c) Die berühmte Werbener Schanze.
Noch vor dem Abzug aus dem Werbener Lager hatte Gustav Adolf den Bau einer starken Schanze auf der Landzunge zwischen der Elbe und der ehemaligen Havelmündung in der Hauptsache vollendet. Diese Schanze war mit dreifachen Palisadenreihen, Redouten und Batterien versehen und auf einer Insel gelegen, da man die Landspitze zwischen beiden Flüssen durchstochen hatte. Havel und Elbe konnten von den Kanonen dieser Schanze bequem bestreichen werden. Nachdem Gustav Adolf in der Schanze den Oberst Nose mit seinem Regiment zurückgelassen, verließ er Werben für immer, ging mit dem übrigen Teil seiner Truppen über die Schiffsbrücke und zog nun das rechte Elbufer aufwärts, um sich mit dem Kurfürsten von Sachsen zu vereinigen und dann den Siegeszug nach Süddeutschland anzutreten.
Zehn Jahre lang brachte die Schanze, um deren Besitz die streitenden Parteien blutig rangen, unnennbares Verderben über Werben und seine Umgebung. Ganz besonders schlimm war die Zeit von 1635 bis 1638. Im Jahre 1635 wurde die Schanze von den wieder zu dem Kaiser übergetretenen Sachsen unter Oberst Unger erobert, aber von dem schwedischen General Torstenson zurückgewonnen. Bei dieser Gelegenheit erbeuteten die Schweden vier Geschütze. Die Offiziere und die 200 Mann Besatzung wurden auf freien Fuß gesetzt. Schon zu Anfang Mai des Jahres 1636 verlegte der schwedische Oberbefehlshaber Banner sein Hauptquartier nach der Werbener Schanze. Wie furchtbar das Land durch die schwedischen Soldaten zu leiden hatte, das zeigt ein Erlass des schwedischen Generals, den er am 20. Juni 1636 allen seinen Truppen unter Trommel- und Trompetenschall bekannt machen und in allen Städten und Dörfern der Altmark öffentlich ausrufen ließ. Die Landkommissarien der Altmark hatten nämlich dem General die Ausschreitungen der Soldaten während der acht Wochen seines Aufenthaltes im Lande mit beweglichen Worten vorgestellt und ihm namentlich mitgeteilt, dass man außer Stande sei, die Feldfrüchte einzuernten, weil die Einwohner aller Stände, so weit sie es vermocht, aus dem Lande gegangen seien. Der General forderte daher die geflüchteten Einwohner zur Rückkehr auf, versprach ihnen Schutz und Sicherheit und befahl seinen Offizieren und Soldaten bei schwerer Leibes- und Lebensstrafe, sich an Personen und Habe nicht ferner zu vergreifen und sich jeglicher Brandschatzung und sonstiger Exzesse zu enthalten. Die Geistlichen auf den Dörfern bis auf 9 und 10 Meilen Entfernung waren entflohen, so dass dort gottesdienstliche Handlungen gar nicht mehr stattfanden. Banner forderte auch sie zur Rückkehr auf und versprach ihnen seinen besonderen Schutz. Auch erklärte er sich bereit, den Dorfschaften und adligen Gütern, die darum einkämen, Salvagardien zur Verhütung von Exzessen zu geben. Aber sein guter Wille reichte weiter als seine Macht; die Salvagardien begingen selbst allerlei Exzesse.
Als Banner am 2. August desselben Jahres die Schanze räumte, um über Salzwedel nach Lüneburg, dann über die Elbe durch Mecklenburg in die Prignitz zu ziehen, ließ er zwei Kompanien vom Regiment Axel Lillie nebst zehn Geschützen als Besatzung der Schanze zurück; diese aber wurde bereits am 27. August durch die vereinten Angriffe kaiserlicher und kursächsischer Truppen zur Kapitulation genötigt. Die Mannschaft durfte zwar abziehen, doch mit weißen Stäben in den Händen, die Offiziere mit einem Pferde, alle andere Habe mussten sie zurücklassen. Banner suchte die Schanze wiederzugewinnen. Er beschoss dieselbe vom 16. bis 18. September; sicherlich hätte er sie mit seiner überlegenen Macht bald wiedererobert, wäre er nicht auf die Nachricht, dass die kaiserlichen und sächsischen Truppen sich mit der Armee des Generals Klitzing vereinigen wollten, sofort aufgebrochen, um diese Vereinigung zu verhindern. Am 24. September 1636 schlug er die Feinde in der blutigen Schlacht bei Wittstock. Der Rückzug der Besiegten ging über die Schiffbrücke bei Werben, welche der Kurfürst von Sachsen noch in derselben Nacht überschritt. Von diesem Kurfürst berichtet ein Werbener Schriftstück, er habe in seinem Gefolge nicht nur einen Hofnarren, sondern auch einen Tanzbär gehabt. Als nun der Kurfürst bei dem Rückzuge nachts die Schiffbrücke passierte, vermisste er zu seiner großen Bekümmernis den Bär, welcher der Armee, „so über Hals und Kopf" retiriert, nicht hatte folgen können. Die das Heer verfolgenden Schweden belagerten die Werbener Schanze und eroberten sie am 13. Oktober. Die feindlichen Offiziere mussten nun auch mit weißen Stäben abziehen, die Mannschaften aber wurden untergesteckt. Banér zog am 18. Oktober 1636 nach Zurücklassung einer Besatzung in der Werbener Schanze nach Gardelegen.
Da es immer offenbarer ward, dass die schwedische Politik es auf Pommern abgesehen hatte, so schloss der Kurfürst von Brandenburg ein Bündnis mit dem Kaiser und vereinigte seine Armee mit der kaiserlichen und sächsischen. Im Jahre 1637 wurde der brandenburgische Oberst Klitzing mit seinem Regiment in die Altmark verlegt, welche für das Regiment vom Juli 1637 bis März 1638 die Summe von 50.682 Thaler aufbrachte „ohne Servis-, Diskretions- und andere Ungelder". Der schwedische Generalmajor Ruth übergab am 6. August 1637 ohne eigentliche Gegenwehr den Brandenburgern die Werbener Schanze, wofür er nachher zu Wismar vor ein Kriegsgericht gestellt und zum Tode verurteilt wurde. Nun wurde der brandenburgische Oberst Burchard von Goldacker, Komtur von Werben, zum Kommandanten der Schanze ernannt. Am 4. September 1637 wurden 106 Mann samt den Offizieren unter dem Befehl des genannten Komturs in Werben einquartiert, „dazu 33 Weiber, 4 Jungen und 6 Kinder“. Im Sommer des Jahres 1638 ging die Schanze den Brandenburgern noch einmal verloren, kam aber schon im Oktober desselben Jahres wieder in ihren Besitz. Eine Kompanie des Obersten Hermann von Goldacker wurde nunmehr zum Schutz in die Schanze gelegt.[94]
Der Komtur Burchard von Goldacker blieb Kommandant bis etwa November 1639, wenigstens wurde die Stadt Werben von Thomas und Hempo v. d. Knesebeck am 2. November desselben Jahres aufgefordert, dem Hauptmann Hans Friedrich von Stranz, der jenen Komtur in der Schanze abgelöst, sogleich 100 Thaler zur Unterhaltung seiner Knechte zu zahlen.
Im Jahre 1641 endlich wurde die Schanze, die so viel Unheil über die ganze Gegend gebracht, infolge eines Vertrages zwischen Brandenburg und Schweden, freilich „mit nicht sonderlicher Zufriedenheit der Schweden" geschleift. Am 23. Juli 1641 begann die Niederlegung der Schanzwerke, aber noch am 12. September desselben Jahres war die Arbeit nicht vollendet, denn dem Rat wurde unter diesem Datum anbefohlen, auf Erfordern des Hof- und Landrichters Balzer Veit von Einbeck oder des Obersten Georg Friedrich von Trott eine Anzahl Leute zur völligen Niederlegung der Schanze zu senden. Nur schwache Umrisszeichnen heute die Stelle, auf welcher einst die Schanze gestanden, aber unvergessen ist der Vers geblieben, in welchem damals ihre Geschichte kurz, wenn auch nicht schön, zusammengefasst wurde:
„Der Schwedenkönig tat bauen gut die Schanze bei Werben zu seiner Hut, die Kurfürst Friedrich Wilhelms Hand durch Hauptmann Stranz rasieren tat. Ao. 1641".