c) Das Hospital St. Georg.
Die mittelalterlichen Georgs-Hospitäler dienten zur Aufnahme derer, welche vom morgenländischen Aussatz befallen waren. Dieser Krankheit mit ihrem furchtbar ansteckenden Charakter stand die ärztliche Kunst des Mittelalters ratlos gegenüber, so dass man sich darauf beschränkte, durch Absonderung der Kranken in besonderen Hospitälern außerhalb der Stadtmauern die Gefahr der Ansteckung zu mindern. Nur nebenbei sei hier bemerkt, dass es im Jahre 1225 in Frankreich allein über 2000, in ganz Europa etwa 19000 solcher Hospitäler gegeben haben soll.
Das Gründungsjahr des vor dem Seehäuser Thor an der Brücke belegenen Werbener St. Georgs-Hospitales ist unbekannt; das älteste Schuldenregister des Hospitales stammt aus dem Jahre 1481 und den folgenden Jahren, die vorhandenen Hospitalrechnungen gehören den Jahren 1548 - 1559, 1560 - 1638 an. Aus jenem Schuldbuche erfahren wir nicht uninteressante Einzelheiten über die Wohltäter des Hospitales, sowie über seine Vermögensverhältnisse. Bevor wir aber auf sie näher eingehen, liegt es uns ob, über die Stiftung der St. Jürgen-Kapelle, welche durch den Herrenmeister Richard von der Schulenburg unter dem 25. Februar 1483 bekundet ward, einige nähere Nachrichten zu bringen. Die Stiftung geht von beiden gemeinsam aus, von dem genannten Herrenmeister und dem Rat der Stadt, beide erbauen die Kapelle, beide legen 350 Gulden (Goldes), deren Zinsen dem Priester zum Gehalte dienen sollen, an, aber das Patronat bleibt dem Rat allein. Sollten die Mittel es erlauben, so sollte noch ein zweiter Priester angestellt werden. Der Priester, von dem ausdrücklich verlangt wurde, dass er in Werben wohnte, sollte die Messen ebenso halten, wie der Priester von St. Gertrud. Wäre er in seinem Amt nicht treu, sollte der Rat ihn bei dem geistlichen Richter (Archidiakon) in Stendal verklagen. Alle Spenden in der Kapelle und in dem Opferstock auf dem bei dem Hospital belegenen Kirchhof sollten zum Ausbau, zur Beleuchtung und zur Beschaffung von heiligen Geräten verwandt werden.
An barem Gelde stiftete der Priester Dietrich Rotideke im Jahre 1485 ein Pfund Pfennige zu Testament, Henning Plete's Mutter in demselben Jahre 2 Mark, Herbort van dem Spanne 1 Mark weniger 1 Schilling, Tideke Polkritz 10 Gulden im Jahre 1487, Arnt Weling 4 Gulden in demselben Jahre und der Rat 40 Gulden in dem Jahre 1488. Im Jahre 1519 empfingen die Gebrüder von Nengerslage 40 rheinische Goldgulden, wofür sie dem Priester jährlich auf Martini 2 Gulden (den Gulden zu 22 Schilling gerechnet) bezahlten.[34]
Am Jahrmarkt nach Michaelis, am Mittwoch in der Kreuzwoche und am Johannistage pflegten die Vorsteher mit dem Bilde des heiligen Georg in der Stadt und vor der Stadt umzugehen und Gaben zu erbitten.
Die Kapelle besaß einen Messkelch von vergoldetem Silber, zu dessen Beschaffung die Ehefrau des Gise Tornow 15 Mark in ihrem Testamente bestimmt hatte, ferner ein großes, pergamentenes Messbuch, welches die alte Claus Müseler geschenkt, sodann ein Kusstäfelchen (Pazifikal), 4 Lot schwer, auf der einen Seite ein St. Georgs-Bild, welches die alte Kone Frame gestiftet, einen schwarzen Ornat mit allem Zubehör, ein Paar eherne Leuchter, 10 Pfund schwer, endlich eine Lichtkrone, welche ebenfalls die Gise Tornow geschenkt hatte. Die junge Kone Frame stiftete 8 Mark, deren Zinsen (1 Pfund Pfennige) zum Unterhalte der fünf Lichte auf der Krone verwandt wurden.
Auch an der Spitze dieses Hospitals standen zwei Vorsteher. Aus der Zeit bis zur Einführung der Reformation erfahren wir die Namen der folgenden Vorsteher:
Tideke Polkritz und Claus Pelegrim (1483); Hans Wilsnack und Clawes Withoen (1514 - 1520); Clawes Withoen und Hans Schulte (1521 - 1523); Hans Schulte und Clawes Gutke (1524 - 1527); Clawes Gutke und Lenke Engel (1528); Lenze Engel und Hans Nachtigal (1529).