Die Johanniter-Komturei in Werben bis zum Einbruch des großen Krieges.

Nachdem die Komturei Werben das Patronatsrecht an den Rat der Stadt Werben abgetreten hatte, erlitt sie an allgemeiner Bedeutung und Einfluss eine überaus große Einbuße. Die Komture, die nun in den ehelichen Stand traten, verwalteten entweder selbst die Komturei oder ließen sie durch einen anderen verwalten und gaben das Respons, das damals 30 rheinische Gulden betrug, jedes Jahr auf Johannis an den Orden ab. Das Patronatsrecht über Hindenburg mit dem Filial Gethlingen behielten die Werbener Komture auch nach der Reformation bei. Nach diesen allgemeinen Bemerkungen wenden wir uns den einzelnen Komturen zu:[84]

1. Balthasar von der Marwitz war der Nachfolger des Thomas Runge und zugleich der erste evangelische Werbener Komtur. Als er sich mit Margarete Morner vermählte, ließ er sich die ausdrückliche Versicherung vom Kurfürsten erteilen, dass er sein Eigentum seinen Kindern vererben könnte, und nicht, wie es früher geschah, dem Orden hinterlassen müsste. Da er sich vielfältig um den Orden verdient gemacht hatte, erfreute er sich der besonderen Gunst der Herrenmeister; Joachim von Arnim überließ ihm verschiedene wertvolle Gegenstände aus dem Nachlass des verstorbenen Bruders Sigismund, Thomas Runge schenkte ihm aus Gnaden 100 Gulden 1546 zu seiner Einrichtung in Werben und schloss 1550 dahin einen Vertrag mit ihm, dass er für die Jahre 1550 bis 1554 von dem Respons gänzlich frei sein, dann aber für seine Lebenszeit jährlich nur 10 vollwichtige rheinische Goldgulden zahlen sollte. Dagegen verpflichtete sich Balthasar von der Marwitz, zwei Verschreibungen herauszugeben, deren eine Joachim von Arnim über Grünberg und die andere Thomas Runge ihm über Rempitz ausgestellt hatte, und ferner einen Revers zu erteilen, dass seine Nachfolger in der Komturei Werben auf die ihm gewährte Erleichterung keinen Anspruch haben, sondern verpflichtet sein sollten, das volle Respons von 30 Goldgulden zu bezahlen. Der Kurfürst Joachim legte diesem Komtur auf, „in Rüstung und Reitschaft zu sein“. Nun war aber die Komturei von alters her von „Zug und Rossdienst" frei; dafür musste sie 80 Gulden jährlich in die Kirchenkasse geben und den Schoß von den Komtureiländereien wie von Bürgerhufen geben. Das hielt nun der Herrenmeister 1550 dem Markgrafen Johann vor und bat ihn um Verwendung bei dem Kurfürsten, dass die Befreiung von jener obigen Last aufrecht erhalten bliebe.

In den letzten Tagen des Jahres 1559 war Balthasar von der Marwitz gestorben; am Neujahrstage 1560 wurde er vor dem Hochaltar in der Werbener Kirche beigesetzt. Sein jetzt im Garten des Gutes Neugoldbeck bei Werben befindlicher Grabstein zeigt den Komtur in Überlebensgröße und die teilweise zerstörte Inschrift darum: „Balthasar a Marwitz commendator huius ecclesias . . obiit pietate nobilitate generis Praestans“.[85]

2. Hans von Rohr, auf Holzhausen erbsessen, wurde am Sonntag nach dem Heiligen-Drei-Königstage 1560 von dem Herrenmeister Thomas Runge mit der Aussicht über das Haus zu Werben betraut, damit dem Orden kein Nachteil geschähe. Mit ihm schloss der Herrenmeister am Sonnabend nach Oculi 1560 einen Vertrag, worin er ihm gegen Erlegung von 200 Gulden die Benutzung der Komturei Werben von Ostern 1560 bis dahin 1561 überließ. Hans von Rohr verzögerte unter allerlei Vorwänden die Zahlung der für die Nutzung der Komturei festgesetzten 200 Gulden. Als auch wiederholte Mahnungen sich umsonst erwiesen, sah sich Thomas Runge genötigt, die einstweilige Verwaltung in die Hände des Andreas Goldbeck sen., Bürgermeisters von Werben, zu legen. Hans von Rohr war also nicht Komtur, sondern nur Verwalter der Komturei. Andreas Goldbeck verwaltete die Komturei bis zum Jahre 1564, weil der in Aussicht genommene Komtur Peter Runge, ein Neffe des Herrenmeisters, noch gern etliche Jahre auf Hochschulen sein, auch noch nach Welschland zur Fortsetzung seiner Studien ziehen wollte.

3. Peter Runge erlangte nicht ohne Schwierigkeiten die Komturei; obwohl Markgraf Johann von Küstrin 1560 an den Kurfürsten schrieb, dass Peter Runge ein feiner junger Geselle sei, der sich im Studieren dermaßen anlasse, daß die Herrschaft und der Orden sich sein zu getrösten habe, wollte doch der Kurfürst lange nicht auf die Wahl eingehen. Allerlei Mittel wurden zu seiner Umstimmung benutzt. So wurde z. B. von Thomas Runge dem Kanzler für den Kurfürsten ein vergoldeter Kredenzbecher von 39 Thaler Wert durch Dr. Adrianus überreicht. Dies half. Am 31. Mai 1564 finden wir Peter Runge als Komtur von Werben in Sonnenburg auf dem Kapitel, auf welchem Franz Neumann, Komtur von Schievelbein, zum Herrenmeister ernannt wurde. Zur Einholung der Wahlbestätigung reisten Peter Runge und der Ordenskanzler Matthias Richter an den Obermeister Georg von Hochheim mit nötiger Instruktion ab. Der Kurfürst war auch fernerhin diesem Komtur nicht sonderlich gnädig gesinnt, ja, er befahl demselben einmal bei 200 Thaler fiskalischer Strafe, er sollte sich „eigentümlicher Zunötigung der Stadt gegenüber gänzlich enthalten". Der Name dieses Komturs findet sich auch unter einer Urkunde vom 2. Januar 1575, in welcher der Ordensmeister Graf Martin von Hohenstein dem Dr. jur. Köppen das dem Orden noch reservierte Patronatsrecht und alle Rechte über den Tempel- und den Hanehof und das Dorf Tempelhof bei Berlin erb- und eigentümlich abtrat. Diese Familie Runge war jedenfalls von adliger pommerscher Herkunft. In dem Wappen derselben sehen wir im blauen Felde zwei ins Andreaskreuz gelegte goldene Wagenringe und als Helmzier eine rot gekleidete Jungfrau. Im Jahre 1592 in der Passionszeit starb Peter Runge.[86]

4. Michael von Hagen wurde, als dem neuen Komtur, das Inventar des Ordenshauses am Mittwoch nach Jubilate 1592 überantwortet. Der Notar Joachim Mertens, Stadtschreiber zu Werben, hatte es im Beisein des Geheimen Rates Eustachius von Schlieben, des B. Andreas Goldbeck und zweier Bürger am Mittwoch nach Oculi desselben Jahres aufgenommen. Michael von Hagen hatte viel Streit mit dem Rat der Stadt wegen des Komturei-Tores. Der Komtur erbot sich, das Tor als ein Stadt-Tor anzusehen und den Torschlüssel dem Rat zu überlassen, aber der Rat räumte ihm doch nicht das Tor ein. Der Rat gestattete andererseits diesem Komtur, über dem Chor in der Kirche ein „Gebäu verfertigen zu lassen, daran die ganze Passion gemalt sein sollte, doch so, dass es der Orgel nicht hinderlich oder schädlich wäre."

5. Hans von Redern wurde am 24. Juni 1608 das Inventar eingeantwortet. Hans von Redern, aus dem Hause Schwante, war 1573 geboren. Er trat 1607 in den Orden ein und vermählte sich am 11. November 1610 mit Katharina von Rammin; er erhielt das Gut Wansdorf. Jedenfalls verwaltete auch er die Komturei nicht selbst, wenigstens wird in den Jahren 1612 bis 1615 Joachim Steinbrecher, auf Neukirchen und Lichterfelde erbessen, als Inhaber der Komturei genannt. Dieser Joachim Steinbrecher geriet später in Konkurs, aus welchem Raban von Kanstein die Güter für 6000 Thaler erstand. Hans von Redern starb 1620 oder 1621. Zwar hatte nun Melchior von Wurmbrand, ein steirischer Edelmann, eine Anwartschaft auf die Komturei Werben, da er aber Ausländer war und dazu geächtet, so wurde ihm

6. Adam Valentin von Redern aus dem Hause Garz, Kurfürstlich Brandenburgischer Hofjägermeister und Hauptmann der Ämter Liebenwalde und Zehdenick, vorgezogen und diesem am 29. Mai 1621 die Komturei Werben übertragen. Als Melchior von Wurmbrand dennoch seine vermeintlichen Rechte geltend machen wollte, verfügte der Kurfürst aus obigen Gründen, 1622 am 21. April, seine endgültige Abweisung. Adam Valentin von Redern rührte am 5. Juli 1623, als er den Kurfürsten die Spree hinab zur Jagd begleitete, der Schlag in dem noch jugendlichen Alter von 35 Jahren.

Der Senior des Ordens, Adam von Schlieben, Komtur zu Ließen, schrieb unter dem 22. Juli 1623 an den Kurfürsten, dass dem Orden allein die Besetzung der Komturei zustände, und dass er Hans von Willmersdorf, Kurfürstlichen Hofrat, wegen seiner dem Kurfürstlichen Hause und dem Orden treu geleisteten Dienste für Werben in Aussicht genommen. Auf dieses Schreiben antwortete der Kurfürst aus Tangermünde am 28. Juli 1623, dass, da kein Herrenmeister vorhanden, ihm als Patron des Ordens das Recht zukäme, Komture einzusetzen, dass er auf Melchior von Wurmbrand keine Rücksicht weiter nähme, und dass er weiteren Befehl in der Wiederbesetzung der Komturei Werben ergehen lassen wollte. Adam von Schlieben berief sich in einem Antwortschreiben unter dem 5. August desselben Jahres auf den zu Frankfurt, den 4. Februar 1622, aufgerichteten Rezess, ferner auf die Statuten, wonach, wenn nicht alle Komture „verschrieben“ werden könnten, die vier Komture zu Schievelbein, Wildenbruch, Lagow und Ließen neben dem Herrenmeister oder Sede vacante allein zu beschließen befugt sein sollten, endlich auf das Bestätigungsrecht des Ordens bei Besetzung einer Komturei und auf die Besetzung der Komturei Supplinburg und Nemerow durch den Senior und die Komture. Umsonst, er erhielt strikten Befehl, den vom Kurfürsten zum Komtur von Werben ausersehenen Oberschenk Henning von Flans auf Glienicke innerhalb drei Wochen im Beisein der zur Ballei Brandenburg gehörigen Komture zum Ritter zu schlagen, einzukleiden und dann in die Komturei Werben einzusetzen. Der Ordens-Sekretär Hieronymus Pindner zu Sonnenburg begab sich gegen den 8. Oktober 1623 nach Werben, um Henning von Flans einzuweisen.

7. In dem Bericht über die geschehene Einführung des Henning von Flans klagte der Ordens-Sekretär über die grobe Vernachlässigung der Gebäude; zwar hätte schon der verstorbene Komtur Holz zum Neubau herbeischaffen lassen, aber wegen seines plötzlichen Todes nicht mit dem Neubau begonnen; schon hätte der Komturei-Schreiber angefangen, von diesem Holz wieder zu verkaufen, was ihm aber untersagt wäre. Zweimal wurde dieser Komtur mit zur Wahl des Herrenmeisters gestellt, aber nicht gewählt. Schon fielen in die Zeit seiner Regierung die ersten Schrecken des dreißigjährigen Krieges. Bei seinem Tode 1630 glich die Komturei nur noch einem Trümmerhaufen.

Fußnoten

[84] Die Nachrichten über die Komture verdanken wir einem Auszuge, den der Superintendent Müller-Kalbe a. M. aus den Akten des Magdeburger Archivs angefertigt und uns gütigst zur Verfügung gestellt hat.
[85] Balthasar von der Marwitz, Komtur dieser Kirche, starb … durch fromme Gesinnung und adlige Abkunft ausgezeichnet“.
[86] S. Bagmihl „Pommersches Wappenbuch“, 1. Tafel 58.