Die Schule.

Das älteste Zeugnis von dem Bestehen einer Schule in Werben, das wir gefunden, stammt aus dem Jahre 1392. Bei den von dem Quedlinburger Priester Johann Node gestifteten Messen sollte auch der Schulmeister mit seinen Schülern mitwirken und dafür ein Lot Geldes empfangen. In der Folgezeit wurde, wie wir gesehen, stets eine bestimmte Zahl von Schülern zu den Messen testamentarisch festgesetzt, wofür denn auch jedem Schüler eine kleine Geldentschädigung (etwa 2 Pfennig) zufiel. Ihre Aufgabe bestand darin, dass sie Vesper, Nachtgesang, Metten und Messen singen mussten. Im Jahre 1499 wird neben dem Schulmeister auch ein Lokatus (Schulgehilfe) erwähnt. Beide erhielten damals an den Festtagen und zu den Vierzeiten von dem Komtur eine Morgenmahlzeit. Im Jahre 1503 versprach der Komtur, dem Schulmeister, Lokaten und Küster alle Vierteljahr eine halbe Tonne Bier zu geben. Aus der Zeit von 1493 - 1516 werden uns die beiden Lokaten Petrus Holländer und Thomas Hanemeister genannt. Im Übrigen können wir über die Schule in dieser Zeit nur allgemeine Bemerkungen anfügen. Bekannt ist, dass die Schulen des Mittelalters durchaus im Dienste kirchlicher Zwecke standen. Sie sahen ihre Hauptaufgabe darin, alle, die in den geistlichen Beruf eintreten oder auf andere Weise der Kirche dienen wollten, mit den nötigen Kenntnissen auszurüsten. Auch im 16. Jahrhundert war die Schule die Dienerin der Kirche. Die Schulordnungen, die man da erließ, erscheinen zum größten Teil als Bruchstücke oder Anhängsel von Kirchenordnungen. Und in den Lehrplänen gewährte man nur denjenigen Unterrichtsfächern eine hervorragende Stellung, deren Nutzen für die kirchliche Praxis und die theologische Wissenschaft besonders in die Augen sprang. Man ging jetzt jedoch insoweit über die Anschauungen des Mittelalters hinaus, als man auch die Bedeutung der Schule für den Staat hervorhob, wie es besonders Luther 1524 in seinem berühmten Sendschreiben an die Bürgermeister und Ratsherren allerlei Städte in deutschen Landen und Philipp Melanchthon in seiner kursächsischen Schulordnung 1528 taten. Die hervorragendste Stelle nahm in den Lehrplänen der Lateinschulen der Unterricht in den alten Sprachen, und unter diesen wiederum das Latein ein. Selbst in so kleinen Schulen, wie es die Werbener Schule war, nahm man es, wie wir weiter unten näher zeigen werden, in den Lehrplan auf. Am meisten Verwunderung aber erregt es, dass auch das Griechische nicht in dem Werbener Lehrplan fehlte. Unter den Erziehungsmitteln, deren man sich damals bediente, stehen die Belohnungen und Strafen obenan. Schon im 16. oder doch im Anfange des 17. Jahrhunderts wurde den Schulkindern nach dem Osterexamen Papier und Backwerk verteilt. Eine Art Belohnung lag für die Schüler auch in den Schulfesten, die man mit ihnen beging. Es sind da besonders die Aufführungen von Schulkomödien zu erwähnen. So führten die Schüler in Werben am Freitag in den ausgehenden Ostern des Jahres 1569 das Spiel von dem verlorenen Sohne auf, wofür den Lehrern vom Rat 3 Gulden verehrt wurden. Im Jahre 1570 wurden ihnen 4 Gulden verehrt, weil sie zu Ostern das Spiel auf dem Markte gespielt, ja, auch das dabei getrunkene Bier wurde aus der Stadtkasse bezahlt. Eine gleiche Summe verehrte der Rat im Jahre 1576 dem Schulmeister für eine „Komödie“. Die Strafen waren meist streng, oft hart.[63][64]

Als eins der wichtigsten Erziehungsmittel gilt uns das Beispiel des Lehrers. Aber leider war es damals mit dem Ansehen der Lehrer nicht überall gut bestellt. Vor allem schadete man dem Ansehen der Lehrer und damit auch der Erziehung der Jugend dadurch, dass man jene unter Bedingungen anstellte, die ihrer nicht würdig waren. Man nahm sie nämlich nicht auf Lebenszeit an, sondern ging mit ihnen höchstens auf einige Jahre, häufig aber nur auf Wochen einen Vertrag ein. Lief der Vertrag ab, dann erneuerte man ihn entweder oder man entließ den Schulmeister. Die Folge dieser Einrichtung war ein fortwährender Wechsel unter den Lehrern, der die Entwicklung der Schulen sehr hinderte. In der Regel rückten die Lehrer, die sämtlich Kandidaten der Theologie waren, baldmöglichst in ein Pfarramt ein. In Werben werden uns im Jahre 1576 nicht weniger als drei Kantoren oder Konrektoren genannt. Wir führen im folgenden die Namen der Lehrer mit den Jahreszahlen ihrer Erwähnung kurz auf: 1. die Kantoren oder Konrektoren: Joachim Schulte, 1549, 1550; Jakobus Ruve, 1552, 1553; Johannes Bertram, 1572; Paulus Karemann, Elias Heuser, Petrus Kalebow, 1576; Nikolaus Schulte, ein Bruder des Joachim Schulte, 1581; er wurde nachher Pfarrer zu Rameslo und dann zu Stillhorn im Lüneburgischen; im Jahre 1581 streckte er dem Werbener Rat 200 Gulden zu 6 Prozent und 1583 noch 200 Gulden vor, im Jahre 1613 stiftete er, wie wir weiter unten sehen werden, ein Stipendium für Werbener Studierende; Georg Bernhardt, 1581 - 1586; Johannes Herwig, 1591, Palm Grube, 1601; Christoffer Wernicke, 1602, 1606; Christian Schreiber, 1621, 1622; 2. die Rektoren: Benedikt Gangkow, 1543 - 1553; vielleicht ist er der frühere Inhaber der Vikarei Corporis Christi; Georg Buls, 1553; Konrad Erxleben, 1573; er verfertigte dem Rat der Stadt eine Abhandlung über „die Geburt Christi", wofür er vom Rat 2 Gulden 14 Schilling 8 Pfennig erhielt; Jakob Lindstedt, 1575, 1576; Simon Woltmann (Hylander), 1581 - 1593; Jakob Boddicker, 1601; Antonius Ruve, 1601 - 1603; Joachim Bertram, 1604 - 1606; Kaspar Wysäus, 1609, dann Notarius publicus; Antonius Krusnick, Modestus Tramnißius, Mattheus Aquilius, 1612 bis 1623 genannt.[65][66][67][68]

Fußnoten

[63] Im Jahre 1654 ist in einer Schrift der beiden Geistlichen an die Kommissarien die Rede von D. Schönhausens Stipendium an die Werbener Kinder. Dieser D. Jacob Schönhausen floh vor dem Ausbruch des dreißigjährigen Krieges nach Werben. 1696 taucht dieser Posten zum ersten Mal in der Kirchenrechnung auf. Noch heute werden alljährlich nach dem Osterexamen Papier und Brezeln an die Geistlichen, Kirchenbeamten, Lehrer und Schulkinder verteilt.
[64] Siehe die Stadtrechnungen der betreffenden Jahre.
[65] Später war er Pfarrer in Quitzow bei Perleberg.
[66] Siehe unten.
[67] Siehe oben.
[68] 1597 bezog er die Hochschule zu Frankfurt a. Oder.