Die Münzgerechtsame.
Die Stadt Werben gehörte nebst Gardelegen, Seehausen, Tangermünde, Osterburg und Havelberg samt deren Umgegend zum Münzbezirk, d.h. zum Münzdistrikt Stendal. Bis gegen die Mitte des 14. Jahrhunderts (11. November 1351) bestand zu Gunsten der markgräflichen Kasse die sonderbare Einrichtung, dass die Münzen nur auf ein Jahr Gültigkeit hatten. Daher musste jedes Jahr das alte Geld gegen neues umgetauscht werden, wobei man für 13 alte Pfennige nur 12 neue erhielt. Der Umtausch, der acht Tage vor Jakobi, also am 18. Juli, stattfand, konnte nur da erfolgen, wo das Geld geprägt war, also in Stendal. Erst 1364 und endgültig am 15. Mai 1369 kauften die altmärkischen Städte und Stände das Münzrecht um 5700 Mark Silbers, wozu die Stadt Werben 100 Mark beisteuerte. Dafür empfing man endlich den sogenannten „ewigen“ Pfennig, d.h. eine Münze, welche nicht mit Verlust jährlich umgewechselt werden musste. Falschmünzer wurden mit hoher Geldstrafe und zehnjähriger Verbannung durch den Rat der Städte bestraft. Für die empfangene Kaufsumme verpflichtete sich der Markgraf auch, die verpfändete „Urbede“ wieder zu lösen und nicht wieder zu verpfänden, ein Versprechen, das freilich bald vergessen wurde. Die Städte kamen dann unter sich überein, gemeinsam Widerstand zu leisten, falls der Markgraf oder ein anderer Herr nach ihm „die Münze abdringen" würde. Ferner wurde beschlossen, Gewinn und Verlust nach Verhältnis zu verteilen, die Pfennige auf gemeinsamen Beschluss in Stendal prägen und das Silber dort nur in Gegenwart eines Ratmannes aus jeder Stadt mischen zu lassen.[17]
Um eine ungefähre Vorstellung von dem Werte des damaligen Geldes zu bekommen, bemerken wir, dass eine stendalsche Mark = 40 Schilling, ein Schilling = 12 Pfennig und ein Pfennig stendalscher Währung gleich 8 ¾ Pfennig nach heutigem Gelde ist. Es ist darnach also ein Schilling = 1,05 Mark, eine damalige Mark = 42 Mark nach unserem Gelde. Nun ist aber einleuchtend, dass das Geld einen viermal so hohen Wert als jetzt haben, d.h., dass man viermal so viel Ware für einen Thaler bekommen würde, wenn plötzlich drei Viertel alles vorhandenen Metalles verschwände. Nun ist bekanntlich die Menge edlen Metalles jetzt ungefähr wirklich vier- bis fünfmal so groß, als sie vor der Entdeckung von Amerika war. Daraus ergibt sich, dass eine Mark damals etwa vier- bis fünfmal so viel Wert hatte als jetzt, und wenn wir den Wert damaligen Geldes in Bezug auf die Ware suchen, so haben wir die obigen Zahlen mindestens mit 4 zu vervielfältigen.[18]
Indem wir vorausschicken, dass in der Münzwissenschaft noch manche Unsicherheit herrscht, versuchen wir die alten Münzen zu schildern, welche man der Stadt Werben zuschreibt.[19]
Die mit Nummer 1 versehene Münze, die aus der Zeit von 1268 - 1308 stammt, zeigt auf der einen Seite den Markgrafen mit Schwert und Kreuz, auf der anderen den Adler, darüber den Halbmond, zu jeder Seite einen fünfstrahligen Stern. Die 2. Münze, die jedenfalls auch in die allerletzte Zeit der Anhaltiner gehört, zeigt den Markgrafen mit Helm und Vogel, unten zwei Kleekreuzchen, auf der Rückseite ein Kreuz, in den Winkeln je einen Bogen mit Punkt.
Die nächsten drei Denare (Pfennige, zweiseitige Silbermünzen), die aus der Zeit der bayerischen Markgrafen stammen, erinnern an die ähnlichen kleinen pommerschen, welche man auch wohl nach Stargard rechnet; No. 3 zeigt den Markgrafen mit zwei Fahnen, auf der Rückseite vier sechsstrahlige Sterne und zwei große Bogen oder Halbmonde. Von dieser Münze befinden sich zwei Exemplare in dem Märkischen Provinzial-Museum in Berlin. Auf der 4. Münze, die man der Zeit 1417 bis 1440 zurechnet, sieht man den Adler und auf der Rückseite zwei Halbmonde von vier Sternen begleitet. Auf No. 5 erscheint der Markgraf zwischen zwei Blumenstengeln, auf jeder Hand einen Vogel, während sich auf der Rückseite fünf sechsstrahlige Sterne und vier kleinere Bogen befinden. No. 6 zeigt einen rechtshin schreitenden Adler mit erhobenen Flügeln. Rückseite: Zwei Halbmonde von vier sechsstrahligen Sternen begleitet. Endlich No. 7: Der Markgraf zwischen vier Dreiblättern. Rückseite: Ähnlich wie bei No. 3, aber mit fünfstrahligen Sternen.[20]
Die Mannigfaltigkeit der Münzen einer und derselben Stadt kann nicht befremden. Die Stempelschneider mussten nämlich für jede münzberechtigte Stadt alljährlich einen neuen Prägestempel liefern, weil es damals noch nicht üblich war, die Jahreszahlen auf den Münzen anzubringen. Dabei kamen denn die kuriosesten Einfälle zur Anwendung. Hier bei den Werbener Münzen sehen wir Halbmond und Stern darüber wiederholt, von hier aus sind diese beiden Zeichen dann in das Wappen der Stadt übergegangen. Festzuhalten bleibt, dass auch nach 1369 Stendal die Prägestätte für die Werbener Münzen war.
Vom Jahre 1429 ab fielen die Stendaler Pfennige außerordentlich an Wert. Seit 1488 scheint Stendal das Münzrecht nicht mehr geübt zu haben, denn schon zu Anfang des 16. Jahrhunderts gehörte die Stendaler Münze wieder dem Landesherrn wie vor dem Jahre 1369. Im 17. Jahrhundert wurde Stendal noch einmal Münzstätte. Um der furchtbaren Not einigermaßen abzuhelfen, gestattete der Kurfürst einer Anzahl von Städten die Prägung kupferner Pfennige, deren sechzehn auf einen Groschen gehen sollten.