Armenpflege.

Wie schon früher bemerkt, war die Mildtätigkeit gegen die Armen die beste Seite der Eigentümlichkeiten dieses Johanniterstifts. (Es fällt in dieser Beziehung namentlich auf, dass fast keine Messstiftung von dem Konvente übernommen wurde, ohne zugleich von der Stiftung einer Spende begleitet zu sein; und die Legate, welche die Herrenmeister, Komture und Priester selbst zu frommen Zwecken aussetzten, ließen die leiblichen Bedürfnisse über die geistigen nicht übersehen. Im Jahre 1429 hatte Busso von Alvensleben für 30 Schock und 100 gute böhmische Groschen eine jährliche Getreidepacht von 10 Wispeln von Ermbrecht von Nintorf in Räbel gekauft. Von 8 Wispeln sollte die Komturei den Armen Bier brauen, von den anderen beiden Wispeln sollten 2 Mark jährlich den Priestern, die im Chor singen, gegeben werden. Sollte der Komtur diese Spende nicht geben, so sollten der Rat und die St. Gertrud-Vorsteher Macht haben, jene Hebung an sich zu nehmen und die Armen mit Getränk zu versorgen.

Indessen auch die geringste Stiftung von Vigilien und Messen für Verstorbene war in Werben zugleich mit der Stiftung einer Armenspende an dem Erinnerungstage verbunden, eine Einrichtung, welche wir bei anderen geistlichen Stiften nicht in der Ausdehnung antreffen. Die Spende bestand, wie wir sehen werden, in einem Pfennig für jeden darum bittenden Armen oder in eines Pfennigs Wert in Hering und Brot. Doch wurde bisweilen auch für die Kleidung der Notleidenden durch derartige Stiftungen gesorgt. Wir führen im Folgenden der Reihe nach die Stiftungen auf, deren Kenntnis uns erhalten ist.

Im Jahre 1433 wurde dem Claus Zernitz und Tideke Stolting ein Acker von Ghiso Zernitz mit der Bestimmung überlassen, dass sie von dessen Einkünften am Mittwoch in der Quatertember vor Michaelis jedem armen Menschen einen Pfennig oder was ein Pfennig wert ist geben, eine Vigilie und eine Seelenmesse mit vier Priestern und acht Schülern halten sollten. Käme darin Versäumnis vor, so sollten die Kirchenvorsteher den Acker einem anderen verpachten.

Eine ähnliche Stiftung machte im Jahre 1465 Meta, die Witwe des Deneke Quatiwascl, indem sie 30 Mark deponierte, von welchen die Vorsteher am Mittwoch in der Quatertember in der Fastenzeit jedem Armen einen Pfennig geben und um ihretwillen, ihres seligen Mannes, ihrer Eltern und Bekannten willen Vigilie und Seelenmesse mit vier Priestern, zwei Küstern und acht Schülern halten sollten. Dafür bekam jeder Priester 4 Pfennig, jeder Küster 2 Pfennig, der Küster, der zur Vigilie und Kommendacie vorläutete, noch 6 Pfennig und jeder Schüler 2 Pfennig. Dieselbe Witwe gab im Jahre 1479 noch 30 Mark, von welcher Summe am Tage nach Simonis und Judae den Armen gespendet werden sollte.

Wie unter den Komturen Busso von Alvensleben, so zeichnete sich unter den Priestern Dietrich Rotideke durch bedeutende Wohltätigkeit aus. Im Jahre 1469 stiftete dieser Wohltäter eine jährliche Rente von 2 Mark von seinem Acker in Näbel, von welchen den Armen am Martinstage für 3 Pfund (1½ Mark) je ein Paar Schuhe gegeben werden sollten. Derselbe Priester gab dem Rat im Jahre 1472 eine Summe von 20 Mark mit einer jährlichen Rente von 1 Mark, wovon drei Vierdinge zu Gewand für die Armen, ein Vierding zum Besten des Gotteshauses angewandt werden sollten. Eine dritte Stiftung aus dem Jahre 1473 bestand in 44 Mark, von deren Zins die Vorsteher für 1 Mark Gewand an die Armen verteilen sollten.

Im Jahre 1470 stifteten Heine und Katharina Burse 3 Mark Rente mit der Bestimmung, dass nach ihrem Tode die Vorsteher jedem Armen 1 Pfennig davon am Montag nach Martini geben und Vigilie und Seelenmesse, wie üblich, feiern sollten.

Ähnlich waren die Stiftungen zweier Witwen aus den Jahren 1478 und 1486: Margarete Tornow, die Witwe des Ghiso Tornow, deponierte 30 Mark, wovon sie Zeit ihres Lebens jährlich auf Martini 1 Mark bekam. Nach ihrem Tode sollten die Kirchenvorsteher jedem Armen am Sonntag in der Oktave des „Besuches Mariens" 1 Pfennig geben. Anna Pleß, Henning Pletz nachgelassene Witwe, stiftete eine gleiche Summe zu einer Spende am St. Nikolai-Abende. Natürlich waren mit beiden Spenden auch wieder die üblichen Gedächtnisfeiern in der Kirche verbunden.