothea, Fri Wulfswinkels Tochter, Seelenheil sorgen wollte. Die Einkünfte des Altars bestanden in 5 Mark Renten von einem Acker im Felde Klinten bei Werben, 3 Pfund von Asmus Steyffens Haus, Land und jenseits der Elbe belegenen Wiese und 3 Pfund von Dietrich Welles Hof und Hufen zu Kruge. Dem Priester lag es ob, wöchentlich morgens fünf Messen für die Wanderer, ferner Messen am Sonntage vor Trinitatis, am Montag vor Aller-Seelen, am Dienstag vor St. Annentag, am Freitag vor Jesu Passion und am Sonnabend vor Unserer Lieben Frauen zu halten. Nach dem Tode des Stifters ging das Patronat auf den Rat über, der das Recht der Absetzung des Priesters hatte. Der Herrenmeister Georg von Schlaberndorf bestätigte am 28. April 1512 diese Stiftung.[45]
Leider ist auch dieser Altar nicht mehr in der Kirche zu finden. In dem vorigen Jahrhundert lag der Altarstein vor der zum Gewölbe führenden Tür; er trug die Inschrift in deutscher Sprache: Im Jahre des Herrn 1512 im Monat April ist dieser Elenden-Altar gebaut und bestätigt mit dem ersten (?) Willen, alle Morgen Messe zu halten und ewig zu bleiben. Möge er in Frieden bleiben. Amen. Dietrich Bolte. Nach einem Geschichtsschreiber soll auf dem Altar die Krönung Marias, wie sie Gott der Vater und der Herr Christus in die Arme nehmen, und andere Bilder zu sehen gewesen sein.[46][47]
8. Der Annen-Altar. Am 12. November 1512 erlaubte der mehrfach genannte Herrenmeister Georg von Schlaberndorf dem Joachim Kroger, Kommendist in der Pfarrkirche zu Werben, dessen Bruder Peter Kroger, Bürgermeister daselbst, und Claus Amelung, einen Altar zu Ehren der heiligen Anna in der Pfarrkirche zu stiften. Der Altar sollte an dem steinernen Pfeiler gegenüber dem Predigtstuhl errichtet werden. Behufs Dotierung dieses Altars hatte der Kurfürst Joachim I. schon 1510 am Dienstage nach Aegidi dem Ebel und Johann Krusemark erlaubt, von dem Hofe des Achim Beliß zu Ober-Giesenslage 1. an Peter Kroger für 200 Gulden eine jährliche Nente von 5½ Schock und 2. an Joachim Kroger, Peter Kroger und Claus Amelung 4 Schock 7½ Groschen jährlichen Zinses für 150 Gulden zu verpfänden. Als Zeugen dieser Verpfändung an Peter Kroger werden Claus Konow, Heinrich Goldbeck, Hans Klinte der Jüngere und Claus Kraß genannt. Zu dieser Rente wurden noch 1 Mark vom Zehnten über Henning Wittens Hof und 1 Pfund Zins bei Hans Brögker gelegt.
Der Altarschrein wurde zu Pfingsten 1514 von Meister Helmeke Borstel laut Vertrages vom Freitage nach Aller-Heiligen des Jahres 1513 vollendet. Der Schrein sollte nach dem Vertrage 5 Ellen breit und 3 Ellen hoch sein. In dem Mittelstück sollte die heilige Anna nebst Maria mit dem Jesuskinde auf dem Arme und ihrem ganzen Geschlechte, an der einen Seite oben Petrus, Paulus und Johannes der Täufer, unten Jakobus, Andreas und Thomas und auf der anderen Seite oben Katharina, Barbara, Dorothea, unten Margarete, Lucia und Gertrud in Holz geschnitzt werden. Auf der Rückseite sollten unten Maria in der Sonne, oben Georg und Elisabeth auf der einen Seite gemalt werden, auf der anderen Seite Lukas, Markus und Matthäus. Vorder- und Rückseite nebst der oben angebrachten Krone sollten schön vergoldet werden. Als Preis wurden 100 Mark und 10 Mark lübischer Währung zwischen dem Meister und Peter Kroger verabredet. Als Zeugen dieses Vertrages werden Peter Krogers wegen Hans Beliß, Gert Kone, Claus Amelung und Hans Schutte genannt.
Nähere Nachrichten über die Kapelle des heiligen Lambert neben der Pfarrkirche sowie über das Lehen des heiligen Antonius haben sich bis jetzt nicht ermitteln lassen.