Die Schule.
Wir beginnen diesen Abschnitt mit der Schule, denn wir haben dieselbe schon seit der Zeit der Reformation aus dem Auge gelassen. Jämmerlich genug mag das alte Schulhaus ausgesehen haben. Unter dem 21. April 1702 schrieb der damalige Pastor und Inspektor darüber: „Ich habe schon vor sechs Jahren dem Rat zu Gemüte geführt, wie es nicht wohl zu verantworten sei, dass man dergleichen Gebäude, welches unsere Vorfahren nicht ohne schwere Kosten erbaut, verfallen, viel weniger einen Holz- und Viehstall daraus machen ließe, sondern es wäre ja viel nützlicher, wenn der Kollege der Schule sein eigenes Auditorium hätte, in Betrachtung sie alsdann sich untereinander sowohl beim Lehren als beim Lernen nicht behindern könnten, wie es jetzt geschieht, da sie beide zugleich in einem kleinen und insbesondere zur Winterzeit ganz finsteren Auditorium nicht ohne große Ungelegenheit unterrichten müssen. Aber ich habe zur Antwort bekommen, dass es nicht im Vermögen der Kirche sei, gedachtes Gebäude zu unterhalten." Endlich wurde aber doch ein neues Schulhaus auf Rechnung der Kirche aufgeführt. Im Jahre 1724 begann man mit dem Bau, im Jahre 1726 beendete man denselben. Er nahm den Platz des alten Schulhauses und des alten Schulhofes ein, sodass nun ein Hof ganz fehlte. Um dem Mangel abzuhelfen, legte man die neben der Schule gelegene Kunstpfeiferei dazu und gewann so wenigstens kleine Hofräume. Der Kunstpfeifer wurde mit einer jährlichen Entschädigung von 5 Thalern abgefunden. Die Schulklassen waren zuerst unten, die Lehrerwohnungen oben.
Der Unterricht der Knaben lag in den Händen des Rektors und Konrektors, die immer Theologen waren, der Unterricht der Mädchen in den Händen des Oberkustos, der Unterricht der Anfänger in den Händen des Winkelschullehrers. Nach dem Beispiel früherer Jahre wurde im Jahre 1736 ein dritter Lehrer (Tertius) für die Knaben angestellt. Als aber der Tertius Schwarzenholz 1760 zum Lazarettprediger berufen wurde, teilten sich die beiden anderen Lehrer in seine Arbeit und in sein Gehalt. Die Stelle blieb vorläufig unbesetzt. Die Zahl der Schüler betrug im Jahre 1737 schon 100 - 120, die der Schülerinnen 70. Da natürlich noch kein Schulzwang herrschte, so blieben die Kinder im Sommer häufig fort und ließen sich erst im Winter, wenn Ostern mit Brezeln und Papier näher rückte, zu regelmäßigem Kommen bewegen. Oft liefen auch Mädchen, wenn der Oberkustos zu streng war, zu dem Winkelschullehrer in die Schule. Allerlei Streit mit dem letzteren war dann gewöhnlich die Folge. Dass die Lehrer bei dem geringen Gehalt Nebenbeschäftigungen trieben, ja über denselben wohl gar das Hauptamt vernachlässigten, kann uns nicht wundern; in Werben trieben die Lehrer nebenbei Ackerbau und Viehzucht.
Im Jahre 1724 wurde entschieden, dass der Rat das Schulbrennholz hergeben, die Kirche dagegen jedem Schulkollegen jährlich 4 Thaler Holzgeld und jeder Knabe zum Einheizen der Schulstube jährlich 1 Groschen geben sollte.
Im Jahre 1794 wurde das an der Nordostseite des Kirchplatzes gelegene Küster- und Schulhaus mit einem Aufwand von 840 Thaler 8 Groschen 6 Pfennig neu gebaut. Rechts von dem Flur lag vorn die Schulstube, links die Wohnstube, hinten rechts Küche, Kammer und Keller, links der Alkoven. Der Bau wurde vom Maurermeister Grundt und Tischlermeister Lüdeke ausgeführt.
Doch wenden wir uns nun dem Inhalt des von dem Rektor Johannes Erdmann Jungius im Jahre 1705 verfassten Lehrplanes zu, der natürlich nur für die Knaben galt. Der Unterricht wurde in zwanzig wöchentlichen Lektionen erteilt, welche täglich in die Zeit von 7-9 Uhr vormittags und von 1-3 Uhr nachmittags fielen. Mittwoch und Sonnabend nachmittag war kein Unterricht. Die sämtlichen Schüler waren in vier Stufen geteilt, die nun von dem Rektor und Konrektor unterwiesen wurden. Auf dem Lehrplan traten die Fächer, die heute im Vordergrund stehen, ganz zurück. Stunden für Schreiben und Lesen gab es nicht, das überließ man den Winkelschulen; dem Katechismusunterricht war nur 1½ Stunde gewidmet, während der übrige Religionsunterricht mit dem Griechischen und Lateinischen verbunden wurde; deutscher Unterricht mit Grammatik und Diktat wurde nur zweimal den Schülern der vierten, dreimal denen der dritten Stufe erteilt; Rechnen wurde nebenbei am Anfang der Nachmittagsstunden des Montags und des Donnerstags getrieben; Gesang fiel in die Nachmittagsstunde von 1-2 Uhr am Dienstag und Freitag. Mehr Raum als diese Fächer nahm das Griechische ein, das ja schon die Schulordnung vom Jahre 1580 mit in den Lehrplan aufgenommen hatte. Zwei Stunden wöchentlich, Donnerstag und Freitag von 8-9 Uhr, brachte man den Schülern der dritten und vierten Stufe griechische Grammatik bei, während man in derselben Zeit den anderen Schülern das griechische Sonntagsevangelium erklärte und ihnen dann am Sonnabend zur selben Stunde eine kurze Übung daraus diktierte. Auch in der ersten Stunde am Mittwoch trieben die Schüler der ersten beiden Stufen griechische Grammatik. Den allergrößten Raum aber nahm das Lateinische auf dem Stundenplan ein. In buntem Wechsel trieb man lateinische Verslehre, Grammatik, Lektüre, Rednerkunst und Sprechübungen; ja, die Schüler der ersten Stufe lasen sogar schon die „Briefe Ciceros", wie sie Johann Sturm ausgewählt und herausgegeben hatte.
Über die Methode dieses Unterrichts erfahren wir das Folgende: Im Katechismusunterrichte brachte man den Schülern der dritten und vierten Stufe den Lutherschen Katechismus bei, diktierte und erklärte den anderen Fragen und Antworten aus den „Katechetischen Unterweisungen des Dieterici" und gab dieselben ihnen zum Auswendiglernen auf.
Der lateinische Unterricht beschäftigte sich zuerst mit der Einübung der Formenlehre, die man damals Etymologie nannte. Man ließ die Regeln lernen, erklärte sie deutlicher, illustrierte sie durch mannigfache Beispiele und fügte endlich deutsche Beispiele zum Übersetzen ins Lateinische hinzu. Der Lektüre lateinischer Schriftsteller sandte der Lehrer eine Erklärung voran, ließ dieselbe wiederholen, diktierte die wichtigeren Phrasen, ließ letztere lernen und fügte schließlich eine Nachbildung des Gelesenen in Brief- oder anderer Form hinzu. Sehr viel Zeit nahm auch hier das Diktieren in Anspruch; da kam es denn vor, dass der Lehrer den Schülern der zweiten Stufe ein deutsches, nach den Regeln der lateinischen, den Schülern der dritten Stufe ein deutsches, nach den Regeln der deutschen Grammatik verfasstes Exerzitium diktierte, welches die Schüler der ersten Stufe sofort ins Lateinische übersetzen mussten. Großes Gewicht legte man auch hier auf das Wiederholen und Überhören. Folgende Lehrbücher wurden gebraucht: Januae latinitatis vestibulum J. A. Commenii, Seyboldi officina virtutum, Johannis Kirchmanni rudimenta rhetorica, Colloquia Scholastica Corderii, Beustii disticha und Donat. Die klassische lateinische Dichtung wurde nicht in dem Lehrplan erwähnt.
Es bleibt noch, die Namen der Rektoren und Konrektoren kurz aufzuzählen:
Johannes Erdmann Jungius, ein Sohn des Pfarrers zu Berge, ein Bruder des Werbener Apothekers Basilius Jungius, 1689-91 Konrektor, dann Rektor bis zu seinem Tode 1713. Joachim Köppe, 1691 - 1713 Konrektor, dann Rektor; von ihm sagt Beckmann, der Historiker der Mark, „er sei ein fleißiger Mann gewesen, habe auch geschickte Leute gezogen, unter welchen auch der Feldprobst Karstädt gewesen". Joachim Johann Bertram, 1717 Konrektor, 1721-36 Rektor. Zacharias Julius Francke, 1721 Konrektor, 1740-59 Rektor. Joachim Karl Bade, Sohn eines Kanzleidieners bei der Kriegs- und Domänen-Kammer. Johann Gottfried Meinecke, 1769 Rektor. Johann Christian Menke, 1773-99 Rektor, dann Diakonus, dann vom 16. Mai 1805 bis 3. April 1811 Diakonus und Superintendent. Von den Konrektoren wurden noch nicht genannt Johann Lüdke 1715, Georg Michael Lankisch 1741. Samuel Buchholz, ein Pritzwalker, 1746-51 genannt; er wurde später Rektor in Havelberg und Oberprediger in Lichen und hat sich als märkischer Geschichtsschreiber bedeutenden Ruf erworben. Johann Paul Bornemann, 1773 und Johann Gottfried Schwechten, 1796 ff.