Die Fenster im nördlichen Seitenschiff.
Ungefähr in der Mitte der nördlichen Seitenwand, über dem Apostelstuhl, befinden sich zwei von den übrigen Fenster-Malereien gesonderte Darstellungen, von denen die erste hochinteressant ist. Oben in der Mitte sehen wir eine Kreuzigung; links von derselben reitet eine schlanke königliche Frau auf einem Löwen mit vier Häuptern – es sind die Häupter der Evangelistensymbole – und hält, während ihr eine aus dem Himmel herabreichende Hand die Krone auf das Haupt setzt, in der Linken eine Fahne, in der Rechten den Abendmahlskelch; es ist die Personifikation der Kirche. Rechts von derselben sitzt mit verhüllten Augen, ein Böcklein haltend, auf einem Esel, der den Kopf zu Boden neigt, eine in der ganzen Erscheinung Ohnmacht und Demütigung offenbarende Frauengestalt, der die Fahne zerbrochen und die Krone vom Haupte gestoßen ist; es ist die Personifikation des Judentums mit der „Decke Mosis" vor den Augen. Der Stoff ist von der Kunst dem geistlichen Schauspiele entnommen, in welchem schon frühzeitig Kirche und Synagoge handelnd auftraten.[122]
Unter diesen drei Gruppen sitzen von links nach rechts der Prophet Jonas, Johannes der Täufer und der Prophet Ezechiel.[123]
In dem rechten der beiden Fenster steht oben in der Mitte „Maria mit dem Jesuskinde“, darunter stehen von links nach rechts „Johannes“, „Jakobus" und wohl „Judas Thaddäus".
Zur Veranschaulichung lassen wir eine Zeichnung des Grundrisses des hohen Chores folgen:
Das Fenster A, vierlichtig, hat oben und unten eine weiter angelegte, farbenwirksame Architektur und in der Mitte eine „Anbetung der heiligen drei Könige"; es ist offenbar der spätgotischen Zeit angehörend und hat verhältnismäßig viel alte Bestandteile; das Gesicht der heiligen Jungfrau ist schön ergänzt.
B ist ein dreilichtiges Fenster mit dreißig Feldern, dessen Hauptdarstellung eine herrliche „Verkündigung Maria" in neun Feldern ist. Unter diesem Bilde ist der übrigens wohlerhalten gewesene „Höllenrachen" angebracht, eine vermutlich sehr alte Szene, in der eine Anzahl Prälaten, den Papst an der Spitze, mit einer dicken Kette umgeben, von einem Teufel in den ungeheuren Rachen eines höllischen Ungetüms hineingezogen, von einem anderen hineingeschoben werden. Darunter ist eine gleichfalls sehr alte „Auferstehung“ in drei Feldern. Zwei Engel mit langen Posaunen blasen zur Auferstehung, auf welche rechts und links die letzte Entscheidung erfolgt. Darunter in sechs Feldern ist ein sehr seltsames Bild. Aus den geringen vorhandenen Bestandteilen, etwas Hermelin, einigen großen Teufelsgestalten mit grinsendem Lachen ließ sich auf eine Legende aber auch auf eine biblische Stelle, vielleicht Jesaja 14, schließen, die dem Erfinder etwa vorgeschwebt habe, die Androhung der Hölle an einen babylonischen König. Der Künstler hat jedoch vorgezogen, einen symbolischen Vorgang wiederherzustellen, der die Gefahr des Reichtums oder auch die Unmöglichkeit, sich durch Gold von den ewigen Strafen loszukaufen, versinnbildlichen soll. In den drei untersten Feldern ist jene Inschrift aus der Zeit nach dem Dreißigjährigen Kriege inmitten kleiner gotischer Architektur angebracht.
C zeigt oben den Heiland in der Glorie mit Schwert und Lilie, daneben links die heilige Agathe als Schutzpatronin der Malteserritter, rechts Johannes den Täufer als Patron der Mark Brandenburg. Darunter ist eine architektonische Gliederung mit Ornament und zwei harfespielenden Engeln. Darunter sehen wir den Evangelium Lukas 7 erzählten Besuch des Herrn bei dem Pharisäer Simon mit der großen Sünderin, der, weil sie viel geliebt, auch viel vergeben wird. Darunter ein Betpult mit aufgeschlagenem Buch, zu beiden Seiten betende Johanniter auf den Knien, auf dem einen Spruchband steht in lateinischer Sprache: „Bete für uns, heilige Mutter!", auf dem anderen ebenso: „Holdselige Maria, bete für uns!" Die Anwesenheit der beiden Ritter mit den Spruchbändern deutet darauf hin, dass dieses Fenster von einem Johanniterritter gestiftet wurde.
D zeigt, von schönem Teppichmuster oben und unten eingeschlossen, in kleinen Gruppen, die nur je ein Feld einnehmen, Bilder aus der Petrus-Legende und zwar unten von links nach rechts „Petri Berufung", „Petrus vor dem Könige“, „Petrus im Kerker", und oben von links nach rechts „Petrus mit den Henkern", „Petri Kreuzigung", „Petrus in Rom". Es wäre zu wünschen gewesen, dass diese Gruppen an einem möglichst niedrigen und hellen Orte angebracht worden wären.