Die Folgen der Kirchenvisitation.

So lange die Visitatoren in der Stadt und ihrer Nähe weilten, ging alles gut. Als sie jedoch wieder in weitere Ferne gezogen waren, begann der Streit zwischen dem Rat und den abgesetzten Vikaren und zwischen dem Rat und dem Komtur Thomas Runge. Von den Vikaren hatte man nur Lorenz Rotideke in seinem Amt belassen; er trat dann auch zum evangelischen Glauben über, verehelichte sich und ließ sich unter dem 19. Mai 1546 ausdrücklich vom Kurfürsten versichern, dass seine Kinder gleich anderen ihre Eltern beerben könnten. Aber zwischen den anderen drei Vikaren und dem Rat entbrannte nun ein heftiger Streit. Da klagte zuerst Joachim Funcke dem Kurfürsten seine Not, dass er, der sechzigjährige Mann, vom Rat seiner Kommende beraubt, ganz arm geworden sei, dass seine Wohnung völlig verfallen sei und dass er sowie sein Eheweib von einem Werbener Bürger verhöhnt worden seien. Seiner Klage schlossen sich in besonderem Schreiben die beiden anderen abgesetzten Vikare Jacob Steder und Johann Bethke an und baten mit ihm, der Kurfürst möchte den Rat der Stadt vor sein Kammergericht zur Verantwortung laden. Der Rat verteidigte sich bei dem Kurfürsten zuerst gegen die Vorwürfe des Joachim Funcke, indem er darauf hinwies, dass der Priester seine schriftlich versprochenen Pflichten nicht erfüllt und darum die Absetzung durch die Visitatoren selbst verschuldet hätte, dass er auch die Schuld des Bürgers übertrieben dargestellt und viel Streit mit Bürgern angestiftet hätte. In einem gemeinsamen Schreiben fassten die drei Geistlichen noch einmal ihre Klagen zusammen; zu der bekannten Klage über ihre Absetzung fügten sie noch die über Hohn und Spott vonseiten des Rates und der Bürger, sowie die über widerrechtlich ihnen abgeforderte Bierziese hinzu. In dem Antwortschreiben warf der Rat den beiden Priestern Jacob Steder und Johann Bethke vor, dass sie gegen ihre Pflicht außer den hiesigen Ämtern noch Dorfpfarren angenommen, auch weder auf gütliche noch auf gerichtliche Aufforderung nach Werben zurückgekehrt und, anstatt sich dem kurfürstlichen Befehl gemäß zu verheiraten, in ihrem unzüchtigen Leben verharrt hätten; so bat denn der Rat um deswillen, der Kurfürst möchte es bei der von den Visitatoren getroffenen Entscheidung belassen. Der Kurfürst scheint denn auch die letztere Bitte des Rates erfüllt zu haben.

Ungleich wichtiger war die andere Differenz zwischen dem Rat und dem Komtur, als dem Vertreter des Johanniter-Ordens. Jener Vertrag vom Jahre 1542 wurde zwar vom Kurfürsten bestätigt, aber von dem Herrenmeister des Ordens anfänglich nicht anerkannt. Der Komtur Thomas Runge bestellte daher des Vergleichs ungeachtet noch einen Pfarrer und einen Kaplan. Der Streit wurde durch einen neuen Vertrag vor dem kurfürstlichen Konsistorium unter Zustimmung des Komturs am 8. April 1544 geschlichtet. Der Rat und die Kirchenvorsteher versprachen, dem Komtur 100 Thaler, den von ihm berufenen Geistlichen aber eine genügende Abfindungssumme zu geben, den Gang zum Pfarrbrunnen in bestimmter Breite offen zu halten, auch Weg und Straßen bei des Komturs Acker und bei der Komturei „unverengert“ zu lassen und endlich ihm zur Verschiffung von Getreide denselben Ort an der Elbe einzuräumen, von wo aus die Werbener Bürger ihr Getreide verschifften. Dagegen erkannte nunmehr der Komtur den Vergleich von 1542 für gültig an und leistete auf die Berufung der Geistlichen nochmals Verzicht. Die Stadt behielt daher ihren Pfarrer, den sie schon 5 Jahre hindurch im Dienst hatte, namens Augustin Brinkmann.