Von den Ablässen.
Auch Ablässe waren hier reichlich zu haben. Der Komtur ließ an die Wallfahrer, welche die Kirche zu Werben besuchten, gewisse mit dem Lamm Gottes und dem Bildnisse Johannis des Täufers versehene heilige Zeichen verkaufen, welche nun die Wallfahrer am Hute oder an ihrer Kleidung befestigten und in ihrem Hause aufhängten. Der Kaufpreis wurde durch ein Geschenk erwartet, bei welchem der Freigebigkeit natürlich keine Grenze gesetzt war. Damit aber der Absatz dieser Zeichen desto größer würde, verhieß der Bischof Johann von Lebus im Jahre 1407 denen, welche ein solches Zeichen trügen oder im Hause hätten, einen vierzigtägigen Ablass. Ja, der geistliche Oberhirt erklärte zugleich ausdrücklich, dass Sünden, wie vergessene Buße, unerfüllte Gelübde und Beleidigungen von Eltern durch ihre Kinder durch den Erwerb solcher Zeichen gut gemacht werden könnten. Noch weiter trieben es zwei Kardinäle im Jahre 1414. Um zum Ankauf der Lamm-Gottes-Zeichen noch mehr zu ermuntern, verhießen sie die ungewöhnliche Zahl von hundert Ablasstagen. Eigentümlich unter den Ablassbriefen ist ein Ablass behufs des Gebetes bei der schon oben erwähnten Abendglocke. Der Komtur verschaffte sich nämlich im Jahre 1358 von vierzehn Bischöfen einen Ablassbrief, in welchem jeder der Bischöfe demjenigen vierzig Tage Sündenerlass verschrieb, welcher auf den Ruf der Abendglocke am Sonnabend sowie an Sonn- und Festtagen mit einem Gebet für die Seelen der Verstorbenen den Kirchhof umwandeln, oder irgendwo beim Klang der Glocke das Ave-Maria sprechen, die Glocke selbst läuten oder der Abendglocke irgend etwas an Silber, Gold oder stehenden Einnahmequellen zuwenden oder sonst etwas aus seinem Vermögen schenken würde.
An wunderthätigen Reliquien waren ein Marienbild, das Haupt Johannis des Täufers und ein Kruzifix vorhanden. Der Vikar des Bischofs von Halberstadt verlieh im Jahre 1344 denjenigen einen vierzigtägigen Ablass, welche am Sonnabend, dem der Mutter Gottes geheiligten Tage, vor dem Marienbilde beten, Messe hören, dem Bilde eine Gabe opfern oder für ihren Todesfall bestimmen würden. Doch noch mehr Verehrung scheint das Haupt des heiligen Täufers genossen zu haben, welches zu den Reliquien der Kirche ebenfalls gehörte. Schon im Jahre 1388 wird es erwähnt. Es wurde von dem Kirchenvorstand sorgfältig unter Verschluss gehalten, an gewissen Festtagen, namentlich bei der Feier der Kirchweihe und der „Vier Zeiten", zur Verehrung in der Kirche ausgestellt, von den Geistlichen in Prozessionen herumgetragen, also als Gegenstand besonderer Heiligkeit behandelt. Das heilige Kreuz, welches dem Nikolai-Altare gegenüber stand, stellte den Heiland am Kreuze hängend dar mit den Bildnissen der Maria und des Evangelisten Johannes unter demselben.
Die gewöhnlichsten Opfer bestanden in Pfennigen, in Lichtern und Wachskerzen, die man vor die Heiligenbilder stellte, nach beendetem Gottesdienst aber auslöschte und wegnahm. Um beide Arten der Opfer zu erleichtern, war in der Kirche nicht nur eine Lichtbank zum Verkauf von Lichtern und Kerzen, sondern auch eine Wechselbank aufgestellt. Die letztere wurde erst im Jahre 1498 durch den Kurfürsten auf die Klage des Rates aus der Kirche verbannt.